von Sabrina
Zum Spiel
Die „Ratten von Wistar“ ist ein Worker-Placement-Spiel, welches sich einem Rondell-Mechanismus bedient, den ihr vermutlich bereits aus anderen Spielen kennen dürftet. Zum Beispiel von „Tiletum“, „Navegador“ oder „Terracotta Army“. Es gibt sechs unterschiedliche Hauptaktionen und weitere Nebenaktionen auf dem Rad. Das Rad wird in jeder Runde weiterbewegt, um so andere Kombinationen zu erzeugen. Ihr platziert jeweils eine eurer 3 Chefratten abwechselnd auf dem Rondell und aktiviert damit jeweils eine Haupt- und eine oder mehrere Nebenaktionen.
Neu ist, dass ihr sogenannte Arbeiter (ich glaube, es sind Mäuse :-) ) benötigt, um die Hauptaktionen des Rondells überhaupt aktivieren zu können. Je mehr Arbeiter im jeweiligen Bereich platziert sind, desto öfter aktiviert ihr die Aktion. Stehen beispielsweise 3 eurer Arbeiter im Wald und aktiviert ihr mit eurer Chefratte die Aktion, so erhaltet ihr 3 Holz. Am Anfang stehen euch 2 dieser Arbeiter zur Verfügung. Mehr erhaltet ihr, indem ihr für euer „Personal“ Schlafräume ausgrabt und diese mit Betten bestückt. Denn nach getaner Arbeit wollen diese schließlich auch gut nächtigen können. Des Weiteren gibt es noch eine Reihe freier Aktionen, wie das Einsetzen unterschiedlicher Marker oder das Platzieren neuer (freigeschalteter) Arbeiter auf dem Spielplan.
Ein weiteres Herzstück des ist Spiels ist das Entdecken von Erfindungskarten, die euch Vorteile und Voraussetzungen für die Erfüllung von Missionen und Unterstützungen bringen, sowie für das Erkunden des Hauses. Beim Entdecken des Hauses müsst ihr Bewegungspunkte einsetzen, um Türen zu öffnen, Raumkarten mit Mission zu entdecken oder Gastmäuse zu euch einzuladen. All diese Aktionen geben euch Sofortboni, dauerhafte Effekte oder Punkte am Ende des Spiels.
Nach 5 Runden, sprich 15 Zügen, endet eine Partie „Die Ratten von Wistar“. Das dauert etwa 90 Minuten. Wer dann die meisten Siegpunkte eingeheimst hat, gilt als cleverste Ratte und gewinnt das Spiel. Und da führen viele Wege nach Rom, äh, in die Rattenkolonie. Es gibt Siegpunkte durch Bonusfelder, Bettplättchen, gegrabene Räume, Gastmausplättchen, Erfindungskarten, Endwertungs-Effekte, den Besitz des fortgeschrittenen Elektrizitätsmarkers, restliche Ressourcen und Karten auf der Hand sowie zu guter Letzt für nicht genutzte Jokermarker.
Das Thema ist erfrischend neu und die Grafik wirklich sehr schön gelungen. Mir gefällt sie ausgesprochen gut. Die niedliche Grafik darf aber nicht davor täuschen, dass es sich hier um einen echten Hirnzwirbler handelt. Es gibt viele taktische Möglichkeiten. Konzentriere ich mich eher auf die Erfindungskarten, auf Punkte über mein persönliches Tableau sammeln, oder gehe ich auf große Entdeckungstour im Haus, um mir zum Beispiel die Sofortboni vor den anderen zu sichern? Und dann kommen mir meine Mitspielenden auch noch in die Quere, weil sie genau das machen, was ich eigentlich tun wollte. Verzwickt noch mal. Die unterschiedlichen Mechaniken und Spielwege gefallen mir sehr gut und lassen viele Möglichkeiten zu, an Siegpunkte zu kommen und das eigene Spiel zu gestalten. Die zahlreichen Karten und modulare Aufbaumöglichkeiten sorgen immer wieder für Abwechslung. Die Lernkurve ist sehr hoch, auch wenn die Regeln nicht kompliziert sind. Wenigspielende sind damit mit Sicherheit überfordert. Sogar wir Vielspielende kamen um die ein und andere Grübelphase nicht herum. Mit Grüblern am Tisch ist „Die Ratten von Wistar“ definitiv kein Spiel für eine schnelle Runde und auch zu viert kann die Downtime recht hoch werden.
Die „Macher“ haben sich mit Sicherheit etwas dabei gedacht, dass die Gastmäuse verdeckt sind und man sie ungesehen nehmen muss. Ich persönlich bin unglücklich damit. Vielleicht werden wir in den nächsten Partien einfach mit offenen Kärtchen spielen und schauen, wie sich das Spiel dadurch verändert. Ich hatte ein paar Mal Pech, dass mir die Gastmäuse gar nichts gebracht haben und ich einerseits unnötig Bewegungspunkte investiert habe, und anderseits auch noch einen der wenigen Plätze mit der Gastmaus blockiert habe. Bei insgesamt nur 15 Zügen fühlt sich das nicht gut an. Ebenso bevorzuge ich, eine größere Auswahl an Startkartensets (2 zufällige Erfindungskarten) bereit zu legen. Da kann man nämlich schon sehr viel Glück oder eben auch Pech haben, wenn man zum Schluss das nehmen muss, was übrig bleibt. Bei den Erfindungskarten ist an sich schon ein hoher Glücksfaktor vorhanden. Kommen die Karten, die ich für die Erfüllung von Missionen brauche, im richtigen Moment? Kann ich mir diese überhaupt leisten oder schnappt mir eine/r die Karte direkt vor mir weg? Für ein gehobenes Kennerspiel sind das doch recht viele Glückskomponenten, die einen nicht stören dürfen.
Die zwei hellen Farben für die Spielfiguren hätten etwas unterschiedlicher sein dürfen. Bei schlechten Lichtverhältnissen ist die Unterscheidung nicht so einfach. Ansonsten gefällt mir die Grafik und Farbauswahl ausgesprochen gut. Vor allem die Karten sind sehr detailreich gezeichnet und laden zum genauen Hinschauen ein. Die Anleitung ist sehr übersichtlich und gut verständlich geschrieben. Das Material ist hochwertig.
Der schon fast obligatorische Solomodus ist auch in „Die Ratten von Wistar“ enthalten.
Fazit: Auch wenn die Grafik ein nettes, einfaches Spiel vermuten lässt, so ist „Die Ratten von Wistar“ definitiv ein Spiel mit hoher Lernkurve. Es gibt viel zu beachten, und durch die Zufallseffekte lässt sich auch nicht alles beziehungsweise nicht viel durchplanen. Freunde von Spielen, bei denen man das Beste aus der jeweiligen, nicht immer berechenbaren, Situation herausholen muss, werden mit Sicherheit Freude an „Die Ratten von Wistar“ haben. Bei uns darf es definitiv in der Sammlung bleiben. Bei unseren Testrunden kam „Die Ratten von Wistar“, trotz der Glückskomponenten, immer gut an.
Die Ratten von Wistar
Brettspiel für 1 bis 4 Spielende ab 13 Jahren
Danilo Sabia, Simone Luciani, Candida Corsi, Sara Valentino
PD-Verlag 2024
EAN: 4260754850092
Sprache: Deutsch
Preis: 59,80 EUR
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