Gesellschaft der Träumer

Ein weiteres Mal lädt die „Kleine Reihe“ des System-Matters-Verlag zum entspannenden Geschichten-Erzählen ein. Das haben eigentlich alle Spiele aus der Reihe gemeinsam. Was kann „Gesellschaft der Träumer“ da noch bieten, um sich von den anderen Spielen abzusetzen?

von Jens Krohnen

In der sogenannten „Kleinen Reihe“ veröffentlicht der System-Matters-Verlag Spiele, die man wohl am ehesten als Indy- oder Erzählspiele definieren kann. Kein Wunder also, dass auch „Gesellschaft der Träumer“ in diese Kategorie fällt. Und auch der Name Matthijs Holter ist für Kenner der Reihe kein Unbekannter, war der Spieleentwickler doch auch an „Die Liebe in den Zeiten des Seidr“ beteiligt.

Was aber hat es nun mit „Gesellschaft der Träumer“ auf sich? Nun, zunächst handelt es sich um ein spielleiterloses Erzählspiel. Ganz ähnlich der Mechanik aus „Die Liebe in den Zeiten des Seidr“ verzichtet Holter auf den Einsatz von Würfeln. Auch hier erhalten die Spieler abwechselnd die Erzählrechte über Szenen – hier werden sie dann als Regisseure bezeichnet. Schlussendlich zielt das Spiel darauf ab, dass alle gemeinsam an einer interessanten Geschichte arbeiten wollen und verzichtet großzügig auf Mechanismen, um kompetitive Begebenheiten auszuspielen.

Stattdessen verwendet Holter hier deutlich mehr Aufwand auf den zu spielenden Rahmen. In „Gesellschaft der Träumer“ übernehmen die Spieler die Rolle von Mitgliedern einer geheimen Loge, deren Ziel es ist, etwas über die sogenannten Mnemositen herauszufinden. Diese Wesen leben in den Träumen der Menschen. Und das ist dann auch schon das ganze Setting. Ob die Mnemositen feindselig sind, ob es sich um eine oder mehrere Wesenheiten handelt und wer mit ihnen auf welche Art Kontakt aufnehmen kann – das entscheiden die Spieler, wenn sie gemeinsam die Geschichte ihrer Geheimgesellschaft erzählen.

Dazu wird eine Reihe von Szenen vorgegeben, die die Geschehnisse in Gang bringen sollen. So werden zunächst Szenen aus der Kindheit und der Jugend der verschiedenen Charaktere gespielt, bevor die Gründung der Gesellschaft ansteht. So hat jeder Charakter bereits einen guten Grund, um sich der Suche nach den Mnemositen anzuschließen. In den folgenden Szenen wird dann der Hintergrund mehr und mehr gemeinsam enthüllt, bevor es in einem großen Finale zu einer Konfrontation mit den geheimnisvollen Traumwesen kommt.

Die transportierte Stimmung des Spiels ist wirklich hervorragend. Das liegt zum einen an kleinen Details, die Holter in die Spielhandlung eingebaut hat. Vor Beginn des Spieles gilt es, mit lautem Rufen und Gesten die Geister aus dem Raum zu vertreiben; die Stimmung bestimmter Szenen sollen mithilfe eines Ouija-Brettes bestimmt werden. Das sorgt dafür, dass man sich gleich in die viktorianische Welt der Seancen und Geisterbeschwörungen versetzt fühlt, wobei ich allerdings den spielmechanischen Nutzen des Brettes dann doch stark anzweifeln möchten. Ein weiterer Garant für die Stimmung ist die hervorragende Bebilderung und das fantastische Layout, das der Verlag dem kleinen Spiel verpasst hat. So lädt das Buch direkt zum Lesen und Träumen ein.

Fazit: Schlussendlich steht und fällt „Gesellschaft der Träumer“ – wie so viele Titel der „Kleinen Reihe“ – mit der Spielgruppe. Wer eine Gruppe erzählfreudiger Spieler kennt, die gerne gemeinsam eine Geschichte erschaffen wollen ohne in die klassische Rollenverteilung aus Leitung und Spieler zurückzufallen, der erhält hier eine interessante Idee und einen groben, mechanischen Rahmen, um eine spannende Spielerfahrung zu generieren. „Klassische“ Rollenspieler werden hier weniger glücklich.

Gesellschaft der Träumer
Grundregelwerk
Matthijs Holter, Tina Trillitzsch u. a.
System Matters Verlag 2018
ISBN: 978-3963780158
80 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 14,95

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