Krosmaster Quest

In den Weiten eines eiförmigen Universums gibt es einen vor Leben strotzenden Planeten, die Welt der Zwölf. Von dort werden die Krosmaster entführt, um zur Belustigung der garstigen Zeitdämonen in grausamen Spielen gegen Mobs und gegeneinander anzutreten. Auf der Jagd nach Kama-Münzen und Gewinn-Groschen schlüpfen die Spieler in die Rollen der Krosmaster oder des Dämons. Wir haben uns vorgenommen, in die Spielwelt von „Krosmaster Quest“ einzutauchen.

von Michael Wilhelm

„Krosmaster Quest“ versteht sich in der spätestens seit „Descent“ höchst populären Tradition der Dungeon-Crawler-Brettspiele. Dabei ist es im selben Universum angesiedelt wie das rein kompetitive, sich ebenfalls der Manga-Optik bedienende Brettspiel „Krosmaster Arena“. Obendrein sind die Hauptfiguren aus beiden Spielen, die namensgebenden Krosmaster, auch vollständig kompatibel in beiden Spielen verwendbar.„Krosmaster Quest“ ist kein Spiel zum schnellen Losspielen. Gerade für die erste Runde sollte man sich ausreichend Zeit für Aufbau und Vorbereitung nehmen. Die großformatige und prallgefüllte Box enthält über 700 Karten, Figuren, Pappmarker, Plättchen und Deko-Elemente, die vor dem ersten Spiel teilweise auch erst noch zusammengebaut werden wollen. Bis die ganzen Pappmarker aus den Platten gedrückt, sortiert und zusammengebastelt sind, geht schon mal die erste Stunde ins Land.Ein großes Lob muss man für die drei in der Schachtel mitgelieferten Aufbewahrungsboxen aussprechen, die eine einwandfreie Sortierung der zahlreichen, teils kaum 1 cm großen Pappmarker, Plättchen und Karten ermöglichen. So kann nicht nur tadellos Ordnung gehalten werden, sondern auch während des Spiels ist der bequeme Zugriff auf jedes benötigte Teilchen möglich.Die 32-seitige farbige Anleitung ist für den Einstieg nur bedingt geeignet, da die Regeln nicht in sinnvoller Reihenfolge gelistet sind. Dafür gibt es zum Einstieg ein ebenfalls 32-seitiges halbformatiges Szenariobuch. Darin finden sich zunächst sieben Einstiegsszenarien, die Schritt für Schritt in die Spielmechanismen und den Rundenablauf einführen. Diese Tutorials sind zwar sehr kurz und eher eindimensional gehalten, führen aber zu einem sinnvollen und strukturierten Einstieg ins Hauptspiel, das sich dann im zweiten Teil des Szenariobuchs mit einem guten Dutzend echter Szenarien auch Wiederspielwert sichert.Drei verschiedene Spielvarianten gibt es bei „Krosmaster Quest“: im Einzelspieler-Modus kämpft jeder Spieler für sich, das Amt des sogenannten Dämons, der die Gegner kontrolliert, wandert reihum von einem Spieler zum nächsten, wodurch eine ausgewogene Spielweise des Dämons gewährleistet wird. Im Koop-Modus gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder spielt ein weiterer Spieler nur den Dämon, sozusagen als Spielleiter oder Gegner der restlichen Spieler. Oder das Amt des Dämons wird wie im Einzelspieler-Modus von allen Spielern abwechselnd übernommen. Hat man sich auf eine Variante geeinigt, wählt sich jeder Spieler einen der fünf Krosmaster aus der Box (oder nimmt eine der kompatiblen Figuren aus „Krosmaster Arena“). Die farbig bemalten Kunststoff-Figuren der Krosmaster sind dabei das optische und haptische Highlight der Box. Zu jeder Figur gehört noch eine Karte mit Attributen, Zaubern und Kräften. Diese legt man in das zugehörige Fach der Spielertafel. Auf der Spielertafel ist Platz für das Inventar (2 Waffen, 4 Rüstungsteile: Helm, Umhang, Harnisch, Stiefel, 2 Teile magischer Schnickschnack), die Geldbörse (mit 5 Kama-Münzen Startguthaben) und die Erfahrungsleiste (mit 3 Gewinngroschen zu Beginn). Die Spielwelt wird aus 2 Spielbrettern für die Stadt und je Spieler einem Wildnisfeld aufgebaut. Auf die Spielbretter wird allerlei funktionale Deko platziert: Verkaufsstände, Werkstätten, der Phönix (zur Wiederbelebung nach Ableben in Wildnis oder Dungeon), Dungeon-Eingänge, Erzadern und Bäume zum Abbau von Erz und Holz, sowie im wesentlichen dekorative Elemente wie Brunnen, Nester und Heuballen. Für jeden Spieler wird noch ein Mob genannter Gegner-Chip in der Wildnis platziert.In der Box gibt es zwei Mob-Familien: die Fresssäcke und die Tofus. Die Tofus werden angeführt vom Königlichen Tofu und sollen wohl eine Art Vogel-Monster darstellen, immerhin haben die Viecher Schnäbel und Federn und legen Eier. Die Fresssäcke, deren Oberhaupt der Königliche Fresssack ist, geben Wolle, tragen Hörner und hinterlassen überall auf dem Spielfeld Kothäufchen. Die Mobs gibt es in drei Stärkegraden: Standard (die in der Wildnis zu finden sind), Dungeon-Mobs (eine etwas stärkere Form der Standard-Mobs, die im Dungeon lebt) und Spezial-Mobs (deutlich stärker und mit besonderen Kräften ausgestattet, kommen durch Ereignis-Karten ins Spiel). Hat man sich auf eine Mob-Familie geeinigt, kann es auch schon losgehen.

Der Spieler, dessen Krosmaster die höchste Initiative hat, beginnt. Am Anfang jeder Runde wird gewählt zwischen Abenteuer-Modus und Kampf-Modus. Im Abenteuer-Modus, der vor allem in der Stadt (beim Handeln und Handwerken) und gelegentlich in der Wildnis genutzt wird, wird automatisch jede Runde eine Wunde geheilt und die Bewegungsweite ist um 3 erhöht. Kämpfen und Zauber nutzen kann man nur im Kampfmodus, den man also vor allem in Nähe der Monster in der Wildnis und im Dungeon sogar immer nutzen muss.

Das Spiel ist gewonnen, sobald ein Spieler die Gewinngroschen-Leiste komplett mit 13 GG gefüllt hat. Diese GG bekommt man durch das Erfüllen von Quests, das Töten von Boss-Mobs und durch Sammeln und Abgeben von Geld (Kama-Münzen). Im Koop-Modus gewinnen alle Spieler (gegen den Dämon-Spieler) sobald ein Spieler die GG-Leiste voll hat, im Einzelspieler-Modus natürlich nur der erste.

Wer an der Reihe ist, kann mit Zaubern kämpfen, sich bewegen, Holz oder Erz ernten, Tofu-Eier oder Fresssack-Häufchen sammeln und in der Stadt mit den gesammelten Ressourcen dann handeln oder Ausrüstung zusammenbasteln. Die Kämpfe laufen unkompliziert und simpel ab. Zu einem Angriffs-Wurf mit normalerweise einem Würfel zählt man den Schadenswert des Zaubers dazu, sowie eventuelle Boni durch Gegenstände oder Kräfte, zieht das Ergebnis des Verteidigungswurfes und eventuelle Rüstungsboni ab, und das Ziel erhält in Höhe des Schadens tropfenförmige Schadensmarker. Wer Schadensmarker in Höhe der Lebenspunkte hat, geht K.O. Ein Krosmaster wird, mit dem Abzug eines GG bestraft, neben einem Phönix in der Stadt wiederbelebt, ein Mob ist erledigt und wird für Ressourcen (Schnäbel, Wolle, Federn, Hörner) und Kama-Münzen geplündert. Nettes Trostpflaster: Wer zumindest Schaden gemacht, aber nicht den tödlichen Schlag verpasst hat, bekommt eine Ressource und eine Münze als Trostpreis.

Wenn alle Spieler an der Reihe waren, kommt am Schluss der Dämon zum Zug, zieht eine Ereigniskarte (ab 3 Spielern auch mehr) und aktiviert dann die Mobs, die dann angreifen und sich bewegen. Als Ereignisse gibt es Spawns für Mobs, Auffrischen von Ressourcen oder zusätzliche Questen. Die Mobs werden nur alle 2 Runden aktiviert, sodass immer auch Zeit zum Verschnaufen (oder einen Rückzug in die Stadt, wohin die Mobs nicht folgen können) bleibt. Wesentlich gefährlicher geht es im Dungeon zu. Nicht nur, dass dort schlechtere Möglichkeiten für Heilung und Erholung sind, die Gegner sind auch stärker als an der Oberfläche.

Auch wenn die etwas kindische Optik des Spielmaterials und die Namensgebung von Gegnern und Schätzen es suggerieren, ist „Krosmaster Quest“ dennoch kein echtes Kinderspiel. Dafür ist das Regelwerk etwas zu komplex und auch die Spieldauer und der Spannungsbogen dürften bei jüngeren Kindern schnell zu Langeweile und Überforderung führen. Auf der Schachtel ist ein Alter ab 12 Jahren empfohlen. Bei Brettspiel-erprobten Kindern ab 10 Jahren sollte es aber keine Probleme geben, zumindest wenn man sich erfolgreich durch die banalen Tutorials gearbeitet und es danach richtig losgehen kann. Am meisten Spaß macht das Spiel meiner Meinung nach mit 3 oder 4 Spielern, aber auch ein kooperatives Spiel zu zweit ist ein spannender Zeitvertreib.

Uns jedenfalls hat es viel Spaß gemacht, in die anfangs irritierende Welt der Krosmaster einzutauchen und Tofu-Teddys, pummelige Tofus, schwarze Tofus, Fressack-Babys und andere abstruse Kreaturen zu bekämpfen, um dann mit ihren Hörnern, Schnäbeln und Federn Rüstungen und Schwerter zu basteln und von neuem loszuziehen, um die nächsten Vertreter ihrer Sippen zu erlegen.

Fazit: „Krosmaster Quest“ ist ein farbenfroher und unterhaltsamer Dungeon Crawler, der sich selbst nicht zu ernst nimmt und vielleicht gerade deshalb eine Menge Spaß macht. Dank des hochwertigen und zahlreichen Spielmaterials hat es einen hohen Wiederspielwert und ist gleichermaßen für Kinder wie Erwachsene geeignet.


Krosmaster Quest
Brettspiel für 2-6 Spieler ab 12 Jahren
Jérôme Peschard, Murat Celebi u.a.
Pegasus Spiele 2015
EAN: 4250231706066
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 59,00

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