Der zerbrochene Stern 1 – Scherben der Sünde

„Scherben der Sünde“ von Greg A. Vaughan ist der erste Teil des Abenteuerpfades „Der zerbrochene Stern“, der 25. auf Deutsch erschienene Band der Reihe. In den Foren von Paizo als (Mega-)Dungeon-Abenteuerpfad diskutiert, setzt er auf den Ereignissen der ersten drei englischsprachigen Pfade auf und führt die Geschichte weiter. In Deutschland beginnt mit „Scherben der Sünde“ der 5. Abenteuerpfad.

von Tobias Dworschak

Das vorliegende PDF umfasst 96 Seiten plus Umschlag. Davon sind 54 das Abenteuer, 4 die NSC-Galerie, 2 eine Beschreibung der Schätze, die in dem Abenteuer vorkommen, 6 Seiten, die das dem Abenteuerpfad Namen gebende Artefakt beschreiben, 6 Seiten Kurzgeschichte, 12 Bestiarium und 2 Ausblick auf die Kampagne insgesamt. Den Rest nehmen Vorwort, Karten, Umschläge und dergleichen ein.

„Scherben der Sünde“ kommt im gewohnten zweispaltigen Layout daher, ist vollfarbig und mit zahlreichen Illustrationen und Karten auf gewohnt hohem Niveau gestaltet. Bei der Übersetzung sind mir keine groben Schnitzer aufgefallen. Der Text liest sich insgesamt sehr angenehm und es macht Spaß, einfach nur in dem Band zu schmökern.

Bei der Rezension werde ich Spoiler über den Inhalt des Abenteuers nicht ganz vermeiden können. Wer das Abenteuer noch als Spieler erleben möchte, überspringt die drei folgenden Absätze.

Der erste Teil des neuen Abenteuerpfades beginnt in Magnimar (passend dazu ist auch der „Almanach zu Magnimar“ erschienen), einer Stadt, die allein schon genug Gelegenheit für diverse Abenteuer bietet. Durch die Kampagnenwesenszüge aus dem kostenlos erhältlichen Spielerleitfaden zu „Der zerbrochene Stern“ haben die Charaktere alle eine Beziehung zu den Kundschaftern und so lädt Scheila Heidmark die Charaktere auch zu sich ein. Heidmark ist erstens die lokale Repräsentantin der Kundschafter und zweitens weit in die Kampagne hinein Anlaufpunkt für die Spieler. Hier lohnt es sich, die Figur gut auszuspielen. In klassischer Auftragsmanier sollen die Charaktere eine verschwundene Informantin finden – die von der Entdeckung eines wundersamen Gegenstandes berichtete und dann verschwand. Nach einer Reihe von Hinweisen können die Spieler die Gesuchte ausfindig machen und gelangen in den Besitz des ersten Stücks des zerbrochenen Sterns. Dieses führte sie durch Visionen zum zweiten.

Heidmark bittet die Charaktere – da es sich hierbei offenbar um einen alten, mächtigen Gegenstand aus dem untergegangenen Thassilon handelt – die anderen Scherben ausfindig zu machen. Praktischerweise ist das zweite Stück ganz in der Nähe, nämlich in einem Dungeon innerhalb der Krähe, einem Pfeiler der Zornspann, der uralten, gigantischen Brücke, die zum Wahrzeichen Magnimars geworden ist. Mit der Erkundung dieses Gewölbes und dem Erobern der zweiten Scherbe ist der Rest des Abenteuers gefüllt.

Die Schilderung der Handlung klingt – nun ja, klassisch. Es wird schnell klar, dass sich auch die folgende Kampagne damit beschäftigt, den zerbrochenen Stern wieder zusammen zu setzen und das es hierzu das ein oder andere Gewölbe zu erkunden gilt. Beim Lesen der Inhaltsangabe hat mich das etwas abgeschreckt, denn das ist doch gerade der Plot, der in Rollenspielen etwas verschrien ist. Allerdings bietet das Abenteuer durchaus Abwechslung: zuerst eine Detektivgeschichte mit interessanten NSC und viel Raum, Magnimar zu erforschen. Auch der Dungeon selbst ist originell und spannend. Die Charaktere treffen hier auf unterschiedliche „Ökosysteme“ und erfahren noch etwas über die Geschichte der Spielwelt. Die Bewohner des Dungeons wirken plausibel und abwechslungsreich (z.B. Schurkinnen, Teufel, Derros und viele Spinnen). Es gibt genug Gelegenheit, zu kämpfen oder Verbündete zu gewinnen. Auch ohne Schwert und Zauber lassen sich Begegnungen überstehen. Das Besondere: Spieler, die schon das „Erwachen des Runenherrscher“ kennen, werden hier das ein oder andere Motiv (oder den ein oder anderen Namen) wiedererkennen.

Das Abenteuer führt erststufige Charaktere bis an die fünfte Stufe heran; jedenfalls wenn man mit vier Charakteren spielt.

Die NSC-Galerie halte ich für eine ausgesprochen sinnvolle Neuerung. Wichtige NSC werden hier jeweils auf zwei Seiten einschließlich der Spielwerte vorgestellt. Sie so kompakt an einer Stelle zu haben, erleichtert mir die Vorbereitung und unterstützt mich dabei, die Rollen glaubhafter zu spielen. Die Zusammenfassung der wichtigsten (oder wenigstens besonderen) Schätze verfolgt einen ähnlichen Zweck, nämlich derartige Informationen an zentraler Stelle nachschlagen zu können und nicht wild durch das Heft blättern zu müssen. Auf den folgenden 6 Seiten bringt uns James Jacobs die Sihedron-Rune näher und damit das Artefakt, das dem Abenteuerpfad seinen Namen gibt. Der Artikel ist reich an Hintergrundinformationen und wird im weiteren Verlauf des Kampagne noch häufiger zur Hand genommen werden, gerade auch, weil jede Scherbe dem Träger bestimmte Fähigkeiten verleiht.

Die Kurzgeschichte „Licht eines fernen Sternes“ von Bill Ward, deren erster Teil uns in dem Band erwartet, schildert das Zusammentreffen einer Gruppe Abenteurer in Rätselhafen. Derlei Kurzgeschichten helfen aus meiner Sicht, besser in eine Spielwelt mit ihrer einzigartigen Atmosphäre hineinzufinden. Die Beschreibung Rätselhafens ist der stimmungsvoll. Die Geschichte selbst bietet einen guten Aufhänger für die weiteren Teile. Allerdings kann man wohl auf 6 Seiten keine glaubhafte Charakterzeichnung mit viel Tiefgang erwarten, was auch hier nicht geleistet wird.

Das Bestiarum bietet 7 neue Monster, deren höchster Herausforderungsgrad 4 ist. Für mich ist ein echtes Highlight nicht dabei. Vielmehr handelt es sich um solide Monster, die man – da sie als niedrigstufige Gegner mehr Abwechslung bringen – hier und da gut in ein Abenteuer einbauen kann.

Die letzten beiden Seiten geben einen Ausblick auf die übrigen Teile der Kampagne, deren roter Faden nicht weiter überrascht: Findet die übrigen Scherben des Sterns und setzt ihn wieder zusammen, zum Ruhme der Kundschafter in Magnimar. Dabei wird es in viele bekannte und beliebte Orte gehen. Die Spieler werden mit Situationen und Gegner konfrontiert, die in den ersten (englischen) Abenteuerpfaden eine Rolle gespielt haben. Das macht Lust auf mehr.

Angenehm fällt im Vergleich zur englischen Vorlage das Fehlen der 4 Seiten Werbung auf. Im PDF sind stattdessen Karten der wichtigsten Schauplätze enthalten. Noch ein Wort zum Innenumschlag: Hier findet der Spielleiter 4 weitere Aufgaben, die sich in die Handlung des Abenteuers einbauen lassen, um die Charakteren Gelegenheit zu geben, erstens Magnimar besser kennen zu lernen und zweitens weitere Erfahrungspunkt (und andere Belohnungen) zu sammeln.

Insgesamt ist „Scherben der Sünde“ ein sehr gelungener Auftakt zum neuen Abenteuerpfad. Das Abenteuer macht vieles richtig. Es zeichnet ab, was weiter auf die Gruppe zukommt, es führt wichtige Charaktere und eine tragende Stimmung ein. Klar, man muss bereit sein, viel Zeit in staubigen Gewölben zu verbringen. Andererseits eignet sich gerade „Scherben der Sünde“ auch sehr gut, es losgelöst von der Kampagne zu spielen. Man ändert einfach den Gegenstand, den die Informantin gefunden hat und schon lässt sich wenigstens der erste Teil nutzen. Den Dungeon kann man dann immer noch gesondert einbauen.

Fazit: Paizo ist es gelungen, eine spannende Geschichte in einem interessanten Dungeon zu erzählen, die Lust darauf macht, alle Scherben des zerbrochenen Sterns zusammen zu tragen. Ich jedenfalls freue mich darauf, die Kampagne zu leiten. Die begleitenden Artikel bieten eine hohe Qualität und viel Hintergrund zur Spielwelt. Das Bestiarum ist umfangreich und solide. Insgesamt ein gelungener Einstieg in einen würdigen Jubiläums-Abenteuerpfad.


Der zerbrochene Stern 1 – Scherben der Sünde
Abenteuerpfad
Greg A. Vaughan
Ulisses Spiele 2013
ISBN: 978-3-86889-304-5
96 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 22,95

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