The Legend of Drizzt

Es existieren wenig Figuren der Rollenspielgeschichte, die so berühmt sind, wie Drizzt Do’Urden, der Schwerter schwingende Drow aus den „Forgotten Realms“, der es durch die Feder von R. A. Salvatore zu Weltruhm gebracht hat. Mit „The Legend of Drizzt“ ist ihm nun ein eigenes Brettspiel gewidmet worden, das auf dem gleichen Spielmechanismus basiert, wie die beiden anderen „Dungeons & Dragons“-Spiele „Castle Ravenloft“ und „Wrath of Ashardalon“. Also reisen wir mit Drizzt und seinen legendären Freunden Catti-Brie, Wulfgar und Bruenor ins Underdark.

von Bernd Perplies

Genau wie seine zwei Vorgänger kommt „The Legend of Drizzt“ in einer gewichtigen Box daher, die randvoll mit Material gefüllt ist. Aus insgesamt 58 größeren und kleineren Dungeon Tiles, die man wie Puzzlestücke zusammenstecken kann, wird der Spielplan gebaut. 12 namhafte Helden- beziehungsweise Schurken-Charaktere bringen Leben in die lichtlosen Tiefen des Underdark, zusammen mit zahlreichen Monstern, die die normale Einwohnerschaft bilden. Die 40 Plastikminiaturen, die den Gussformen der alten „D&D Miniatures“ entsprungen zu sein scheinen, unterteilen sich in blaue Helden, graue Schurken, grüne Goblinoide, hellblau-transparente Geisterartige, violette Anhänger der Spinnengöttin Lolth und den blutroten Oberboss, der frappierend an den Balrog aus „Der Herr der Ringe“ erinnert. Ergänzt wird das Ganze durch 200 Spielkarten, 168 Spielmarken, einen 20-seitigen Würfel, ein Regel- und ein Abenteuerbuch.

Vor Spielbeginn wird eines der 13 Szenarien ausgewählt, die im Adventure Book enthalten sind. Hier findet man beispielsweise ein Solo-Abenteuer, eine kooperative Minikampagne rund um die Rückeroberung von Mithril Hall oder kompetitive Überlebenskämpfe. Jedes Szenario gibt vor, welche speziellen Dungeon Tiles verwendet werden, welche Helden zulässig sind und was im Laufe der Partie noch geschieht, wenn etwa ein spezielles Kartenteil erreicht wird. Die Helden – also Drizzt und die aus den Romanen bekannten Nebenfiguren – spielen sich erfreulich unterschiedlich, wobei jeder seine Stärken und Schwächen hat. Man hat daher als Spieler anfangs wirklich die Qual der Wahl, ob man lieber den gefährlichen Nahkämpfer Drizzt mimen möchte oder die starke Bogenschützin Catti-Brie oder vielleicht den Schurken Regis, der seine Kräfte nutzt, um Monster abzulenken, sodass sie ihm nicht gefährlich werden können.

Jede Partie wird in Runden gespielt, die sich in je einen Zug pro Mitspieler teilen. Jeder Zug besteht aus drei Phasen. In der Hero Phase kann ein Held heilen – wenn er auf 0 Trefferpunkten (Hitpoints) ist –, wobei man aufpassen muss. Pro Partie stehen der Heldengruppe nur eine bestimmte Anzahl an sogenannten Healing Surges zur Verfügung. Wenn die verbraucht sind und ein Spieler auf 0 steht, hat die Gruppe meist verloren. Nach dem Heilen kann er angreifen und sich bewegen, wobei die Reihenfolge egal ist. Bewegungspunkte sind, genau wie Rüstungsschutz (Armor Class), Trefferpunkte und Sonderfähigkeiten, auf der jeweiligen Charakterkarte vermerkt. Zusätzlich bekommt jeder Spieler eine bestimmte Menge an Power Cards, deren Effekte ihm während des Spiels zur Verfügung stehen (manche allerdings nur ein Mal). Das Konzept solcher Karten ist bereits, wie viele anderen Details auch, aus dem „D&D“-Rollenspiel bekannt, wenngleich das alles in „The Legend of Drizzt“ deutlich abgespeckt daherkommt. Rollenspiel light sozusagen.

In der nachfolgenden Exploration Phase werden neue Dungeon Tiles aufgedeckt. Der Spielplan erweitert sich und neue Gefahren (in Form von Monstern oder Fallen) werden aufgedeckt. Schließlich muss der aktive Spieler in seiner Villian Phase alle Monster, die in seinem Zug den Spielplan betreten haben (und die von den Regeln her somit unter seiner Kontrolle stehen), aktivieren und sie die Spieler angreifen lassen. „The Legend of Drizzt“ wird komplett ohne Spielleiter, Overlord, Wie-auch-immer gespielt, das heißt, die gegnerischen Monster werden über Wenn-Dann-Bedingungen auf ihren Monsterkarten vom Spiel selbst gesteuert. Das klappt erstaunlich gut, auch wenn man beispielsweise den Umstand ausnutzen kann, dass Monsterbewegungen immer nur in Dungeon Tiles angegeben werden. So kann man einen Troll, der sich auf den Kartenteil eines Spielers bewegt, so platzieren, dass er gleich vom Nachbarspieler getroffen werden kann, wenn der am Zug ist.

Der Kampf ist einfach und schnell: Man wählt eine Angriffspower aus, wirft den 20-seitigen Würfel, addiert den Angriffsbonus passenden Angriffsbonus und muss damit die Armor Class des Gegners übertreffen. Klappt das, werden Schadenspunkte zugeteilt, die von Lebenspunkten abgezogen werden. Bei 0 ist das Monster hin – in den meisten Fällen geht das ziemlich fix. Dann bekommt man Schatzkarten, die oft einen kleinen Bonus gewähren. Außerdem gibt das Monster Erfahrungspunkte, die man einsetzen kann, um Gefahren abzuwenden oder ein Level aufzusteigen (was etwas die Werte verbessert). Das alles geht gut und schnell vonstatten: Man merkt „The Legend of Drizzt“ seine Einsteigerfreundlichkeit an. Die ersten paar Missionen sind ziemlich leicht zu bewältigen und stellen auch jüngere Spieler, denen es an taktischer Finesse fehlen mag, vor keine zu großen Herausforderungen. Später kann man dann zusätzliche Spielkarten in die Kartenstapel für Begegnungen und Schätze einmischen, die für gefährlichere Probleme, aber auch größere Belohnungen sorgen.

Fazit: Das Spielmaterial ist hübsch, der Spielmechanismus effektiv und die Herausforderung so moderat, dass man – wie auf dem Karton beschrieben – wirklich eine Partie in einer Stunde schaffen kann. Verschiedene Charaktere, der modulare Spielplan sowie ein guter Stapel an Begegnungs- und Schatzkarten sorgen dabei für abwechselnde Unterhaltung. Das Spiel besitzt nicht die Komplexität eines „Descent“, dafür zockt es sich aber deutlich schneller. Ein Dungeon-Crawler für Gelegenheitsspieler, die nicht jedes Mal stundenlang mit einer Partie beschäftigt sein wollen. Mir hat „The Legend of Drizzt“ trotz gewisser Wiederholungen bei verschiedenen Partien sehr gut gefallen. Zwei Drow-Krummschwerter ... äh ... Daumen hoch dafür!


The Legend of Drizzt
Brettspiel für 1 bis 5 Spieler
Peter Lee u.a.
Wizards of the Coast 2011
ISBN: 978-0-7869-5873-3
Sprache: Englisch
Preis: $ 64,99

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