von Daniel Pabst
„GANTZ 6“ erschien bei Manga Cult, dem Manga Label des Verlags Cross Cult im Jahre 2020 und enthält als Sammelausgabe („Perfect Edition“) die Bände 17, 18 und 19 von „GANTZ“ mit insgesamt 600 Seiten.
Der Manga-Band setzt direkt ein mit einer Mission in Ikebukuro. Dabei handelt es sich um das real existierende Stadtviertel um den Bahnhof Ikebukuro in Japan. Die dortigen Kämpfe gegen die Aliens und den „Teufelianer“ spielen also vor der Kulisse der Häuserzeilen von Ikebukuro. Die Passanten werden plötzlich Teil des Spiels, da diese die Gruppe um Kei und die Aliens sehen können. GANTZ scheint mehr und mehr die Spielregeln geändert zu haben!
Durch die Aufweichung von „Realität und Spiel“ werden die Schaulustigen, die entweder alles für einen Kinofilmdreh halten oder einmal in ihrem Leben ein Alien sehen wollen, von den Aliens gnadenlos hingerichtet. Sie sind den Kämpfen wehrlos ausgeliefert, und selbst die japanische Polizei ist gegenüber einem häusergroßen „Teufelianer“, der mit Feuerbällen um sich wirbelt, machtlos. Gut, dass insbesondere Kei und Reika in ihren schwarzen Schutzanzügen ihr wahres Talent zeigen. Neben der Jagd nach Punkten, geht es diesmal darum, noch schneller zu sein, um die Leben der Unbeteiligten zu verschonen.
Weiter erfahren die Leserinnen und Leser, wie sich der „Muscle Rider“ um einen kleinen Jungen kümmert, der als jüngsten Mitglied in den Raum von GANTZ teleportiert wurde, nachdem er in der realen Welt von seinem Stiefvater zu Tode gequält worden war. Für ihn scheint das Szenario ebenso surreal wie es die Bedrohung durch die Aliens ist. Und so hofft man, dass er sich wenigstens schnell genug überreden lässt, den schwarzen Schutzanzug anzuziehen, bevor Schlimmeres geschieht.
Neben dem heftigen Kampfgeschehen – bei dem auch mal ein bis zur Hüfte abgetrennter Alien-Körper über mehrere Manga-Seiten davonläuft – weiß auch „GANTZ 6“ zu überraschen. Die „amorphe Form“ nimmt die Gestalt von Reika an und überredet ein Gruppenmitglied zum Sex in einem Einkaufzentrum. Bizarr und eher zum Überfliegen geeignet können die dann folgenden Seiten betrachtet werden …
Seine Stärken hat „GANTZ 6“ ganz klar in seinem letzten Drittel. Zuerst sehen wir wie Kei und Izumi mit Samurai-Schwertern Seite an Seite kämpfen und ihre Feindschaft für das gemeinsame Ziel ruhen lassen. Da die Passanten in Ikebukuro Teil des Spiels sind, feuern sie – wenn sie nicht gerade von Aliens erwischt werden –unsere Kämpfer als Helden an und filmen diese mit ihren Smartphones. Dies gibt einen weiteren, interessanten Perspektivwechsel, der das Mysterium um GANTZ verstärkt und unterbewusst die Frage an die Leserin oder den Leser stellt, ob deren Sensationslust einem nicht bekannt vorkommen mag.
Galt als „Regel“ in den vorigen Bänden von GANTZ scheinbar, dass die Menschen vor den Aliens zu schützen sind, so löst sich für die Protagonistin und unsere Protagonisten dieser Grund in Luft auf. Oder besteht diese Regel fort, da es die Menschen in Ikebukuro sind, die selbstverschuldet zum Geschehen rennen, statt Sicherheit zu suchen? Noch bevor Kei und seine Gruppe mit den Menschen Kontakt aufnehmen können, lösen sich die Körper der Helden auf, und sie landen wieder im Raum von GANTZ.
An dieser Stelle wird es am Spannendsten. Daher wird nicht zu viel verraten. Nur so viel: 100 Punkte wurden erreicht und es darf eine Variante aus GANTZ-Menü ausgewählt werden: 1. ausgelöschte Erinnerung und ein Leben in Freiheit, 2. eine noch stärkere Waffe erhalten oder 3. einen Menschen aus dem Speicher wiedererwecken. Wofür wird sich entschieden? Wofür hätte sich die Leserin oder der Leser entschieden? Wird die Auswahl von GANTZ tatsächlich ausgeführt oder ist auch dies nur ein Spiel? Fragen über Fragen, die zum ersten Mal in GANTZ auch beantwortet werden, wenn auch nur zum Teil.
Auch zu den Beziehungsfragen der Charaktere untereinander wird am Ende, als Gegenpol zur Action, teilweise mehr verraten. Und so entwickelt man kurz den Gedanken, dass nun alles gut enden werde, bis man merkt, dass man mit „GANTZ 6“ erst den sechsten von insgesamt 12 „GANTZ“-Manga-Bänden in den Händen hält und erneut nicht alles so eintritt, wie man angenommen hat.
Leseprobe
Fazit: In gewohnt actionreichen Zeichenstil und gewaltsamen Darstellungen, eilen nicht nur Kei, Reika und die anderen durch diesen Band. Man möchte bei „GANTZ 6“ nach der Hälfte der Handlung („GANTZ 12“ erscheint noch in diesem Jahr auf Deutsch) endlich einen Funken Licht am Ende des Tunnels sehen und einen Teil der eigenen Fragen beantwortet sehen – und wird belohnt. Was weiter geschieht? Keine Ahnung. Da teilt man das Schicksal der Charaktere im Manga. Sicher ist aber, dass „GANTZ 6“ bestens unterhalten hat.
GANTZ 6
Manga
Hiroya Oku
Cross Cult 2020
ISBN: 978-3-964332-48-6
600 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 20,00
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