Gruselkabinett 188: Der Hexenmeister

Nach Ghoulen, Vampiren und Gespenstern wird es für das „Gruselkabinett“ Zeit, die Zunft der Hexenmeister noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Was liegt da näher, als eine Vertonung von Heinrich Seidels gleichnamiger Geschichte?

von André Frenzer

Immerhin stolze 188 Gruselgeschichten – bekannte oder auch weniger bekannte – hat Marc Gruppe bereits in der Reihe des „Gruselkabinett“ vertont. Kein Wunder also, dass der Blick auf neue Geschichten, welche sich zur Adaption eignen, mittlerweile recht weiträumig schweift. So kommt also auch Heinrich Seidels „Der Hexenmeister“ zu der Ehre, als Vorlage für eine Ausgabe der Reihe zu dienen. Der 1842 geborene und 1906 verstorbene Seidel war ein deutscher Ingenieur und Autor, der eher durch seine Märchen bekannt geworden ist. Und auch „Der Hexenmeister“ ist eigentlich – trotz einiger Motive – keine echte Gruselgeschichte. Aber der Reihe nach.

Winkelburg, 1885: Ist der geheimnisvolle Herr Zuckermahn, der einsam in seinem Haus an der alten Stadtmauer lebt, wirklich ein Hexenmeister, wie man im Ort munkelt? Neugierig nimmt der verwaiste Wendelin bei ihm eine Stellung als Gärtner an und erlebt eine gefährliche Überraschung …

Marc Gruppes Adaption hält sich eng an die (frei verfügbare: www.projekt-gutenberg.org/seidelh/wintmaer/hexen.html) literarische Vorlage – mit einer Detailtreue, die Kennern der Geschichte wahre Freude machen dürfte. Gerade die Exposition Winkelburgs und des Herrn Zuckermahn ist außerordentlich werktreu gelungen und weiß doch in ihrer hörspielgerechten Aufbereitung zu überzeugen. Allerdings ist „Der Hexenmeister“ nun einmal keine echte Gruselgeschichte, sondern eher ein Märchen, was sich in zahlreichen Motiven und auch der recht harmlosen Handlung niederschlägt. Trotz Zuckermahns Pakt mit dem Teufel und seinen finsteren Absichten gegenüber seinem jungen Gärtner vermag sich kaum beim Hören Gruselstimmung einzustellen. Das ist jedoch eher ein Problem für den eigentlich gewählten Rahmen der „Gruselkabinett“-Reihe als des hervorragenden Hörspiels selbst.

Wiederum einwandfrei ist die technische Umsetzung. Dirk Petrick trägt als junger Wendelin den Großteil der Handlung, was dem Sprecher auch hervorragend gelingt. Musik und Toneffekte sind ein weiteres Mal überzeugend. Einzig wieso sich Marc Gruppe als des Hexenmeisters Schoßhund Zipferling versucht, statt mit einem vernünftigen Sample zu arbeiten, hat sich mir nicht ganz erschlossen. Das Coverbild stammt dieses Mal von Johannes Belach und ist in seiner Surrealität ein absoluter Hingucker – auch im Vergleich zu den vielen hervorragenden Coverbildern der Reihe.

Fazit: Gruselig wird es kaum in dieser Ausgabe des „Gruselkabinett“. Doch ist „Der Hexenmeister“ eine hervorragende Adaption des Originals.

Gruselkabinett 188: Der Hexenmeister
Hörspiel nach einer Kurzgeschichte von Heinrich Seidel
Marc Gruppe
Titania Medien 2024
ISBN: 978-3-7857-8638-3
1 CD, ca. 55 min., deutsch
Preis: 8,49 EUR

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