Super Fantasy Brawl

It’s Clobberin’ Time! Dass es durchaus Laune macht, sich gegenseitig die Hucke vollzuhauen, hat nicht nur Ben Grimm alias „das Ding“ bei den Marvel-Comics-Helden Fantastic Four erkannt. Auch die Magier im Lande Fabulosa kennen keinen schöneren Zeitvertreib als Arena-Kämpfe mit den stärksten Helden ihrer eigenen Historie. Wer hat wohl die durchschlagendsten Argumente? Das gilt es im jährlichen „Super Brawl“ zu klären. Umgesetzt als Brettspiel „Super Fantasy Brawl“. Wir haben die Samthandschuhe ausgezogen und sind in den Kampf gezogen.

von Frank Stein

„Super Fantasy Brawl“ ist ein Arena-Kampfspiel, das 1-gegen-1 oder 2-gegen-2 gespielt werden kann. Bei einer 2-Spieler-Partie wählt jeder Kontrahent drei Champions aus, die für den eigenen Ruhm streiten. Bei einer 4-Spieler-Partie bekommt jeder nur zwei. Dabei sei gleich angemerkt, dass diese Grundbox nur sechs Champions enthält (anders als die ursprüngliche Kickstarter-Edition, in der zwölf zu finden waren). Das heißt man kann mit der Grundbox nur 1-gegen-1 spielen, was etwas bedauerlich ist. So muss man gleich zu einer 3-Figuren-Erweiterung greifen, wenn man im Team gegeneinander antreten will. Aktuell sind auf Deutsch drei davon erhältlich, die mit je etwa 25 Euro zu Buche schlagen. Zwei der drei „Die Kunst des Krieges“ und „Blut im Sand“ waren Teil der Kickstarter-Big-Box, die dritte „Naturgewalten“ war auch im KS ein Add-on. Exklusive Figuren gab es damals nicht, was erfreulich ist.

Aber zurück zur Grundbox an sich. Die haben wir entsprechend nur im 1-gegen-1-Modus getestet, der mit den sechs beiliegenden Figuren passgenau funktioniert. Viel Abwechslung in der Arena hat man freilich nicht. Aber für ein paar kurzweilige Partien reicht es auf jeden Fall. Und wer danach Lust auf mehr verspürt, dem kann geholfen werden (siehe oben). Apropos Figuren: Die sind natürlich das Highlight der Box. Robustes Plastik, schön detailliert und bemerkenswert groß (45 mm Base und zwischen 45 und 75 mm hoch). Da hat man was in der Hand, das man auf dem Tisch herumschieben kann. Und Miniaturenbemaler können sich austoben. Das übrige Spielmaterial kommt, entgegen der grauen Minis, sehr bunt daher. Das zeigt sich im stabilen, großformatigen Arena-Spielplan ebenso wie in den actionreichen Champion- und Aktionskarten und den mehrfarbigen Spielplättchen. Manch einem könnte das zu bunt sein, und ich gestehe, dass mich die Comic-Optik auch nicht ganz abholt, aber ich erkenne und akzeptiere den Gedanken dahinter. Hier soll eindeutig cartoonhafte Party-Stimmung verbreitet werden, kein ernstes oder gar brutales Blut-und-Sand-Pathos.



(In diesem Sinne können Champions übrigens auch nicht sterben. Wenn sie umfallen, taucht sofort ein Magier auf und heilt sie, um sie dann wieder in die Arena zu schicken. Sieger wird man nach Punkten, nicht nach abgeschlagenen Köpfen.)

Und damit wären wir schon bei den sehr eingängigen Spielregeln. „Super Fantasy Brawl“ kommt von den Mechanismen her erfreulich leichtgewichtig einher, denn wie so viele kompetitive Spiele kann es seine Spannung und die Herausforderung aus dem Können der Kontrahenten ziehen. Schon der Spielaufbau geht flott vonstatten. Arena hinlegen, ein paar Fallen darin platzieren, abwechselnd je drei Champions wählen, Herausforderungskarten mischen und erste Karte platzieren, Aktionskartenstapel der Champions mischen und 5 Karten auf die Hand und zuletzt die Champions in einer der zwei Aufstellungszonen an den Start bringen. Das war’s. Das dauert keine fünf Minuten, es sei denn, man kann sich beim Draften der Champions einfach nicht entscheiden. Wobei wir schon das Gefühl hatten, dass drei Figuren etwas stärker und effektiver sind als die anderen, das heißt, man wählt dann doch recht schnell, weil man natürlich zuerst die starken Champions nimmt und danach, was so übrig bleibt.

Jeder Champion verfügt einerseits über eine individuelle Championkarte, die seinen Verteidigungswert (0-2) und seine Trefferpunkte (6-9) angibt und auf der Rückseite eine etwas stärkere Version samt Fähigkeit aufweist. Diese Rückseite darf man aufdecken, sobald man den ersten Gegner bezwungen hat (man steigt sozusagen auf). Andererseits verfügt jeder Champion über ein eigenes Aktionskartendeck aus sechs Karten. Spielt man also mit drei Champions, werden die drei Decks gemischt und man hat einen Zugstapel von 18 Karten, wobei jeweils drei mal fünf Karten individuell von nur einem Champion (für Angriffe) nutzbar sind, während die drei übrigen Karten Reaktionskarten sind, die jeder Champion in Reaktion auf einen Angriff nutzen kann.



Gespielt wird in Runden, die aus je drei Schritten bestehen: Zug des ersten Spielers, Zug des zweiten Spielers und der Anpassung der Herausforderungsleiste. Die Reihenfolge der Spieler ändert sich übrigens nicht. Wer am Zug ist, prüft in der Punktephase zuerst, ob er die Voraussetzungen erfüllt, um eine der offen ausliegenden Herausforderungskarten (jede Runde wird eine aufgedeckt) auszulösen. Voraussetzungen könnten zum Beispiel sein, ein gewisses Arena-Areal zu kontrollieren oder drei Champions neben den drei Statuen im Arenazentrum stehen zu haben. (In der KS-Box gab es diese Statuen auch als eindrucksvolle Miniaturen. Hier muss man mit verschiedenfarbigen Hexfeldern Vorlieb nehmen, zumal die Statuen-Erweiterung – ein rein kosmetisches Extra – aktuell nicht in Deutschland erhältlich zu sein scheint.) Kann man eine Herausforderung erfüllen, erhält man ein bis zwei Siegpunkt und die Karte wird abgelegt.

In der Aktivierungsphase darf man dann Aktionen durchführen. Dazu wählt man eine Handkarte aus und legt sie zu dem passenden Champion, der dann die dort aufgeführte Aktion durchführt. In der Regel handelt es sich um einen Angriff, es kann aber auch eine Fähigkeit sein. Kombiniert ist das meist mit Bewegungspunkten. So erlaubt eine Angriffskarte der Magierin Gwaien („Kettenblitz“) etwa, zwei Felder weit mit ihr zu laufen und dann einen direkten (in gerade Linie) durchgeführten Angriff gegen ein Feld in Entfernung 2 und 3 durchzuführen. Die Angriffsstärke beträgt 3 und falls man damit den Verteidigungswert des Gegners überboten hat, werden Wunden in Höhe der Differenz zugefügt. Außerdem erhält ein weiterer Champion in 2 Feldern Abstand zum Ziel 2 Wunden. Ist ja ein Kettenblitz.



Man darf grundsätzlich so viele Handkarten ausspielen, wie man mag. Man muss sie nur bezahlen können. Und die Währung besteht aus nur drei Magie-Essenz-Plättchen in den Farben blau, rot und gelb. Dass die Essenz farblich zum Aktionskarte passen muss, versteht sich von selbst. Wer nun keine passende Aktionskarte gezogen hat, darf immerhin eine auf dem Spielertableau abgebildete Standardaktion ausführen. Die lautet für gelb beispielsweise „Bewege dich 1 Feld und heile 1 Wunde“. Nachdem man alle gewünschten Aktionen abgehandelt hat, kommt der Rest der Karten in der Versorgungsphase in die Ablage und man zieht fünf neue Karten. Außerdem darf man seine Essenzen auffrischen, sodass man immer frisch und ausgeruht ist, wenn der Gegner angreift. Wurde ein Champion auf 0 Trefferpunkte reduziert, wird er in den eigenen Startbereich der Arena gestellt und kann nächste Runde wieder in den Kampf eintreten. Der Angreifer erhält derweil einen Siegpunkt und darf, falls noch nicht geschehen, seine Championkarte auf die starke Seite drehen.

Für etwas Salz in der Suppe sorgen zuletzt die Fallen, die Schaden zufügen, einen Champion betäuben oder ihn verwurzeln können. Interessant wird das Spiel zudem durch diverse Schlüsselwörter, wie Furcht, Heranziehen, Lebensraub oder Wegstoßen, die für nette respektive nervige Effekte sorgen (je nach Perspektive).



So kämpft man sich Runde um Runde durch die Arena, versucht einerseits, Gegner auszuschalten, aber sollte auch andererseits auf die Herausforderungen achten, denn wer die erfüllt, kann wertvolle Siegpunkte erringen. Wer zuerst fünf Punkte gesammelt hat, gewinnt sofort die Partie.

„Super Fantasy Brawl“ ist wirklich schnell verstanden und schnell gespielt, aber trotzdem hat es genug Tiefe und taktische Möglichkeiten, um auch Kennerspieler zu erfreuen. Klar, durch das Kartenziehen pro Runde ist immer etwas Glück mit im Spiel, aber man kann schon einiges an Vorgehen planen, etwa um eine bestimmte Herausforderungskarte zu gewinnen, und weil zudem nicht wenige Karten andauernde Effekte haben, lassen sich auch vielerlei nette Kombos nutzen. Richtigen Schrott hat man selten auf der Hand.

Das System hat nicht nur ein Turnier als Setting, es ist auf spürbar darauf angelegt, in einem Turnierformat gespielt zu werden. So wird erklärt, dass man in einem kompetitiven Draft-Format mit fünf eigenen Champions zum Spiele-Event geht, dann wird einem ein Champion vom Gegner neutralisiert und aus den übrigen vier baut man sich sein Kampf-Trio zusammen. Natürlich steht und fällt eine lebendige Szene mit einer Auswahl an Champions und die ist, zumindest auf Deutsch, derzeit auf 15 Figuren beschränkt. Das ist kaum mehr als ein Einstieg. In einem zweiten Kickstarter kamen bereits neun weitere Champions dazu. Damit kann man im kleineren Rahmen definitiv schon etwas anfangen, doch richtig in der Szene gezündet hat das Spiel nicht, soweit ich das sehen konnte. So bleibt der Spaß eben auf den Freundeskreis beschränkt, und das ist auch okay. Und Spaß macht „Super Fantasy Brawl“ definitiv.



Fazit: „Super Fantasy Brawl“ ist ein Arena-Klopper mit zwei bis vier kleinen Teams, die um Siegpunkt kämpfen. Die Regeln sind leicht zu erlernen, wie schwer der Sieg fällt, hängt vom Talent des/der Gegenspieler(s) ab. Die Grundbox enthält leider nur gerade genug Miniaturen für 1-gegen-1-Partien. Wer Team gegen Team antreten will, muss eine der drei aktuell erhältlichen Erweiterungen kaufen. Ein kurzweiliges Duell-Spiel, das sich Dank überschaubarer Dauer von etwa einer Stunde wirklich gut im Rahmen eines Genre-Brettspielabends macht. Wer allerdings Blut geleckt hat, der wird schnell weitere Champions haben wollen.

Super Fantasy Brawl
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 14 Jahren
Jochen Eisenhuth, Artyom Nichipurov u. a.
Mythic Games / Grimspire 2022
EAN: 7108443352380
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 44,99

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