Die Stunde der Helden

Der junge Geschichtenerzähler Felahar macht sich auf, um in den Nordlanden Abenteuer zu erleben und die dort bekannten „Helden“ zu finden. Doch schnell stellt er fest, dass die Helden sich nicht so verhalten, wie er gedacht hat, und dass ihre Abenteuer weniger glamourös sind als in seinen Vorstellungen.

von Ansgar Imme

Der kleine Mantikor-Verlag hat sich neben Rollenspielen aus der zweiten oder dritten Reihe vor allem mit Solo-Abenteuerspielbüchern im Stil von „Einsamer Wolf“ einen Namen gemacht. Nicht zuletzt die beiden hervorragenden Bände „Das Feuer des Mondes“ und „Reiter der Schwarzen Sonne“ erlebten bereits mehrere Auflagen. Daneben veröffentlichen sie aber mittlerweile auch immer wieder Romane aus den phantastischen Genres Horror, Fantasy und Sciene-Fiction. Und eines davon ist vom deutschen Autor Jörg Benne. Der 46-jährige hat sich vor allem auf phantastische Romane spezialisiert und mittlerweile auch zwei Spielbücher veröffentlicht. Damit passt er gut zum Mantikore-Verlag, in dem seine Publikationen seit 2015 erschienen sind.

Handlung

Der Leser begleitet den Geschichtenerzähler Felahar, welcher das Leben in der Stadt satt hat und lieber Abenteuer erleben und echte Helden kennenlernen möchte. Der übergewichtige Felahar ist selbst eigentlich gar nicht für solche Erlebnisse geeignet, möchte aber aus seinem Leben ausbrechen. So ist er in die Nordlande gereist, um nach „den Helden“ zu suchen, welche dort bei den Menschen bekannt sind und bereits vielen helfen konnten. Er lernt schließlich die drei ganz unterschiedlichen Männer Huk, Wim und Dalagar kennen. Diese bieten ihm an, sie auf ihren Reisen und Abenteuern zu begleiten.

Bereits beim ersten Auftrag muss Felahar jedoch feststellen, dass es nicht immer um große, weltumspannende Abenteuer geht, sondern auch ganz kleine Aufträge auf „die Helden“ warten. Ein Folgeauftrag verwickelt Felahar und „die Helden“ jedoch in große Gefahr, denn ihr Auftraggeber hat sich mit einer Verbrechergilde angelegt. Bei ihrer Flucht müssen sie sich ganz unterschiedlichen Herausforderungen stellen und stets neue Bündnisse eingehen. Doch die größte Aufgabe wartet auf sie, als es sie an die Grenze zu den Landen der wilden Varoki verschlägt. Wenn die letzte Festung fällt und die Varoki in die Nordlande eindringen, sind viele Menschen gefährdet. Und so machen sich „die Helden“ und Felahar auf und an die Verteidigung der Festung. Doch werden sie überleben oder wie die meisten Helden am Ende sterben?

Bewertung

Die etwas mehr als 400 Seiten des für sich stehenden Romans fliegen geradezu dahin. Die Grundidee, dass der Ich-Erzähler Felahar echte Helden kennenlernen will und dann seine Erwartungen nicht erfüllt werden, ist durchaus mal etwas anderes. Vor allem seine erste Erfahrungen mit den Helden führen auch dem Leser vor Augen, dass das normale Heldenleben nicht immer glorreich ist. Die dann folgende Handlung ist nicht besonders originell. Aber trotzdem schafft es der Autor gut, die Spannung zu halten. Speziell der Mittelteil um die Verbrechergilde „Das Syndikat“ bietet einen guten Spannungsbogen, abwechslungsreiche Ereignisse und eine nicht sofort vorhersehbare Handlung. Dabei werden auch brutale Ereignisse nicht ausgespart und das Leben einer mittelalterlichen Welt deutlich gezeigt.

Gut gelungen sind die Einwürfe zur Vergangenheit Dalagars, eines der Helden. Durch diese Erzählungen lernt der Leser sowohl dessen Hintergrundgeschichte als auch die seiner Kameraden und das gemeinsame Zusammentreffen kennen. Ein leichter Bruch entsteht nach etwa zwei Drittel des Buchs, wenn die Syndikat-Geschichte fast urplötzlich endet und die Helden an die Grenze der Nordlande verschlagen werden und sich der eindringenden wilden Horden widmen müssen. Dies nimmt leider ein wenig die ursprüngliche Spannung um das Syndikat und führt zu einer Handlung, die bis auf kurze Erwähnungen keine Rolle im Roman gespielt hat. Hier werden auch noch mal neue Nebencharaktere in die Handlung eingebracht, zu denen man kaum eine Beziehung aufbaut. Dieses letzte Drittel ist nicht langweilig, aber bricht eben die Geschichte. Dafür führt sie noch mehr als zuvor die Gefahren des Helden-Daseins vor Augen und schließt sogar mit einem recht traurigen Ende.

Von den Figuren lernt der Leser natürlich vor allem Felahar und die drei Helden etwas kennen, indem ihre Motive, ihr Auftreten gegenüber anderen Personen sowie ihre Vergangenheit dargestellt werden. Dabei geht es nicht so sehr in die Tiefe, und richtige Sympathie sowie ein Mitfühlen mit den Schicksalen der Charaktere entwickelt man nur begrenzt. Leider wird das Los der Helden oft auch nur in wenigen Sätzen erwähnt. Die Figurenausarbeitung ist aber anscheinend auch nicht das Ziel des Autors, ebenso wenig wie die Beschreibung der Orte, an denen die Handlung spielt. Dies bleibt oft im Allgemeinen. Im Mittelpunkt steht vielmehr die Geschichte und das Schicksal von Helden. Und dabei trifft er recht gut das Tempo und holt den Leser mit einer unterhaltsamen und spannenden Geschichte ab.

Fazit: Der Leser darf hier nicht zu viel erwarten. Weder die Welt, noch die Orte oder Personen sind besonders detailliert ausgearbeitet. Aber wer eine abwechslungsreiche mittelalterliche Geschichte mit leicht phantastischem Einschlag lesen und einfach ein paar Stunden Ablenkung möchte, ist mit dem Roman von Jörg Benne gut beraten.

Die Stunde der Helden
Fantasy-Roman
Jörg Benne
Mantikore Verlag 2015
ISBN: 978-3-96188-042-3
340 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 13,95

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