Frontiersmen 1: Höllenflug nach Heaven’s Gate

„Frontiersmen“ ist ein Space Western. Statt mit der Postkutsche oder dem Planwagen reist man mit dem Raumschiff, die Indianer haben grüne Haut und auch ansonsten werden alle typischen Westernelemente und Klischees ins All transportiert …

von Andreas Loos

John Donovan bezeichnet sich selbst als Frontiersman, einer der Pioniere, die entlegene Kolonien der Menschen am Rand der Zivilisation besiedeln. In seinem Fall bedeutet das, dass er mit seinem in die Jahre gekommen Schiff die Planeten und Stützpunkte mit Waren versorgt und als Freihändler und Schmuggler tätig ist. Donovan erinnert direkt an Han Solo aus „Star Wars“ oder Malcolm Reynolds, den Captain der Serenity aus „Firefly“. Auch die übrige eingeschworene Besatzung des Schiffes, das über eine mysteriöse Künstliche Intelligenz namens Mary-Jane verfügt, folgt den üblichen Klischees. Der alte Mechaniker, der schon ewig mit dem Schiff unterwegs ist, der junge Computercrack, die junge Abenteuerin, die als Pilotin und Mädchen für alles fungiert. Diese Positionen sind echte Klassiker.

Dass Donovan als Gauner mit dem Herzen aus Gold chronisch klamm ist, gehört irgendwie auch dazu. Ein Gangsterboss, der eine alte Schuld notfalls mit Gewalt bei ihm eintreiben will, ist Grund genug, um sich auf eine riskante Reise zur entlegenen Koloniewelt Heaven’s Gate zu begeben, um dort ein paar Passagiere abzuliefern. Leider macht ein außerirdischer Kriegsherr vom Volk der Peko den Sektor unsicher. Die Peko sind für ihre Grausamkeit bekannt, aber das schreckt Donovan nicht ab, denn die gut zahlenden Passagiere sorgen dafür, dass sich seine Probleme durch diesen Flug in Wohlgefallen auflösen könnten. Jedoch hat auch der ein oder andere Passagier, der an Bord kommt, ein Geheimnis im Gepäck, das die Reise verkomplizieren könnte.

Der Autor hat sich nach eigenen Angaben von dem alten Filmwestern „Stagecoach“ von John Ford inspirieren lassen. Wer den Film kennt, wird einige Personen beziehungsweise deren Typus wieder erkennen. Was dem vorliegenden Werk im Vergleich zum Film und dessen vorangegangenen Vorlagen in Romanform zu einem großen Teil abgeht, ist die große Dosis Moralin, da auf die Rolle der Prostituierten verzichtet wurde. Auch in „Frontiersmen“ werden natürlich von einigen der Protagonisten bornierte Ansichten gepflegt. Gerade diese Personen erweisen sich aber oft den Gefahren und Strapazen der Reise nicht gewachsen. Im Mittelpunkt stehen jedoch ganz klar der Captain und seine Mannschaft.

Ansonsten wird der Wilde Westen einfach in den Weltraum versetzt. Die Raumkavallerie bewacht die Raumrouten, große Konzerne beuten in rücksichtsloser Kapitalistenmanier Minenarbeiter bis auf Blut aus. Geschossen wird mit futuristischen Revolvern und Repetiergewehren. Raumstationen sind nicht mehr als einsame Wegposten, die von der Außenwelt abgeschnitten sind, da es keine überlichtschnelle Kommunikation gibt. Der technologische Hintergrund, den der Autor präsentiert, ist richtig gut durchdacht, und hat mir sehr gut gefallen. Es ist natürlich keine harte SF, aber das sollte auch keiner erwarten.

Besonders gut haben mir die hier auftretenden „Indianer“ gefallen. Diese sind recht ambivalent angelegt. Auf der einen Seite verdanken die Menschen den Peko die Geheimnisse der interstellaren Raumfahrt, auf der anderen Seite schlägt diese von den Menschen an den Rand der Vernichtung gedrängte Rasse erbarmungslos zurück.

Der Autor schreibt diesen Roman unter dem Pseudonym Wes Andrews. Tatsächlich verbirgt sich dahinter ein routinierter Schriftsteller, der bereits auf eine erfolgreiche Kariere als Übersetzer und Autor fantastischer Romane zurückblicken kann. Der Bastei-Lübbe-Verlag und der Autor waren jedoch der Ansicht, dass die Kunden bei einem Urheber mit englisch klingenden Namen eher zugreifen würden. Das weit verbreitete Vorurteil, dass gute Science Fiction beziehungsweise gute Western nur jenseits des großen Teichs produziert werden, zeigt hier einmal mehr sein hässliches Gesicht. Wenn möge bedenken, dass vor allem Karl May in Deutschland den Western erst salonfähig gemacht. Meine persönliche Erkenntnis in diesem Bereich ist übrigens die, dass auch jenseits des Atlantiks zwischen echten Perlen, die man getrost als Meilensteine des Genres bezeichnen kann, viel bestenfalls durchschnittliche Kost zu finden ist.

Fazit: Der Titel ist schon die prägnanteste Inhaltsangabe für diesen Weltraumwestern. Bei dieser Reise zur Kolonie Heaven’s Gate geht alles schief, was nur schief gehen kann. Geschickt werden gängige Westernklischees, seien es die Protagonisten oder auch typische Elemente der Handlung, zu einer gelungenen Geschichte zusammengesetzt. Die einzelnen Elemente dürften dem versierten Leser alle bekannt sein. Nur selten gelingt es dem Autor, eine wirklich überraschende Wendung einzubauen. Das sehe ich jetzt aber nicht unbedingt als negativen Kritikpunkt. Der Schreibstil ist abwechslungsreich und regt das Kopfkino gut an. Es wird Zeit, den Colt umzuschnallen und das Raumschiff zu den Grenzen des bekannten Weltraums zu besteigen.


Frontiersmen 1: Höllenflug nach Heaven’s Gate
Science-Fiction-Roman
Wes Andrews
Bastei Lübbe 2015
ISBN: 978-3-404-20797
411 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 8,99

bei amazon.de bestellen