Die unfasslichen Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen

Seit einiger Zeit sind Erzählspiele mit einfachen Regeln absolut salonfähig. Die „Kleine Reihe“ des jungen System-Matters-Verlags hat hier für einige Neuveröffentlichungen gesorgt. Doch neu ist diese Idee nicht, denn die münchhausener Fabulierkunst liegt schon etwas länger als Spiel vor.

von Jens Krohnen

Und zwar genauer gesagt bereits seit 2002. In diesem Jahr veröffentlichte der kleine Verlag Krimsus Krimskrams-Kiste das ursprünglich sogar schon 1998 bei Hogshead Publishing erschienene Erzählspiel „Die unfasslichen Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen“. Aufmerksam wurde ich auf das Spiel allerdings auf der letzten SPIEL, denn nun wird das Werk zum Sonderpreis feilgeboten. Eine gute Gelegenheit, hier einen Blick zu riskieren.

Worum geht es? Wie der Titel vielleicht vermuten lässt, geht es um abenteuerliche Geschichten, die mit der einen oder anderen Übertreibung garniert sind. Ziel ist es, die abenteuerlichste und atemberaubendste Geschichte zu erzählen. Hierzu stellt ein Mitspieler eine Frage – etwas naheliegendes, wie „Wie war das damals mit Eurem Einmarsch in Italien mit einer Armee von 300 Tigern?“. Diese Vorlage nun muss der Erzähler aufgreifen und eine spannende Geschichte daraus stricken.

Für ein wenig Interaktion sorgen dann die eigentlichen Erzählspielregeln. Der Erzähler darf nämlich von seinen Mitstreitern unterbrochen und mit weiteren Fragen gelöchert werden. Dazu muss der Unterbrechende allerdings einen Wetteinsatz in Form einer Münze auf den Tisch legen. Gelingt es dem Erzähler, diese Einwände in seine Geschichte einzubauen, erhält er den Wetteinsatz des Unterbrechers. Andernfalls muss der Erzähler eine Münze hinzulegen, und der Unterbrechende erhält den Wetteinsatz. Schlimme Beleidigungen werden – ganz klassisch – mithilfe eines Duells aus der Welt geschafft. Um unnötiges Blutvergießen zu vermeiden, setzt „Die unfasslichen Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen“ hier allerdings auf „Schere-Stein-Papier“. Nachdem jeder Spieler einmal als Erzähler fungiert hat, bestimmt die Gruppe gemeinsam den Sieger.

Neben diesen Regeln kommen außerdem einige Ansätze zum Tragen, die ein wenig Rollenspiel in das reine Fabulieren bringen. Denn jeder Spieler ist angehalten, eine adlige Persönlichkeit darzustellen, die derart haarsträubende Abenteuer überstanden haben soll. Dazu gibt es eine knappe Anleitung zur Charaktererstellung, die jedoch reichlich Interpretationsspielraum offenlässt. Nichtsdestotrotz ist das eine schöne Ergänzung.

Das Buch ist sehr inspirierend geschrieben, wird es doch aus der Sicht des berühmten Freiherrn selbst erzählt. Münchhausen tritt hier als Erzähler und Erklärer auf und der gewollt weitschweifige Erzählstil lockert die triste Regellektüre reichlich auf. Für die eiligeren Leser gibt es eine kurze Zusammenfassung der wenigen Regeln. Abgerundet wird der Band mit einer langen Liste möglicher Fragen, die zum Einstieg in eine Geschichte dienen können sowie einem historischen Abriss über den als „Lügenbaron“ bekannten Freiherrn. Illustriert ist der Band reihhaltig und stets passend mit den klassischen Stichen von Gustav Doré und George Cruikshank.

Fazit: Sicher, das freie Fabulieren sollte den Mitspielern im Blut liegen. Andernfalls wird „Die unfasslichen Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen“ eine eher stockende Angelegenheit. Die lockeren Erzählspielregeln, die unglaublich gute Liste mit Eingangsfragen und das wirklich gut gemachte Büchlein haben für diesen Personenkreis jedoch eine klare Empfehlung verdient.

Die unfasslichen Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen

Grundregelwerk
James Wallis, Ralf Sandfuchs u. a.
Krimsus Krimskrams-Kiste 2002
ISBN: 3-932932-03X
58 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 14,95

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