Grand Grimoire der Mythos-Magie

Mit dem Erscheinen der siebten Edition wurde erstmals das Regelgerüst für das äonenalte Horror-Rollenspiel „Cthulhu“ mehr als kosmetisch verändert. Wo bislang die ein oder andere Umbenennung von Fertigkeiten als Eingriff genügte, standen nun umfassendere Änderungen am Regelwerk auf dem Plan. Damit wurde es natürlich nötig, auch die erweiterten Regelwerke – allen voran das Magiebuch – neu zu überarbeiten.

von André Frenzer

Das „Grand Grimoire der Mythos-Magie“ stellt eine Übersetzung des von Chaosium verlegten „Grand Grimoire“ dar, wurde aber für die deutsche Übersetzung um Zauber ergänzt, die in den vergangenen deutschen Publikationen originär auftauchten. Insgesamt sind es rund 600 Zauber, die hier versammelt sind.

Inhalt

Das Buch beginnt mit einer kurzen Regelvertiefung zum Zaubern. Dabei werden Themen wie „richtige Umstände“ (also zum Beispiel die richtige Sternenkonstellation), fehlerhafte Zauberformeln, magische Ritualorte nebst Rückständen von Magie und so weiter umfassend genug erörtert. Als nächstes werden die Zauberkategorien vorgestellt – und die sind reichhaltig. Es gibt Beeinflussungszauber, Kommunikation, Kampf- und Schutzzauber, Verwandlungen und noch einige Kategorien mehr. Ein wenig irritiert hat mich, dass die Kategorien mit einem rätselhaften Symbol versehen wurden, dass sich dann auch bei den entsprechenden Zaubern wiederfindet. Wer es schafft, diese Symbole zu behalten und bei der Lektüre des eigentlichen Grimoires richtig zuzuordnen, erhält meine Hochachtung. Sinnvoller erscheint mir hier die glücklicherweise ebenfalls enthaltene Auflistung aller Zauber nach Kategorie.

Es folgt das eigentliche Grimoire und hier können – theoretisch – Spielleiter wie Spieler aus dem Vollen schöpfen. Egal, ob man durch die Zeit reisen, mit einem Äußeren Gott in Kontakt treten, einen Kontrahenten ausschalten oder sich vor den Geschöpfen des Mythos schützen möchte – hier findet jeder das passende Werkzeug. Das Grimoire ist umfassend und reichhaltig. Eingestreut werden außerdem die Vorstellung einiger weniger Magieanwender, die dem Spielleiter als Inspiration und Ploteinstieg dienen können. Ein alphabetischer Index – dessen Nutzen ich allerdings deutlich unter der Kategorienlistung sehe – rundet das Buch dann ab.

Aufmachung


Der knapp 200 Seiten starke, wuchtige Hardcoverband erscheint komplett farbig. Das Cover wurde weich wattiert und mit einer Prägung versehen, was dem Band ein edles Äußeres und eine gute Haptik verleiht. Er ist reichhaltig bebildert, gut gegliedert und orientiert sich im gelungenen Layout – natürlich – an der aktuellen Produktlinie seit Erscheinen der siebten Edition. Besonders die großformatigen Bilder sind gelungen und unterstreichen die gewünschte Wirkung eines Zauberbuches gekonnt. Lektorat und Korrektorat sind gelungen und dankenswerterweise wurde dem Band ein Lesebändchen spendiert. Technisch gibt es damit nichts zu meckern.

Kritik

Während Umfang und Ausstattung des „Grand Grimoire der Mythos-Magie“ keinen Grund zur Klage geben, konnte mich das Buch inhaltlich nicht überzeugen. Warum, das will ich näher ausführen.

Die Verwendung von Mythos-Magie ist für den menschlichen Anwender sehr gefährlich, denn nahezu jeder Zauber kostet den wertvollen Rohstoff Geistige Stabilität. Während das bei den verrückten Kultisten, die oft als Gegenspieler herhalten müssen, reichlich egal sein kann, betrifft das die Investigatoren der Spieler natürlich direkter. Wer Magie einsetzt, bewegt sich auf einer Abwärtsspirale in den Wahnsinn, egal, wie hehr seine Ziele eigentlich sein mögen. Dieser Umstand erlaubt es eigentlich kaum, das „Grimoire“ als Spieler sinnvoll einzusetzen. Zwar wurde mit der siebten Edition der stetige Stabilitätsverlust regelseitig abgefedert – vor allem gibt es nun mehr Möglichkeiten, regelmäßig Stabilität zurückzuerhalten. Doch ein direkter Vergleich vieler Zauber mit dem Vorgängerregelwerk zeigen erhöhte Kosten oder anderweitig gestiegenen Aufwand für die Investigatoren. Gerade nützliche Zauber wie das „Ältere Zeichen“ (das Schutz vor Mythosmonstern gewährt) wurden in den Kosten erhöht.

Als Werkzeugkasten für den Spielleiter ist dieses Buch allerdings auch kaum zu gebrauchen. Viel zu umfangreich erscheint hier die Menagerie magischer Spielereien, um sich wirklich fokussiert mit einem bestimmten Thema auseinanderzusetzen und es den Spielern als Gegenpart zu kredenzen. Auch den im Vorgängerband „Arcana Cthulhiana“ enthaltenen Hintergrundteil über magische Spielarten, die der Mythos-Magie gekonnt einen Platz in unserer Welt eingeräumt haben, habe ich als Spielleiter hier schmerzlich vermisst. So verkommt das eigentlich viel mehr liefernde Grimoire zu einer Art „magischen Waffentabelle“ für Kultisten, denen die Munition ausgegangen ist.

Fazit: Wer Mythos-Magie in seinem Spiel implementieren möchte – egal ob auf Spieler- oder Spielleiterseite – findet hier alles Notwendige, was er braucht. Insofern wird das „Grand Grimoire der Mythos-Magie“ seinem Auftrag mehr als gerecht. Trotz der opulenten Aufmachung und dem reichhaltigen Zauberrepertoire wirkt das Buch aber deutlich weniger inspirierend auf mich als sein Vorgängerband.

Grand Grimoire der Mythos-Magie
Quellenbuch
Mike Mason, Matthew Sanderson, Heiko Gill
Pegasus Press 2017
ISBN: 978-3957891280
200 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 29,95

bei pegasus.de bestellen
bei amazon.de bestellen