GANTZ 3

Fulminant startet die Ausgabe „GANTZ 3“. Unsere Protagonistinnen und Protagonisten kämpfen buchstäblich um ihr Leben, wobei eine Menge Blut vergossen wird. Wer sich nach den ersten beiden Bänden von „GANTZ“ dachte, bereits zu erahnen, wie die Geschichte fortgeführt wird, der wird feststellen, dass es so leicht nicht ist. Ein Manga-Band voller Überraschungen und neuer Charaktere!

von Daniel Pabst

„GANTZ 3“ erschien bei Manga Cult, dem Manga Label des Verlags Cross Cult im Jahre 2019, und enthält als Sammelausgabe („Perfect Edition“) die Bände 8, 9 und 10 von „GANTZ“. Wie schon die Ausgabe 2 sind es insgesamt 600 Seiten, die man sehr kompakt in den Händen hält.

Die Handlung setzt direkt damit ein, dass wir die Protagonistin („Sei Sakuraoka“), die Kei aufgrund ihres Aussehens als „Lara Croft“ bezeichnete, wiedersehen. Sie kämpft weiterhin gegen die Alien-Statue aus dem buddhistischen Tempel und scheint diese zu besiegen. Kei dagegen liegt noch immer schwer verwundet auf dem Boden. Seine Hoffnung liegt darauf, dass das letzte Alien dieser Mission „erledigt“ wird und er so wieder in den Raum von GANTZ zurückkehren kann. Doch im Vergleich zu den bisherigen Missionen entpuppen sich die verbliebenen Aliens im Tempel als ausdauernder und trickreicher. Es wird eng für die Protagonistinnen und Protagonisten. Vor allem aber läuft die Zeit unaufhörlich davon, und die Hoffnung, „scheibchenweise“ im Raum von GANTZ zusammengesetzt zu werden, läuft gegen Null …

Möchte Sakuraoka überleben, um mit Kei ein Liebesleben zu führen, wird auch Katos Motivation, diese Alien-Mission zu absolvieren, dargestellt. Dieser hat in der „richtigen“ Welt einen kleinen Bruder, um den er sich kümmert. In Rückblenden sehen wir, wie Kato seinen Freund Kei als Jugendlicher fragte: „Wie schaffst du es, nie zu verlieren?“, worauf dieser antwortete: „Du denkst vielleicht, dass du verlieren wirst. Und deshalb verlierst du auch.“ Jetzt aber ist Kei am Verbluten und dem Tode nahe, und Kato versucht seine Zweifel durch Tatendrang zu besiegen und sich insbesondere für seinen Bruder zu retten. Erneut geht es dabei seitenweise blutig daher. Die Panels kommen auch in diesen Szenen mit sehr wenig Text aus.

Wer jetzt denkt, das ähnele doch alles stark den vorigen Missionen von GANTZ, der mag Recht haben, doch spielt sich dieses „Gemetzel“ nur auf den ersten 128 Seiten ab. Es bleiben stolze 472 Seiten dieser Ausgabe! Keinesfalls sollte man diesen Band voreilig zur Seite legen. Aber was lesen wir auf den 472 Seiten Neues?

„GANTZ 3“ überrascht einfach ab der Seite 129. Plötzlich sehen wir Kei einsam und allein im Raum vor GANTZ sitzen. Was ist geschehen? Es folgt ein Szenenwechsel: In der „richtigen“ Welt trifft er auf die „Doppelgängerin“ von Kei Kishimoto und lernt einen verschwiegenen Austauschschüler kennen, der von allen Mädchen umgarnt wird, der aber zuallererst unseren Protagonisten Kei besuchen möchte und ihm eine Internetseite zeigt, auf der jemand über „GANTZ“ und „Das Zimmer der schwarzen Kugel“ schreibt. Kann sich Kei ihm anvertrauen? Dann überschlagen sich die Ereignisse in „GANTZ 3“. Kei wird auf die Mission gegen eine Horde an „Chibianern“ geschickt, kehrt zurück, wird aber von einem Chibianer verfolgt. Spätestens ab dem Punkt, als plötzlich ein Alien in die „richtige“ Welt eindringt und für alle sichtbar wird, muss man als Leserin oder Leser die ein oder andere eigene Theorie über den Hintergrund und den Ursprung von GANTZ einfach über Bord werfen und „neu“ denken!

Diese Ausgabe ist auf der einen Seite deutlich gewalttätiger und blutiger als die vorigen Ausgaben. Insbesondere der Versuch des Polizeiaufgebots gegen den „Unbekannten“ in der Schule ist heftig. Da fragt man sich kurz, wie der Manga bei einer Kolorierung ausgesehen hätte, beziehungsweise wie viele Rottöne auf vielen Seiten verwendet worden wären. Auf der anderen Seite überrascht die Handlung mit ihren Wendungen und der Einführung neuer Charaktere. Ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen, spielt auch die Schule von Kei und das damit verbundene – real existierende – Sorgenthema vieler japanischer Eltern eine Rolle: Wir sehen, wie Schüler oder gar Lehrer andere in der Schule quälen und welche Folgen das hat. An dieser Stelle aber vermischt der Autor Hiroya Oku gekonnt die Rollen der „Täter“ und „Opfer“. Auch die Frage nach der „Schuld“ wird in „GANTZ 3“ nicht nur mehrmals angeschnitten, sondern in einer Form behandelt, die man so nicht erwartet hätte.

Für GANTZ gehört wieder einmal – fast schon gan(t)z natürlich – dazu, dass die einzelnen Kapitel durch „Pin-ups“ getrennt werden. Neben der Ästhetik überraschen diese „Cover“ immer dann besonders, wenn auf der Seite daneben die Überreste von Aliens oder das brutale Kampfgeschehen zu sehen sind. Diese Mischung aber ist auch ein Teil dessen, warum GANTZ so skurril und gleichsam beliebt ist. In diesem „GANTZ 3“ kommt hinzu, dass die „Vierte Wand“ durchbrochen wird. Das beginnt vorsichtig damit, dass sich Kei fragt: „Bin ich hier in 'nem Manga gelandet, oder was?“ und geht dann später dazu über, dass er sagt: „Diese Welt … Der Tag der Katastrophe steht kurz bevor und unserer Welt wird nach und nach auseinanderfallen. Eine Katastrophe? (…) Zu dieser Zeit konnte ich noch nicht ahnen … dass dieses Wort mit den letzten Ereignissen direkt in Verbindung stehen würde …“

Was weiß Kei, was wir nicht wissen? Zuvor folgte man ihm und den anderen immer linear, unterbrochen lediglich durch Rückblenden. Dann aber macht er diese Ansage. Spannend und besonders gelungen ist daher diese Passage, die Hiroya Oku seinen Protagonisten im letzten Viertel der Ausgabe von „GANTZ 3“ sagen lässt.

Als Bonus erhalten wir am Ende dieser Ausgabe gan(t)ze 9 Seiten, die einen „Katzenohrianer“, eine Seite über „Brüste“, einen „Wochenplan“ des Autors, und eine „Sonderausgabe: GANTZ hinterfragt“ enthalten. Besonders spaßig ist die Sonderausgabe, da sie teilweise investigativ Hintergrundzeichnungen voriger Panels analysiert oder in der „Entspannungsecke“ ein Ausmalbild eines „Lauchianers“ zeigt, welcher den Leserinnen und Lesern sagt: „Mit Grün reicht mir“. Der Bogen zu „GANTZ 1“ wird auch noch gespannt, indem man Neues über „Miautzi-Wutzi-Süssreisklösschen“ erfährt.

Leseprobe

Fazit: In dieser Ausgabe findet sich bislang die beste Mischung aus Action, Gewalt, Splatter, der – teilweisen expliziten – Darstellung der einzelnen Beziehungen mit all ihren Höhepunkten aber auch Tiefpunkten sowie ein nicht unbedeutender Anteil von Kritik an der japanischen Gesellschaft und dem dortigen Schulwesen. Hinzu kommen die tollen Bonus-Seiten sowie viele neue unbeantwortete Fragen über das Rätsel um GANTZ und die Welt(en), in der sich die bekannten und die neuen Charaktere bewegen. „GANTZ 3“ ist der bisherige Höhepunkt der Serie, und daher empfehlenswert.

GANTZ 3
Manga
Hiroya Oku
Cross Cult 2019
ISBN: 978-3-964330-08-6
600 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 20,00

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