Gruselkabinett 185: Die Musik des Erich Zann

Was die Rezeption lovecraftscher Geschichten auf anderen Medien angeht, heißt es oft, jene seien nur „schwierig“ zu übertragen. Marc Gruppe hat für die Reihe „Gruselkabinett“ bereits mehrfach bewiesen, dass er ein gutes Händchen für lovecraftsche Hörspiele besitzt. „Die Musik des Erich Zann“ jedoch ist ein ganz eigenes Kaliber. Wie gelungen ist die Umsetzung?

von André Frenzer

Über Howard Phillips Lovecraft ist bereits viel geschrieben worden. Der 1937 verstorbene Schriftsteller gilt als einer der einflussreichsten Autoren im Bereich der Horrorliteratur. Neben seinen Geschichten hinterließ er unzählige Briefe – sowie zahllose Ideen in den Köpfen befreundeter und bekannter Autoren, die bis heute seinen von unaussprechlichen Schrecken bewohnten Kosmos weiter ausschmücken. Dass Lovecraft neben seinem unbestritten wertvollen literarischen Können einige schwierige, kontroverse Charakterzüge besaß – sein Rassismus und sein Antisemitismus sind hier nur die bekanntesten – verschweigt auch keiner seiner Biographen. Umso schwerer wiegt sein schriftstellerisches Erbe, hat es sich doch abseits all dieser menschenfeindlichen Ansichten einen hohen Stellenwert in der Literatur erarbeiten können.

Aus dem Werk Lovecrafts wurden im Rahmen der Reihe „Gruselkabinett“ bereits einige Geschichten vertont. Vor keiner hatte ich als Hörer aber jemals so viel Respekt wie vor „Die Musik des Erich Zann“. Denn immerhin ist das titelspendende Gambenspiel des alternden Musikers eine ganz und gar außerweltliche Erfahrung. Wie gut konnte es da gelingen, die Geschichte auf CD einzufangen? Aber der Reihe nach:

Die Handlung von „Die Musik des Erich Zann“ ist rasch erzählt. Der namenlose Erzähler ist auf der Suche nach einer Straße, der Rue d’Auseil, in der er während seines Studiums einige Wochen gewohnt hat. Leider ist die Straße nicht mehr aufzufinden – selbst in den ältesten Stadtkarten nicht. Dabei wäre es für den Suchenden so wichtig, hier noch einmal vorstellig werden zu können. Denn seine Erlebnisse in der Rue d’Auseil – welche wir in der Folge als Rückblick erfahren – haben ihn an den Rand des Wahnsinns gebracht. So hatte er sich entschieden, dem Gambenspiel des alten Musikers Erich Zann zu lauschen, der in jeder Nacht seinem Instrument die virtuosesten Töne zu entlocken vermochte. Doch als er Zann eines Abends während seines nächtlichen Vortrags auf seinem Zimmer besuchte, überschlugen sich rasch die Ereignisse.

Ich habe mich bereits öfters darüber geärgert, wenn eine Geschichte als Rückblende erzählt wurde. Immerhin wird so ein Teil der Spannung – nämlich das Mitfiebern um Wohl und Wehe des Protagonisten – aus der Handlung genommen. In diesem Falle hält sich Marc Gruppe aber schlicht an den Aufbau von Lovecrafts Geschichte – und durch den Kniff, dass die Rue d’Auseil einfach nicht mehr zu finden sei, wird die Geschichte mit einem gelungenen Mysterium eröffnet. Wie gelungen ist aber die Umsetzung von Zanns Spiel? Erstaunlich gut. Gruppe widersteht der Versuchung, dem Gambenspiel des alten Zanns zu viel Raum einzuräumen oder es gar mit einer Aufnahme irgendeiner altertümlichen Weise darzustellen. Stattdessen sind alle im Haus spielenden Dialogzeilen mit unterschwelligen Saitentönen unterlegt, die nahezu unbewusst an den Nerven zerren und effektiv zur Spannung beitragen. Damit ist in meinen Augen einer der größten Stolpersteine gekonnt umschifft worden.

Gewohnt gut ist die Leistung der unterschiedlichen Sprecher, allen voran Martin May als namenloser Erzähler. Das Cover wurde von Johannes Belach entworfen und reiht sich hervorragend in die übrigen Cover der Reihe ein. Die Umsetzung der – qualitativ hochwertigen – Geschichte als Hörspieldrehbuch ist gelungen, die Toneffekte – wie bereits erwähnt – passend und spannungsfördernd. Technisch gibt es damit überhaupt nichts zu meckern.

Fazit: Eine tolle Vorlage, eine sehr spannende Inszenierung und tolle Toneffekte. So soll das „Gruselkabinett“ sein!

Gruselkabinett 185: Die Musik des Erich Zann
Hörspiel nach einer Geschichte von H. P. Lovecraft
Marc Gruppe
Titania Medien 2023
ISBN: 978-3-7857-8598-0
1 CD, ca. 48 min., deutsch
Preis: 8,49 EUR

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