Everything I need to know I learned from Dungeons & Dragons

Wäre der Titel Programm, dann würde „Everything I need to know I learned from Dungeons & Dragons“ quasi die motivierende Variante des Filmes „Labyrinth der Monster“ (1982) sein. Dass es auch anders geht, beweist Shelly Mazzanoble in ihrer zweiten Veröffentlichung.

von Lars Jeske

Wenn man häufiger Bücher liest, dann glaubt man früher oder später, nicht mehr überrascht werden zu können. „Everything I need to know I learned from Dungeons & Dragons – One Woman’s Quest to Turn Self-Help into Elf-Help“, so der etwas sperrige Titel, belehrt einen eines Besseren. Shelly Mazzanoble hat einen Abschnitt ihrer persönlichen Biographie (später auch Familiensituationsbewältigungstherapie) unter das Label von „Dungeons & Dragons“ gestellt. Die enge Verbindung persönlicher Erlebnisse mit einer speziellen Thematik ist nicht erst seit dem populären „Fever Pitch“ von Nick Hornby immer wieder gewählt worden, hier gibt es eben eine Verknüpfung mit der Mutter aller Pen-&-Paper-Rollenspiele „Dungeons & Dragon“. (Anmerkung: „Fever Pitch“ war das Romandebüt von Nick Hornby 1992, in welchem er Momente seines Lebens mit Fußballspielen seines Heimteams Arsenal London verknüpft.)

Die Autorin des mir im amerikanischen Original vorliegenden Buches holt erst einmal etwas weiter aus, bevor die kurze Überschneidung mit „D&D“ angerissen wird. Sie ist jetzt späte 30 und durch ihren neuen Job bei Wizards of the Coast kommt sie stark mit „D&D“ in Berührung, einem Spiel, welches sie zwar schon kannte, aber worin sie kein Profizocker war. (Ebenso „Magic:TG“, aber das bleibt hier eine Randnotiz und kann gegebenenfalls Thema eines weiteren Buches werden.) Durch die Art und Weise des Herangehens ans Thema wird einem schnell klar, dass es hier vornämlich um eine Selbstinszenierung geht, die zufällig etwas mit „D&D“ zu tun hat. Man erfährt viel über die Autobiografin und wenig über das Spiel. Obwohl schon älter, verhält sie sich wie ein Twentysomething ohne bereits den persönlichen Lebenszweck entdeckt zu haben. Dadurch bekommt man eher das Gefühl, einer Identitätskrise oder Profilneurose beizuwohnen. Hinzu kommt ein sehr inniger Bezug zu ihrer Mutter (mindestens zwei Anrufe pro Tag), welche ihr auch mit genügend Ratgebern in diversen Buchzusendungen seit Jahren liebevoll auf den Keks geht. – Dennoch gibt es ein paar gute Passagen im Buch und auch kommt Shelly Mazzanobles Begeisterung für „D&D“ sehr gut rüber.

Stilistisch ist die gewählte Sprache verständlich, Mazzanobles mitunter etwas rauen Umgangston ist leicht zu folgen. Optisch wurden diverse Schriftarten und Hintergründe gewählt, um einzelne Segmente von einander abzugrenzen. Hier gibt es somit einen richtigen Designbonus, der nur auf Extremisten zu aufdringlich und nervig wirkt. Dieser Stil unterstreicht zugleich, dass der Inhalt keine durchchoreographierte, abgeschlossene Geschichte ist. Im Gegenteil: Es ist eher ein Blog in Form von Gedankenfetzen, Gedankensprüngen und Anekdoten in keiner notwendigen Erzählreihenfolge. Es sind kurze Happen für unterwegs. Daran krankt meiner Meinung auch nach das Gesamtwerk. Inhaltlich ist es dadurch eher ein Tagebuch, welches die Welt nicht braucht, und das Thema, welches der Buchtitel suggeriert, wird nicht vollends getroffen.

Fazit: Neurosen wollen gepflegt werden. „Everything I need to know I learned from Dungeons & Dragons“ ist quasi ein Auszug aus der Biographie einer Ally McBeal im „D&D“-Universum; oder Carrie Bradshaw, weil sie nicht weiß, ob sie sich binden will. Was bringt einem diese Lektüre? Nun, neben ein paar Schmunzlern weiß man hinterher, dass im Prinzip jedes Hobby, wenn nicht sogar jede Tätigkeit, derart in Schriftform umgesetzt und auf das eigene Leben bezogen werden kann. Ein guter oder origineller Schreibstil ist auch nicht sonderlich wichtig, wie vorliegendes Beispiel belegt. Das Buch ist nicht dick genug, um es nach der Hälfte wegzulegen, denn die paar Seiten schafft man dann auch noch. Nett für zwischendurch, wenn man sich gerade nicht auf mehr als ein paar zusammenhängende Seiten konzentrieren kann oder will.


Everything I need to know I learned from Dungeons & Dragons
Sachbuch
Shelly Mazzanoble
Wizards of the Coast 2011
ISBN: 978-0-7869-5775-0
181 S., Taschenbuch, englisch
Preis: $ 12,95

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