Last Friday

Es ist der Sommer 1980. Fünf Freunde wurden von den Betreibern eines tief im Wald gelegenen Camps angeworben, um dieses wieder aufzubauen. Dieser Ort war in der Vergangenheit zwar Schauplatz verschiedener Unglücksserien, aber was soll dort schon passieren. Die ahnungslosen Camper werden ein Wochenende des Grauens erleben, wenn sie bemerken, dass diesem Ort etwas Dunkles und Feindseliges innewohnt. Wird es ihnen gelingen, das schreckliche Wochenende zu überleben oder werden sie von dem Wahnsinnigen, der sich im Schatten des Waldes versteckt, gnadenlos massakriert?

von Oliver Adam

In den 1980ern erfüllten Horrorfilme wie „Freitag der 13.“ oder „Tanz der Teufel“ unsere schlaflosen Nächte und ließen uns bibbernd unter der He-Man-Bettdecke Schutz suchen. Das Brettspiel „Last Friday“ ist eine Hommage an die Filme dieser Zeit und greift die Camp-Slasher-Thematik in einem deduktiven Horrorspiel für 2 bis 6 Spieler auf. Dabei übernimmt ein Spieler die Rolle des axtschwingenden Wahnsinnigen, während die restlichen Spieler ahnungslose Camper verkörpern.

Bevor wir uns allerdings in das verfluchte Sommercamp begeben, wollen wir einen Blick auf das Spielmaterial werfen. Als Spielbrett dient ein großformatiger und schön gestalteter Spielplan, der die Atmosphäre eines verlassenen Sommercamps sehr gut einfängt und mit zahlreichen Punkten und Zahlenfeldern für mögliche Laufpfade der beiden Parteien übersät ist. Fünf Holzhütten-Tafeln stellen die für den Wahnsinnigen und die Camper betretbaren Hütten dar und können mit der beleuchteten Vorderseite oder der düsteren Rückseite auf den Spielplan gelegt werden. 15 verschiedene Camper-Karten zeigen die verschiedenen wählbaren Protagonisten, die alle recht naiv und sorglos gehalten sind. Für den Wahnsinnigen liegt ein faltbarer Sichtschirm mit Einschubmöglichkeit für ein Blatt Papier bei, auf dem seine verborgenen Züge festgehalten werden können. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Marker, die beispielsweise als Hinweise, Fallen oder Leichen ins Spiel kommen. Das Regelheft ist sehr präzise und klar, lediglich bei den Sonderregeln für die einzelnen Marker mussten die Testgruppen regelmäßig nachschlagen. Da hätte eine Übersichtskarte mit den wichtigsten Markern und deren Sonderregeln geholfen. Das gesamte Spielmaterial ist sehr liebevoll und detailliert gestaltet und fügt sich schön in die Sommercamp-Slasher-Thematik ein.

Der Aufbau einer Runde geht sehr schnell, sodass man bereits nach wenigen Minuten loslegen kann. Das Spielbrett wird auf den Tisch gelegt und die Spieler der Camper wählen ihre Charaktere, während ein Spieler in die Rolle des Wahnsinnigen schlüpft. Der Wahnsinnige nimmt sich einen Stift und schiebt ein Blatt Papier in die Lasche des Sichtschirms.

Im Verlauf des Spiel bewegen sich die Camper für alle sichtbar auf dem Spielplan von Punkt zu Punkt entlang der Linien, maximal zwei Bewegungspunkte weit. Der Wahnsinnige hüpft entlang der Linien von Zahl zu Zahl immer nur ein Feld weit. Seine Züge bleiben geheim und werden auf einem Blatt hinter dem Sichtschirm festgehalten. In speziellen Situationen muss der Wahnsinnige dennoch seine Position zu erkennen geben. Zieht der Wahnsinnige über eine Camperfigur hinweg, tötet er den Camper (zumindest in Kapitel 1). Außerdem gibt es Geheimgänge, die der Wahnsinnige nutzen kann, und verschiedene Gegenstände wie Laternen, Leichenmarker und dergleichen, durch die die Zugoptionen variiert werden.

„Last Friday“ ist in vier Kapitel aufgebaut, die aufeinander aufbauen und unterschiedliche Siegbedingungen vorweisen. Im Idealfall werden die Kapitel direkt nacheinander gespielt, wobei das jeweilige Folgekapitel von den Resultaten des Vorkapitels beeinflusst wird. Das „Kapitel 1“ begrüßt die Spieler im Camp. Sie müssen die Schlüssel der Holzhütten finden und sich in diesen verbarrikadieren, bevor sie der Wahnsinnige ins Jenseits befördert. In „Kapitel 2“ wird der Jäger zum Gejagten, da hier die Camper bei Tageslicht eine Hetzjagd auf den Wahnsinnigen veranstalten und diesen zur Strecke bringen möchten. Auch wenn ihnen dies gelingen sollte, erscheint der Wahnsinnige in „Kapitel 3“ wieder auf der Bildfläche und trachtet nach dem Leben eines Auserkorenen, der unbedingt von seinen Mitspielern geschützt werden muss. Das Finale findet dann in „Kapitel 4“ statt, wenn der Auserkorene mit Unterstützung der anderen Camper danach trachtet, den Wahnsinnigen in die Enge zu treiben und ein für alle Mal zu vernichten.

„Last Friday“ verbindet verdeckte Charakterbewegung, die bereits aus „Mister X“ oder „Akte Whitechapel“ bekannt ist, mit einer düsteren Camp-Slasher-Thematik. Das Spiel ist zwar für 2 bis 6 Spieler ausgelegt, am meisten Spaß macht das deduktive Horrorspiel jedoch mit mindestens 4 Spielern. Dabei sollten alle Mitspieler Gefallen an der Konstellation alle gegen einen finden. Der Spannungsbogen der vier Kapitel orientiert sich zwar an klassischen Horrorfilmen, am Ende entwickelt sich die Jagd jedoch zu einem wilden Hin- und Hergelaufe: Zu Beginn eilen alle zu den Hütten, in der zweiten Runde verfolgen sie den Bösen, im dritten Kapitel fliehen die Camper, um wiederum im Finale eine eigene wilde Verfolgungsjagd zu starten. Dies führte bei den Testgruppen zum Eindruck eines repetitiven Spielgefühls, das in Anbetracht der Spielzeit von rund drei Stunden (über alle vier Kapitel) zu wenig Abwechslung bietet.

Fazit: „Last Friday“ ist ein deduktives Horror-Spiel, bei dem ein Spieler einen axtschwingenden Wahnsinnigen übernimmt und die restlichen Spieler ahnungslose Camper verkörpern. Die sehr ansprechenden Spielmaterialien fügen sich nahtlos in die packende Thematik ein, und die verdeckte Charakterbewegung des Wahnsinnigen sorgt für Spannung und Schockmomente. Allerdings hindert die lange Spielzeit von drei Stunden über vier Kapitel und ein repetitives Spielgefühl den Aufbau einer konsistenten Spannungsdramaturgie.


Last Friday
Brettspiel für 2 bis 6 Spieler
Antonio Ferrara Sebastiano Fiorillo
Asmodee/Heidelberger Spieleverlag 2016
EAN: 4015566033801
Preis: EUR 39,95

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