Firefly: Großer, verdammter Held

2002 brachte Joss Whedon, damals Dank „Buffy – Im Bann der Dämonen“ und „Angel – Jäger der Finsternis“ ein großer Name in der TV-Landschaft, eine ambitionierte Fernsehserie auf den Bildschirm: „Firefly – Der Aufbruch der Serenity“, eine Mischung aus Weltraumabenteuer und Western, erdig, clever, mit starken Effekten und guten Schauspielern. Die Serie floppte am Markt. Trotzdem hatte sich nach nur 11 ausgestrahlten Folgen ein Fandom entwickelt, das immer größer werden sollte. Eins, das noch heute existiert. Eins, dem wir letztlich diesen Roman verdanken.

von Bernd Perplies

Nach allen Regeln der Logik sollte „Firefly“ ja bereits nach seiner Absetzung 2003 sang- und klanglos verschwunden sein. Doch die Geschichte um den ehemaligen Freiheitskämpfer Malcolm Reynolds, der mit seinem heruntergekommenen Frachter der Firefly-Klasse „Serenity“ und einer bunt gemischten Truppe Außenseiter im All unterwegs ist, konnte ein unglaublich treues Fandom gewinnen. So geschah nach überdurchschnittlich guten DVD-Verkäufen schon 2005 das nächste Wunder: „Firefly“ kehrte als Kinofilm zu den Fans zurück, wobei „Serenity – Flucht in neue Welten“ offene Handlungsstränge der TV-Serie aufgriff und beendete. Der Film wurde durchaus wohlwollend aufgenommen, sein Erfolg war aber nicht groß genug, um dem Franchise einen grundsätzlichen Schub zu verleihen.

Seitdem fristet „Firefly“ das typische Nischendasein, das so einige im Grunde schicke Franchises ereilt hat, die einfach nicht die kritische Masse an Fans erreichen konnten, um groß durchzustarten. Zu wenig zum leben, zu viel, um zu sterben. Immer mal wieder erscheint ein neuer Comic. Natürlich gibt es Merchandise wie T-Shirts, Funko-Figuren und Kühlschrankmagneten. Gale Force Nine hat ein sehr schickes Brettspiel umgesetzt, ein paar andere Anbieter weniger erfolgreiche Versuche unternommen, Malcolm Reynolds und seine Crew auf den Spieltisch zu bringen. Und jetzt, nach 16 Jahren (der englischsprachige Roman erschien 2018), die Premiere: „Firefly“ wird in Romanform weitererzählt. (Begleitet von einem kleinen Schub an „Sachbüchern“, die den Fans „Firefly“ offenbar wieder ins Gedächtnis rufen sollen.)

Wobei „weitererzählt“ das falsche Verb ist. „Großer, verdammter Held“ ist keine Fortsetzung des Kinofilms, sondern ergänzt vielmehr die eine TV-Serien-Staffel um eine weitere Episode. Entsprechend beginnt der Roman auch eher beschaulich. Mal und seine Leute befinden sich auf Persephone – oder genauer in den Eavesdown Docks, wo unter anderem der schmierige Hehler Badger residiert – und lassen sich dort für einen neuen Job anheuern. Sie sollen für Badger Bergbausprengstoff transportieren, der natürlich nicht ganz so stabil ist, wie er laut Handbuch sein sollte. Das fühlt sich an wie der typische Einstieg in eine „Firefly“-Episode, sodass sich der Leser gleich heimisch fühlt, auch weil alle Figuren – vom mürrischen Jayne über die eigenartige River bis zum flippigen Wash – gut getroffen sind.

Gleichzeitig feiert man auf Persephone den „Tag der Allianz“, eine wilde Sause, die an den Sieg der Allianz vor ein paar Jahren über die unabhängigen Welten mit ihren „Browncoat“-Widerstandskämpfern erinnern soll. Für Mal und seine Leute, die auf der Seite des Widerstands waren (oder im Krieg Unterweltgeschäfte getätigt haben), nicht gerade ein Anlass zum feiern. Das geht auch vielen anderen verbitterten Ex-Widerständlern so. Manchmal entlädt sich der Frust in Kneipenschlägereien – und manchmal in Hetzjagden auf vermeintliche Verräter aus Zeiten des Krieges, die dann der Lynchjustiz zum Opfer fallen sollen. Genau eine solche Gruppe von Fanatikern entführt unvermittelt Mal. Und während sich seine Freunde mit einer tickenden Bombe im Frachtraum auf die Suche nach ihrem Captain machen, geht es für den buchstäblich um Kopf und Kragen.

Der Roman beginnt, wie schon erwähnt, etwas gemächlich. Lange Zeit sind Mal und seinen Leute vor allem in den Eavesdown-Docks unterwegs, und man beginnt sich schon zu fragen, ob die „Serenity“ – und mit ihr der Roman – überhaupt noch abhebt. Zur Beruhigung: Sowohl das Tempo als auch die Spannung werden anziehen. Allerdings bleiben die Action und das Drama stets auf „Firefly“-TV-Serien-Niveau. Bilder im Kinoleinwandformat beschwört Autor James Lovegrove, der den Roman nach einem Konzept von Nancy Holder verfasst hat, nicht herauf. Was durchaus seriengetreu ist, aber auch ein wenig verschwendetes Potenzial.

Interessant für den Fan dürfe vor allem der Blick in Mals Vergangenheit sein. Ab der Buchmitte erfahren wir einiges über seine Jugend auf Shadow vor vielen Jahren. Dass er mit drei anderen jungen Leuten befreundet war und diese nur Mist gebaut haben. Wie er sich mit dem Sheriff vor Ort anlegte. Wie er mit einem anderen Jungen um ein Mädchen buhlte, seine erste große Liebe. Dass aus Spaß im Laufe der Zeit tödlicher Ernst wurde. Und wie am Ende der Unabhängigkeitskrieg diese Jugendphase beendet hat. Das liest sich durchaus spannend und vor allem unterfüttert es gelungen das Geschehen in der Jetzt-Zeit. Es scheint aber auch nötig gewesen zu sein, um überhaupt 350 Seiten zu füllen. Denn die Hauptstory ist schon recht gradlinig.

Fazit: „Firefly: Großer, verdammter Held“ macht eigentlich viel richtig. Die Figuren fühlen sich echt an, das Universum ist gut getroffen, der Konflikt passt nahtlos in die TV-Serie hinein. Man kann sich das Ganze gut als Doppelfolge vorstellen. Richtig mutig ist James Lovegrove allerdings nicht. Vielleicht durfte er es auch nicht sein. Große Entwicklungen fehlen ebenso wie große Bilder. Da wäre in einem Roman, der kein Problem mit Budget für Spezialeffekte hat, mehr drin gewesen. Leser, die keine Affinität zum Franchise haben, dürften von dem Roman nicht unbedingt zu „Firefly“ bekehrt werden. Aber langjährigen Fans, die der Mangel an neuen Geschichten schon immer betrübt hat, bietet er einen netten, gefühlsechten Trip ins „Firefly“-Universum.

Firefly: Großer, verdammter Held
Film-/Serien-Roman
James Lovegrove, Nancy Holder
Panini Books 2019
ISBN: 978-3-8332-3771-3
352 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 15,00

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