Red Planet – Roter Planet

Wenn Science-Fiction-Fans an Robert A. Heinlein denken, kommen ihnen vor allem seine Erwachsenenromane in den Sinn, etwa die durchaus kontroversen Werke „Starship Troopers“ oder „Fremder in einer fremden Welt“. Doch Heinlein schrieb auch zahlreiche höchst unterhaltsame Jugendromane. Einer davon ist nun beim Mantikore-Verlag in einer neuen Ausgabe erschienen: „Red Planet – Roter Planet“.

von Frank Stein

Der Roman, der ursprünglich vor mittlerweile beinahe siebzig (!) Jahren erschienen ist, erzählt von den beiden Jungs Jim und Frank, die gemeinsam mit ihren Familien zu den ersten menschlichen Siedlern unseres Nachbarplaneten Mars gehören. Für diese Pioniere, deren Ziel es ist, den Mars zu terraformen und so für größere Bevölkerungsgruppen bewohnbar zu machen, ist es normal, im Sommer an einem Ort namens Kolonie Süd unweit der uralten Marsstadt Charax zu leben, während im Polarwinter mit Sack und Pack in gemäßigtere Gefilde umgezogen wird.

Zu Beginn des Romans steht für die Jungs jedoch eine andere Reise an: Sie sollen beide auf die ferne Lowell-Akademie in Syrtis Minor gehen. Dort trifft just kurz nach ihnen ein neuer Direktor ein, der den Schülern mit seinem Regelwahn das Leben zur Hölle macht. Besonders Jim hat mit ihm Schwierigkeiten, weil er ein kleines Marsgeschöpf namens Willis als Haustier und Kameraden mitgebracht hat. Dieser ballförmige Kamerad ist nicht nur eine ständige Quelle des Comic Reliefs, er spielt auch eine zunehmend wichtige Rolle im Roman. So beginnt das Abenteuer beispielsweise erst richtig, als Direktor Howe Willis nach einem Streit mit Jim erst einmal einkassiert. Bei dem Versuch, den treuen Freund zu befreien, kommen Jim und Frank einer Intrige der die Besiedelung steuernden Mars Company auf die Schliche, die das Leben der Siedler in der Heimat der Jungs brandgefährlich machen könnte.

Man merkt dem Roman – trotz neuer Übersetzung – in seiner Sprache sein Alter an. Männer wie Jungs sind markige Kerle, zumindest wenn sie zu den Guten gehören. Ihr Tonfall ist irgendwie nüchtern und manchmal spröde, selbst wenn sie streiten oder Angst haben. Dazu kommen ein paar antiquiert wirkende Phrasen, etwa wenn vom „ollen Howe“ die Rede ist, wenn Jims Mutter „Papperlapapp“ ausruft oder wenn sich die Jungs in der Akademie mit Nachnamen ansprechen. Bemerkenswerterweise ist das nichts Schlechtes! Der Roman wirkt deswegen nicht altbacken. Es passt vielmehr zur rauen Frontier-Atmosphäre, die Heinlein auf dem Mars erzeugt und die einen einfachen, gradlinigen Menschenschlag bevorzugt.

Apropos Frontier-Atmosphäre: Es drängt sich einem als Leser nicht auf, aber wer genauer hinschaut, wird bemerken, wie gut durchdacht Heinleins Setting ist. Das beginnt bei der Bauform der Gebäude, zieht sich über die Fortbewegung durch vereiste Marskanäle und endet mit Kommunikationsschwierigkeiten, wenn die Satelliten im Orbit nicht in der richtigen Position sind (vom flächendeckenden Handynetz ist die Marskolonie noch weit entfernt – was vielleicht auch der Entstehungszeit des Romans geschuldet ist; heutzutage wäre der Orbit vermutlich voll von Satelliten, bevor sich jemand auf der Oberfläche häuslich einrichten würde). Nur warum alle Leute in ihren Häusern nackt herumlaufen, will sich mir nicht recht erschließen. Aber Nacktheit scheint für Heinlein ein bevorzugter Zustand im privaten Raum zu sein, zumindest in einer zukünftigen (idealen) Welt. (Auch in „2086 – Sturz in die Zukunft“ sind seine Protagonisten zuhause unbekleidet.)

Für Exotikfaktor innerhalb der Geschichte sorgt die Entscheidung des Autors, marsianisches Leben im Allgemeinen und Marsianer im Speziellen als gegeben zu betrachten. Zwar haben die Kolonisten nur wenig Kontakt zu dieser uralten Zivilisation und ein Verständnis ist erst recht nicht gegeben, aber durch die Jungs Jim und Frank, die mehr als einmal auf jene fremdartigen Geschöpfe treffen, bekommt man als Leser zumindest einen flüchtige Einblick in diese Kultur. Das ist vielleicht der frustrierendste Teil des Romans. Heinlein präsentiert uns zwar mehrfach das Wundersame der Marskultur, aber er gibt kaum Antworten auf die Fragen, die dabei entstehen. Er bleibt konsequent in der eingeschränkten Perspektive seiner jungen Protagonisten, die einfach vieles selbst nicht wissen oder verstehen. Diese absichtliche Informationslücke, die einem eben nicht erklärt, was es mit der Kultur und den besonderen Fähigkeiten der Fremden auf sich hat, muss man verdauen können.

Fazit: Mit „Red Planet – Roter Planet“ nimmt Robert A. Heinlein die Leser auf ein Abenteuer an der rauen Frontier des Mars mit. Seine Figuren mögen psychologisch nicht sehr ausgefeilt sein, sondern sich überwiegend als nüchterne, entschlossene Macher präsentieren, aber das stört wenig, sondern passt zum Umfeld. Weinerliche Denkernaturen werden nicht zu den ersten Siedlern auf einem anderen Planeten gehören. Das Setting wirkt auf beiläufige Weise sehr gut durchdacht, man muss allerdings damit leben, dass die wundersame Kultur der Marsianer nur von außen betrachtet wird und mit vielen Fragezeichen versehen bleibt. Ein kurzweiliger, unterhaltsamer Roman, wenn auch aufgrund seines Stils heutzutage eher für erwachsene Science-Fiction-Afficionados als für junge Leser interessant.

Red Planet – Roter Planet

Science-Fiction-Roman
Robert A. Heinlein
Mantikore-Verlag 2016
ISBN: 978-3-945493-73-1
316 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 13,95

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