Space Cadet

Robert A. Heinlein ist nicht nur für seine Aufsehen erregenden Science-Fiction-Romane für Erwachsene bekannt – etwa „Starship Troopers“ oder „Fremder in einer fremden Welt“ –, er hat im Laufe seiner Karriere auch zahlreiche futuristische Jugendromane geschrieben. Einer davon ist „Space Cadet“, ein Buch über junge Burschen, die zu Männern heranreifen, während sie sich zu Mitgliedern der berühmten Weltraumpatrouille ausbilden lassen.

von Bernd Perplies

„Space Cadet“ ist ursprünglich im Jahr 1948 erschienen und kam bereits 1952 als „Weltraum-Piloten“ (Gebrüder Weiß), 1983 als „Weltraumkadetten“ (Heyne) und 2000 als „Weltraum-Kadetten“ (Bastei-Lübbe) auf den deutschen Markt. Nun hat der Mantikore Verlag eine weitere Ausgabe publiziert, neu übersetzt und in Form eines sehr schick aussehenden Paperbacks (zu dessen Cover das Bildagentur-Raumschiff übrigens besser passt als zum Cover des zeitnah erschienen Niven-Klassikers „Ringwelt/Ringwelt-Ingenieure“ von Bastei-Lübbe – aber das nur am Rande).

Erzählt wird die Geschichte des jungen Matt Dodson aus Iowa, der unbedingt zur Elitetruppe der Weltraumpatrouille gehören will. Also schreibt er sich gemeinsam mit zahllosen anderen jungen Männern in die Akademie ein und lässt dort unzählige, körperlich und geistig fordernde Tests über sich ergehen, die alle dem Zweck dienen, die Spreu vom Weizen zu trennen. Gemeinsam mit sein texanischen Kumpel „Tex“ Jarman durchlebt er G-Experimente und einen Raketenflug, muss sich Stresstests stellen und Fragen von Psychologen beantworten. Und er hat Glück. Am Ende stuft man ihn als tauglich ein, ein echter Weltraumkadett zu werden.

Heinlein schildert Matts Werdegang in drei Phasen, zuerst als Anwärter, dann als Kadett, schließlich bei seiner ersten größeren Mission im Sonnensystem, die ihn sowohl auf die Suche nach einem verschollenen Schiff als auch zur Venus schickt. Es ist eine typische Coming-of-Age-Geschichte, die einen blauäugigen Träumer durch viel harte Arbeit – ständig heißt es lernen – zu einem Profi werden lässt. Dramatische Plot-Entwicklungen gibt es dabei allerdings wenig. Die Ausbildung und das Leben im All sind alles, was geboten werden. Das erste Mal Schwerelosigkeit, der erste Raumspaziergang, Navigieren im All – solche „technischen“ Details interessieren Heinlein besonders. Ich möchte nicht sagen, dass er hier einen fast dokumentarischen Stil pflegt, aber „Space Cadet“ ist gewiss kein reißerisches Abenteuer, sondern zieht seinen Reiz vielmehr aus der enorm durchdachten und realistisch wirkenden Umgebung der Protagonisten, was schon deshalb staunenswert ist, weil der Roman Jahre vor dem ersten bemannten Flug ins All entstanden ist.

Natürlich sind die Jahrzahnte nicht spurlos an dem Roman vorübergegangen. Obwohl die Übersetzung neu ist, merkt man den Figuren im Umgang die Vergangenheit an. Junge Männer, die eifrig dem Vorbild älterer Männer folgen, die jede harte Prüfung als Ansporn nehmen und überhaupt eine geschlossene Gemeinschaft moralisch überlegener Kameraden bilden – da steckt ein optimistischer Militarismus drin, den man aus heutigen Romanen kaum noch kennt. Interessant ist immerhin, dass die Führung der Raumpatrouille eigenständiges Denken fordert, dass moralische Diskussionen Teil der Ausbildung sind und dass die Ausbilder eine Mischung aus Kommandohärte und väterlichem Verständnis an den Tag legen. Man fühlte sich hier ein wenig an die Sternenflotte aus dem fast 20 Jahre später entstandenen „Star Trek“ erinnert, nur ohne Frauen und mit einem etwas deutlicheren Schutz- als Forschungsauftrag. (Es wäre interessant zu wissen, ob „Star Trek“-Schöpfer Gene Roddenberry den Roman kannte, als er seine TV-Serie entwarf. Auch James T. Kirk, sein Protagonist, stammt aus Iowa.)

Es gibt auch Aliens in dem Roman, namentlich die am Ende auftretenden Venusianer – das Werk stammt aus einer Zeit, als beileibe nicht feststand, dass unsere Nachbarplaneten unbewohnt sind. Diese werden, obwohl letzten Endes froschähnliche Geschöpfe, die in einem Sumpf leben, angenehm differenziert gezeichnet und keineswegs als schlichte, den Menschen unterlegende Primitive dargestellt. Leider bekommt der Leser nur einen recht spärlichen Einblick in ihre Kultur, wie überhaupt das Bild des Sol-Systems außerhalb der Flotte fragmentarisch bleibt. Der Fokus liegt sehr auf der Akademie und der Raumstation und dem Raumschiff, die als Stationen für Matts Laufbahn dienen.

Fazit: „Space Cadet“ ist ein etwas in die Jahre gekommener „Bildungsroman“, der die Ausbildungszeit des jungen Matt Dodson bei der Weltraumpatrouille beschreibt. Dabei interessiert sich Heinlein vor allem für die „technischen“ Aspekte des Lebens im All; Action oder zwischenmenschliches Drama bleiben bei dem fast dokumentarisch erzählten Roman weitgehend außen vor. Wer spannende Space Operas mag, ist hier fehl am Platze. Freunde der Hard-Science-Fiction, die Genuss aus der möglichst realistischen Beschreibung einer menschlichen Zukunft im All ziehen und kein Problem mit soldatischen Männergemeinschaften haben, werden sich dagegen gut unterhalten fühlen.


Space Cadet
Science-Fiction-Roman
Robert A. Heinlein
Mantikore Verlag 2016
ISBN: 978-3945493595
320 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 13,95

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