Die Axt im Walde (Heldenwerk)

Auch der neuesten Ausgabe des „Aventurischen Boten“ lag wieder ein neues „Heldenwerk“-Abenteuer bei. „Die Axt im Walde“ führt die Helden in die kleine Baronie Ambelmund. Das klingt recht beschaulich – doch wie entwickelt sich das Abenteuer? Riskieren wir einen Blick.

von André Frenzer

Die 31. Ausgabe der „Heldenwerk“-Reihe führt die Helden nach Nordgratenfels oder – noch genauer – in die kleine Baronie Ambelmund. Hier wird das Efferdfest gefeiert und die Helden sind als geladene Gäste oder vielleicht einfache Teilnehmer vor Ort. Doch das Efferdfest entpuppt sich nur als Aufhänger für ein Abenteuer der ungewöhnlichen Art. Denn die junge Schwester der Baronin, Befinna, sehnt sich danach, den Zwängen der Palastmauern zu entkommen und ein Leben im Einklang mit der Natur zu führen. Und so bittet sie die Helden, ihr bei der Flucht vor einem versprochenen Bräutigam und ihrer herrschsüchtigen Schwester zu helfen. Die Handlungen der Helden haben so direkten Einfluss auf die Zukunft der kleinen Baronie.

„Die Axt im Walde“ bietet dabei auf seinen sechzehn Seiten zugegebenermaßen Licht und Schatten. Zunächst möchte ich die vorgegebene Riege an Nichtspielercharakteren lobend erwähnen. Jeder Charakter – sei es die Baronin Wunnemine von Fadersberg, deren jüngere Schwester Befinna, der verschmähte, horasische Bräutigam Numelos Aquila oder die anderen Figuren – ist mit einer glaubhaften Motivation ausgestattet und hat vom Autor reichlich Persönlichkeit mit auf den Weg bekommen. Da stört es auch kaum weiter, dass das eine oder andere Klischee bedient wird, denn die Personenriege wirkt in sich stimmig. Ebenfalls hat mir die große Handlungsfreiheit der Charaktere gefallen. Für jede Aufgabe gibt es unterschiedliche Lösungswege, von denen Gewalt zumeist nur die letzte Option darstellt. Vielmehr sind Geschick und Heimlichkeit gefragt, um unangenehmen Begegnungen aus dem Weg zu gehen. Das Setting der malerisch-ruhigen Baronie Ambelmund tut sein Übriges, um einen geradezu zauberhaften Ausflug in die Wälder zu gewährleisten.

Leider weist das Abenteuer aber auch Schwächen auf. Um wie geplant zu funktionieren, gibt es einige Umstände, welche von den Charakteren nicht verhindert werden können. Damit zwei Personengruppen – wie im Finale geplant – zur gleichen Zeit am gleichen Ort sein können, ist das sicherlich nur schwer zu vermeiden. Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen, auch das Ende auf eine alternativere Art zu formulieren, als es hier der Fall war. Zum anderen ist der gewählte Stil, in dem das Abenteuer streckenweise präsentiert wird, eher schwafelig als ergebnisorientiert. Das mag dabei helfen, die gewünschte Stimmung der Reiseabschnitte zu transportieren, führt aber auch dazu, dass Informationen im Fließtext untergehen.

Ein weiterer Nebeneffekt des Schreibstils zeigt sich in der Kürze der „Heldenwerk“-Abenteuer: Durch die oftmals ausführlich beschriebenen Passagen fehlt an anderer Stelle Platz, der wichtig gewesen wäre. Da wäre zum einen eine Karte des Städtchens, aus der die Helden die Flucht Befinnas organisieren sollen: Die wäre eigentlich unabdingbar gewesen. Doch auch andere Passagen, wie das Efferdfest oder die spätere Suche nach Ritualgegenständen, sind nur so knapp behandelt, dass der Spielleiter noch viel Arbeit vor sich hat, um hieraus etwas zu machen.

Optisch unterscheidet sich „Die Axt im Walde“ nicht von den Vorgängerbänden. Layout und Optik sind bekannt, die Illustrationen machen einen ordentlichen Eindruck. Insbesondere die Charakterzeichnungen wissen zu gefallen, doch auch die kleinen eingestreuten Vignetten. Das Korrektorat hat gute Arbeit geleistet, sodass es technisch wieder einmal nichts zu meckern gibt.

Fazit: „Die Axt im Walde“ verfügt über ein schönes Setting, eine nette Grundidee und überzeugende Charaktere. Darüber hinaus enttäuscht es aber in der Aufbereitung. Wer die Mühe nicht scheut, hier noch ein wenig Arbeit zu investieren, erhält einen schönen Ideensteinbruch.

Die Axt im Walde (Heldenwerk)
Abenteuerband
Stefan Köstlinger
Ulisses Spiele 2020
ISBN: n. a.
16 S., PDF, deutsch
Preis: EUR 2,99

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