Frostpunk – Das Brettspiel

„Frostpunk“ erschien 2018 als PC-Spiel und kombiniert ein Aufbauspiel mit Survival-Elementen in einer alternativen Zeitlinie des Jahres 1886. Endlose Schneestürme und eisige Temperaturen prägen den Alltag und gefährden die Menschheit. „Frostpunk – Das Brettspiel“ bedient sich an dieser Grundlage und ist seit Januar 2023 erhältlich. Bis zu vier Spieler kämpfen kooperativ ums Überleben, indem sie Rohstoffe sammeln, Gebäude errichten und sich um die Versorgung der Bürger kümmern.

von Alice

„Frostpunk – Das Brettspiel“ wird allein oder mit bis zu vier Personen kooperativ gespielt. Es gibt vier Charaktere, die jeweils einen Zuständigkeitsbereich haben: einen Gesundheitsbeauftragten, einen Vorarbeiter, die Generatorenleitung und einen Gesellschaftsberater. Die anstehenden Aufgaben können  grundsätzlich von jedem übernommen werden, doch dient die Aufteilung als Hilfestellung, da es schwierig sein kann, alles auf einmal im Blick zu behalten. Zu einem, weil das Spiel eine hohe Komplexität hat, zum anderen, weil das umfangreiche Spielmaterial möglicherweise den vollständigen Tisch beansprucht.

Zunächst wählt man eines der 9 zur Verfügung stehenden Szenarien und baut das Spielfeld auf. Diese haben unterschiedliche Ausgangssituationen und individuelle Ziele, welche man erst im Laufe des Spiels erfährt. An Aufgaben mangelt es jedoch nicht, denn die Bevölkerung am Leben zu erhalten, ist allein schon knifflig genug. Es gibt gleich mehrere Möglichkeiten, wie die Mission vorzeitig enden kann: zu viele Tote durch Hunger oder Krankheit, mangelnde Moral der Bevölkerung oder der Hitze-Generator explodiert aufgrund einer Überlastung.

Gespielt wird in Runden, wobei jede Runde einen Tag darstellt, an dem jeder Spieler abwechselnd seinen Aufgabenbereich übernimmt. Zu Beginn rückt man den Rundenanzeiger einen Schritt voran und prüft, ob besondere Ereignisse eintreffen. Daraufhin wird eine Ereigniskarte ausgeführt, welche sowohl positiv als auch negativ sein kann. Dies hängt zum einen vom Glück ab, zum anderen aber auch davon, welche Entscheidungen man im Spiel getroffen hat. Man hat immer wieder die Möglichkeit, sich Vorteile zu erschaffen, die sich später rächen oder umgekehrt.

Nun steht man vor der Überlegung, mit wie viel Kohle man den Hitze-Generator befeuert. Je wärmer es wird, desto größer der Bereich, in dem die Bevölkerung nächtigen oder arbeiten kann, ohne dabei zu erfrieren. Kohle ist jedoch ein kostbarer Rohstoff und es besteht die Gefahr, dass der Hitze-Generator überlastet wird. Dies wird bestimmt, indem man die verwendeten Kohlemarker aus Holz durch den Hitze-Generator kullern lässt, der an einen Würfelturm erinnert. Hat man Glück, schaffen es nur wenige bis nach unten, was sich aber zu einem späteren Zeitpunkt rächen kann. Das ist eine originelle Idee, die zugleich einen eindrucksvollen Anblick auf dem Tisch bietet. Alle Kohlestückchen, die es nach unten geschafft haben, legt man bei sich ab, bis eine gewisse Anzahl überschritten wird und der Hitze-Generator explodiert. Man hat allerdings jeden Tag Gelegenheit, die Belastung wieder zu reduzieren. Nun wird überprüft, wie sich die Temperatur entwickelt, wobei davon ausgehen kann, dass es immer kälter wird – die Frage ist nur: wie viel. Außerdem rückt ein Sturm näher, der für Verwüstung sorgen wird.


Als nächsten Schritt legt man fest, welche individuelle Charakterfähigkeit man nutzt. Diese sind meist recht teuer, können aber jede Runde verwendet werden und sind in bestimmten Situationen nützlich. Daraufhin geht es Los mit dem Aufbau der Basis. Zur Auswahl stehen Arbeiter, Ingenieur und Kinder, welche unterschiedliche Zuständigkeitsbereiche haben. Ingenieure sind am flexibelsten, da sie alle Aufgaben übernehmen können, weshalb man meist zunächst die Arbeiter zuweist, von den in der Regel mehr zur Verfügung stehen. Kinder können manchmal einfache Tätigkeiten übernehmen. Grundsätzlich müssen folgende Aufgaben verteilt werden: der Bau von Gebäuden, die Nutzung von Gebäuden unter anderem für die Förderung von Rohstoffen oder die Versorgung mit Medizin und Nahrung, das Sammeln von Rohstoffen, der Aufbruch zu Expeditionen oder die Erkundung der Gegend, wodurch sich das Spielbrett durch Plättchen Stück für Stück vergrößert. Außerdem können Gesetze beschlossen werden, die dauerhaft Vorteile bringen, welche jedoch auch ihren Preis haben. Nach diesem Schritt kommt es zur Auswertung weiterer Ereignisse und es wird überprüft, ob genug Nahrung und beheizte Unterkünfte zur Verfügung stehen. Neben all diesen Aufgaben gilt es durchgehend darauf zu achten, was Ziel des Szenarios ist.

Anhand dieses umfangreichen Spielablaufs wird schnell klar, dass selbst bei vier Spielern jeder ausreichend beschäftigt ist. Da die Aktionen fließend ineinander übergehen, ist man ununterbrochen Teil des Spiels und hat keine Wartezeiten. Die Abläufe werden ausführlich und verständlich in der Spielanleitung erläutert und durch übersichtliche Grafiken unterstützt. Nur vereinzelt gibt es Unklarheiten, da manche Formulierungen widersprüchlich zu sein scheinen. Jeder der vier Charaktere erhält eine Regelübersicht, die auf die eigenen Aufgabenbereiche zugeschnitten ist. Diese sind eine große Bereicherung für einen angenehmen, runden Ablauf trotz der hohen Komplexität. Für die Szenarien gibt es eine eigene Anleitung, die auf die Szenarien-spezifischen Regeln eingeht. Angesichts der Komplexität ist eine Altersempfehlung von 16 Jahren angemessen, da es sich an erfahrene Spieler richtet, die gern mehrere Stunden am Stück grübeln. Die angegebene Spieldauer von 90 bis 160 Minuten sollte man lieber verdoppeln oder sogar verdreifachen, da es nicht realistisch ist, ein bisher unbekanntes Szenario in dieser Zeit abzuschließen. Schon allein der Aufbau benötigt rund 30 Minuten.


Wer bereit ist, sich auf ein solch zeitintensives Spiel einzulassen, wird reichlich belohnt. Selbst für Erfahrene bringt es Abwechslung und ein neuartiges Spielgefühl. Die Szenarien sind vielfältig und auch bereits bekannte Szenarien haben einen hohen Wiederspielwert, da es genug Zufallsfaktoren gibt, die den Verlauf ändern, und man vermutlich ohnehin mehrere Versuche benötigen wird, bis man es schafft, denn der Schwierigkeitsgrad ist vom ersten Szenario an sehr hoch angesetzt. Dies hat einen Wiedererkennungswert mit dem PC-Spiel, kann aber auch frustrierend sein. Insbesondere für den Einstieg wäre es wünschenswert, wenn der Schwierigkeitsgrad geringer wäre. Aktuell hat man nur dann eine Chance, wenn man den Ablauf der missionsspezifischen Ereignisse bereits möglichst gut kennt, um sich ausreichend darauf vorzubereiten. Außerdem benötigt man Glück bei allem, was auf Zufall basiert. Ist das nicht der Fall, hat man schon verloren.

Zufallsfaktoren gibt es mehrere. Diese sorgen für eine angenehme Abwechslung, jedoch kann es demotivierend sein, wenn man zu sehr von Glück abhängig ist. Zu den Zufallsfaktoren gehören: Ereigniskarten, die man zweimal pro Runde ausführt, die zur Verfügung stehenden Ressourcen nach Erkundung der Gegend, zur Auswahl stehende Gesetze, Forschungen und die Handkarten. Je nach Situation passen diese mal gut oder auch weniger. Es gibt genug strategische Ansätze, sodass man fast immer einen Ausweg finden kann, manchmal jedoch gerät man in eine Sackgasse. Doch selbst für erfahrene Spieler sind die Szenarien äußerst schwierig, sodass man sich am besten Hausregeln ausdenkt, um den Schwierigkeitsgrad zu verringern. Ein guter Ansatz wäre den Moral-Malus durch Tod von Bürgern zu reduzieren oder vom Beginn an mehr erkundende Plättchen zu haben.

Es gibt übrigens eine kostenlose App, die man zusätzlich verwenden kann. Diese führt die Spieler durch die einzelne Phasen und ersetzt den Wetterkartenstapel. Dies funktioniert grundsätzlich gut, vereinzelt hätte man noch Informationen ergänzen können, um für mehr Übersicht zu sorgen und da der Platz vorhanden gewesen wäre. Durch die App kann man stimmungsvolle Hintergrundmusik aus dem PC-Spiel erklingen lassen. Außerdem erhält man die Möglichkeit zu handeln, was sich als sehr nützlich erweisen kann. Für jedes Szenario gibt es eine zufällige Auswahl an Angeboten mit einem fairen Tauschverhältnis. Führt man einen Handel durch, erscheint danach ein neues Angebot. Außerdem kann man durch häufiges Handeln zusätzliche Boni freischalten. Die App enthält die vollständige Spielanleitung, somit können mehrere gleichzeitig etwas nachschlagen, was durchaus vorkommen kann.


Das Brettspiel basiert auf dem PC-Spiel „Frostpunk“, welches 2018 erschienen ist. Für das Verständnis der Regeln ist es nicht notwendig, die Vorlage zu kennen, doch Fans können sich freuen, denn die Stimmung des PC-Spiels wird gut eingefangen und es zeigt sich beim Ablauf der Spielrunden ein hoher Wiedererkennungswert. Hinzu kommt ein optisch ansprechendes Spielmaterial, das zudem von guter Qualität ist. Die Holzfiguren haben passende Farben und Formen, was die Handhabung angenehm macht.

Die Ereigniskarten sind schön groß, sodass die umfangreichen Informationen ausreichend Platz finden. Die Pappe des Spielbretts ist stabil, weshalb man noch lange neue Szenarien damit wird aufbauen können. Gespart wurde am Inlay, das zur Hälfte wunderbar funktioniert und zur anderen Hälfte nicht existiert. Die Karten und der Hitze-Generator haben einen fest vorgesehen Platz, das übrige Spielmaterial liegt lose herum, weshalb man auf eigene Beutelchen oder Ähnliches zurückgreifen muss.

Enthaltenes Spielmaterial:
- 20cm großer Würfelturm (Generator)
- 1 Generator-Plättchen
- 35 Sektor-Plättchen
- 12 Spielplanumrandungen
- 7 Tableaus
- 310 Karten
- 178 Ressourcen und Figuren aus Holz
- 185 Marker und Plättchen
- 2 Stoffbeutel
- 1 Spielanleitung (DE)
- 1 Szenarien-Anleitung
- 4 Spielerübersichten

Fazit: „Frostpunk – Das Brettspiel“ bietet selbst für erfahrene Spieler reichlich Abwechslung und ein neuartiges Spielgefühl. Trotz hoher Komplexität zeigt sich der Ablauf sehr angenehm, was der einzigartigen Regelübersicht für die Charaktere zu verdanken ist. Der Schwierigkeitsgrad ist von Beginn jedoch so hoch, dass man in Erwägung ziehen sollte, Hausregeln einzuführen, um diesen etwas zu verringern.

Frostpunk – Das Brettspiel
Brettspiel für 1 bis 4 Spieler ab 16 Jahren
Adam Kwapinski
Pegasus Spiele 2023
EAN: 4250231729515
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 99,99

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