Königreich der Dornen

Ein kleines Reich ist im Grenzgebiet des Kurfürstentum Sachsen zum Königreich Böhmen entstanden. Eine undurchdringliche Dornenmauer verhindert jedes Eindringen und schützt die Bewohner. Niemand weiß, welche Macht dahintersteckt. Doch es wird von einer mysteriösen Rosenkönigin gemunkelt. Die Jäger werden in die Geschehnisse verwickelt und um Hilfe gebeten. Ihr Weg führt sie quer durch das Erzgebirge, doch können sie die Hilfe eines uralten Wesens bekommen und die Gefahr beseitigen?

von Ansgar Imme

Das deutsche Rollenspiel „HeXXen 1733“ war ursprünglich ein Hobbyprojekt von Mirko Bader. Doch er konnte die Verantwortlichen von Ulisses Spiele überzeugen, das barocke Rollenspiel zu veröffentlichen. Das Crowdfunding im Sommer 2017 war ein überraschend großer Erfolg und spielte etwa 120.000 Euro ein. Für ein bis dato unbekanntes Rollenspiel und zudem nicht einen der Platzhirsche wie „Das Schwarze Auge“ oder „Cthulhu“ war diese Summe überragend. Im Rahmen des Crowdfundings konnte auch die hier rezensierte Kampagnenbox mit erworben werden, die es dann später auch im normalen Handel gab.

Eine Rezension zum Regelwerk und den Mechanismen findet sich ebenfalls beim Ringboten, sodass auf Erklärungen dazu im Weiteren verzichtet wird.

Kurz zum Hintergrund von „HeXXen 1733“: Es spielt zur Zeit des Barocks in Europa, aber der Dreißigjährige Krieg ist nie offiziell zu Ende gegangen. Durch ein Tor zur Hölle im Schwarzwald sind Monster und Kreaturen aus Mythen und Märchen zur Realität geworden und gefährden die Menschen. Doch gleichzeitig haben einige der Menschen übernatürliche Fähigkeiten entwickelt, mit denen sie als sogenannte Jäger gegen die Gefahren vorgehen.

Zum Inhalt (enthält Spoiler)

Die Kampagnenbox besteht aus der 100-seitigen Kampagne, einem 32-seitigen Regionalband zum Erzgebirge, einer großformatigen, farbigen Karte Sachsens, vier Seiten Handouts sowie vier Seiten Stanzbogen für Marker von Gegnern.  In sechs Akten können niedrigstufige Jäger durch das Erzgebirge reisen und die Bedrohung besiegen.

Als Auftakt werden das Dornen-Königreich sowie die Protagonisten vorgestellt. Ebenso gibt es Informationen, wie umfangreich man die Kampagne spielen kann, was in den sechs Akten passiert sowie welche Haupt- und Nebenquesten ausgespielt werden können.

Zu Beginn der Kampagne im Städtchen Aue werden die Helden von unnatürlichen Dornenwesen angegriffen und müssen eine Reisende retten, die sie über die Dornenkönigin aufklärt und um Hilfe bittet. Sie reisen quer durch das Erzgebirge und werden bereits auf Verfolger aufmerksam. Dazu merken sie, dass sich im Erzgebirge bereits seit Längerem seltsame Ereignisse abspielen. Im Dorf Gohrisch können sie mit Hilfe eines Verbündeten erste Hinweise auf die Hintergründe der Entstehung des Dornenreichs bekommen. Sie begeben sich zur Dornenmauer, welche das Reich der Dornenkönigin umschließt, und müssen dort feststellen, dass die Mauer ganz eigene Kräfte besitzt. Mit Hilfe eines mächtigen Verbündeten erfahren sie weitere Hintergründe und werden in das unterirdische Reich der Alben geführt, um die Mauer zu unterqueren. Es gilt, verschiedene Gefahren zu überstehen, gleichzeitig besteht die Möglichkeit, Hintergründe zu der Macht des Dornenreichs respektive ihrer Herrscherin zu erfahren. Nach dem Unterschreiten der Dornenmauer gelangen sie in das Dornenreich und müssen im ersten Dorf die Feststellung machen, dass die Bewohner ganz glücklich mit ihrem Leben und Schicksal scheinen. Sowohl Verbündete als auch Gegner können gefunden werden, ehe sich die Jäger in das Zentrum des Königreichs begeben, um in das Schloss der Dornenkönigin einzudringen und sich dieser zu stellen.

Der Regionalband geht in verschiedenen Kapiteln sowohl auf die Geschichte, die Alben im Erzgebirge und ihr Königreich, den Krieg zwischen Menschen und Alben, sonstige lauernde Gefahren, abenteuerliche Orte sowie Mythen des Erzgebirges ein. Während die ersten drei Kapitel eher beschreibender Natur sind und den Hintergrund beleuchten, bieten die anderen drei Abschnitte viel Spielbares in Form von Abenteueranregungen.

Kritik

Die Kampagne wird vom Autor zu Beginn des Bandes als absichtlich einfach gehalten angekündigt, um neue Spieler und Spielleiter schnell und einfach in die Welt von „HeXXen“ einführen zu können. Dies merkt man an einem deutlichen roten Faden über die sechs Akte mit vorgegebenen Szenen. Der Plot im Hintergrund ist dabei nicht zu komplex und erinnert durchaus an Grimmsche Märchen mit leichtem Horroranklang (was die Spielidee von „HeXXen“ gut wiedergibt). Auch die zu erlebenden Ereignisse mit der Konfrontation am Ende der Kampagne sind grundsätzlich linear und weitestgehend einfach gehalten (recht klare Aufträge für die Jäger beziehungsweise Spieler mit Folgesituation am Ende eines jeden Aktes).

Dies hilft vor allem Anfänger-Spielern und -Spielleitern, aber auch natürlich Neulingen in der Welt von „HeXXen“ wirklich sehr gut weiter, indem nicht gleich zu weltumspannende Themen behandelt werden oder man selbst in alle Richtungen zu aktiv werden muss. Stattdessen liegt der Fokus vorwiegend auf einzelnen Szenen, in denen etwas passiert, woraufhin die Jäger dann gewisse Freiheiten haben. Das bedeutet allerdings auch, dass erfahrene Spieler, die eher Wert auf sehr freies Spiel im Stile einer „Sandbox“ legen, hier an vielen Stellen eingeengt werden beziehungsweise die Abschnitte mundgerecht serviert bekommen. Der Autor bietet daher für ein tieferes Spiel mit mehr Hintergrund neben den sogenannten Hauptquesten noch weitere Nebenquesten an, die die Handlung einerseits weniger vorhersehbar machen als auch zusätzliche Informationen zum Hintergrund liefern. Ebenso kann man natürlich einige Abenteueraufhänger aus dem begleitenden Regionalbank zum Erzgebirge als Erweiterung einbauen.

Die Stimmung selbst wird gut eingefangen: Märchenhafte Momente wechseln schnell zu leicht horrorartigen und bedrohlichen Szenen. Die Szenen selbst fokussieren viel auf Action sowie Kämpfe und sollen natürlich an passende Hollywood-Filme erinnern. Das mag nicht jedem Spieler gefallen, aber dieser ist dann bei „HeXXen“ einfach auch falsch aufgehoben. Trotzdem kommt das Rollenspiel aber nicht zu kurz, es steht nur weniger im Vordergrund.

Der Regionalband bietet sich als Erweiterung für erfahrene Spieler und Spielleiter an, da mit diesem Hintergrundwissen sowohl geschichtliche Elemente eingebaut werden können und unzählige Abenteueraufhänger enthalten sind. Sicherlich hätte man auch mehr als 32 Seiten füllen können, aber so bleiben noch genug weiße Flecken für eine gar nicht so große Gegend.

Noch einige Worte zur Aufmachung: Das Layout und Illustrationen sind wirklich gut gelungen und fangen das Flair passend ein. Vom Stil her erinnert die Aufmachung ein wenig an „Cthulhu“-Bände, auch wenn es natürlich in eine andere Richtung und vor allem zeitliche Einordnung geht.

Fazit: Für eine Kampagnenbox ist der Inhalt mit 132 Seiten plus Karten, Handouts und Stanzbogen eher etwas mager - vor allem zu diesem Preis. Viele normale Quellenbände unterschiedlicher Rollenspiele haben bereits mehr Seiten. Aber die Quantität ist ja nicht alles – bei passender Qualität schaut man auch gern über den Preis hinweg. Für Einsteiger ins Rollenspiel oder relative Neulinge ist das wirklich recht gelungen, für erfahrene Spieler nur mit einigen Abstrichen.

Königreich der Dornen
Kampagnenbox
Mirko Bader
Ulisses Spiele 2018
ISBN: 978-3-95752-926-8
132 S., Box, deutsch
Preis: 39,95 EUR

bei amazon.de bestellen