Gebet an die Tiefe (Heldenwerk)

Während wir in der letzten Ausgabe der „Heldenwerk“-Reihe die nordaventurische Heldentrutz bereisten, verschlägt es unsere Helden nun tief in den aventurischen Süden, genauer gesagt in das Dörfchen Ranak. Wir dürfen gespannt sein, was uns hier erwartet, denn es gilt Heldenwerk zu verrichten.

von André Frenzer

Bereits zum 37. Mal liegt dem „Aventurischen Boten“ ein neues „Heldenwerk“-Abenteuer bei. Mit „Gebet an die Tiefe“ widmet sich die Reihe einmal mehr dem aventurischen Süden. Und dieses Mal wird es reichlich geschichtsträchtig, denn es gilt die Ruinen eines vor Jahrzehnten geschliffenen Efferd-Klosters zu untersuchen. Jenes Kloster wurde auf einer Felsnadel an der aventurischen Südküste errichtet, aber nach einem Angriff der fischartigen Risso aufgegeben. Seither gilt es als verflucht.

Verfluchte Orte sind allerdings keine ausreichende Abschreckung, um der Hesinde verfallene Gelehrte davon abzuhalten, hier ihre historischen Forschungen anzustellen. So machte sich die Kusliker Gelehrte Yafana Tetrazona an die Erforschung der Ruine. Doch es kommt, wie es wohl kommen musste: Seither fehlt von der Gelehrten jede Spur. Der Efferdhochgeweihte Emmeran Tralloper sucht daraufhin tapfere Recken, die das Schicksal der verschwundenen Forscherin ergründen. Kein Zufall, dass just die Heldengruppe vor Ort ist, um sich des Auftrags anzunehmen. Einmal vor Ort muss die Gruppe feststellen, dass das Kloster auf den Ruinen eines deutlich älteren Tempels errichtet wurde. Und wer einmal hinab in die dunklen Tiefen gestiegen ist, wird hier womöglich mehr finden, als ihm lieb ist.

Wie bereits öfters erwähnt, leiden „Heldenwerk“-Abenteuer mitunter unter der geringen Seitenzahl, die das besondere Format zur Verfügung stellt. Abenteuer kurz und prägnant zu präsentieren, erfordert eine besondere Herangehensweise an die Ausarbeitung. Während ich mit der 36. Ausgabe nicht wirklich zufrieden war, macht „Gebet an die Tiefe“ wiederum vieles richtig. Trotz des geschichtsträchtigen Ortes und einiger knackiger Gegner verliert sich das Abenteuer nicht in einer vorgetäuschten Epik. Stattdessen sind die Ziele der handelnden Personen klein und persönlich. Und auch wenn sogar die verschiedenen Meeresgötter ihr Wörtchen im Finale mitreden wollen, so ist deren Einbindung doch ebenso unkompliziert wie elegant gelungen und vermag den Rahmen des „Heldenwerks“ nicht zu sprengen.

Damit ist dieses „Heldenwerk“ definitiv eines der gelungeneren der Reihe. Das liegt zum einen an dem sehr klassischen Genre, denn bei „Gebet an die Tiefe“ handelt es sich um einen mehr oder minder traditionellen Dungeon-Crawl. Dieser findet jedoch mit dem teils gefluteten Tempel nicht nur in einer interessanten Umgebung statt, sondern wartet auch mit der einen oder anderen interessanten Idee und ein paar leichten Rätseln auf. Während die Erkundung des Gewölbes eher von seiner Atmosphäre lebt, so ist die finale Bedrohung dann doch ein echter Brocken, der auch erfahrenere Helden noch vor eine Herausforderung stellt. Angenehm ist, dass der Ausgang des Abenteuers offen bleibt und sogar ein Bündnis mit dem Antagonisten möglich scheint. Während der reine Abenteuerverlauf also gut gelungen ist, bleiben aufgrund des Platzmangels leider die Charakterzeichnung der verschiedenen NSC auf der Strecke. Da es sich aber um eher klischeehafte Gestalten handelt, ist das nicht weiter tragisch – ein halbwegs erfahrener Spielleiter wird sie problemlos mit Leben füllen können.

Optisch unterscheidet sich „Gebet an die Tiefe“ – wenig überraschend – kaum von den anderen Ausgaben der „Heldenwerk“-Reihe. Das Layout ist bekannt, die Illustrationen machen einen guten Eindruck. Die Ruine ist mit ausreichendem Kartenmaterial versehen worden und das Korrektorat hat eine gute Arbeit abgeliefert, sodass ich technisch zufrieden bin.

Fazit: Nicht episch, aber herausfordernd, so präsentiert sich „Gebet an die Tiefe“. Eine interessante Lokalität, eine den vorhandenen Platz ordentlich ausnutzende Aufbereitung und einige spannende Ideen ergeben einen lohnenswerten Dungeoncrawler.

Gebet an die Tiefe (Heldenwerk)

Abenteuerband
Benjamin Bahr
Ulisses Spiele 2021
ISBN: n. a.
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Preis: EUR 2,99

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