Der Wald ohne Wiederkehr (Remastered / Let's Play)

2018, also stolze 34 Jahre nach der ersten Veröffentlichung, lädt der aktuelle Verleger des „Schwarzen Auges“, Ulisses Spiele, uns dazu ein, die Anfänge erneut zu genießen. Auch „Der Wald ohne Wiederkehr“ erfährt dabei eine aktuelle Neuauflage.

von André Frenzer

In der Rezension zu „Im Wirtshaus zum Schwarzen Keiler“ berichtete ich bereits über die Vorgeschichte rund um gelungene Lets-Play-Videos und ein äußerst erfolgreiches Crowdfunding, das schließlich zu der aktuellen Neuauflage der allerersten Regel- und Abenteuerbände für „Das Schwarze Auge“ führte. Auch „Der Wald ohne Wiederkehr“, seinerzeit als zweites, offizielles Abenteuer veröffentlicht, erfuhr im Rahmen des Crowdfundings eine aktuelle Neuauflage. Wieder wurden die originalen Texte und Bilder aus dem Jahr 1984 versammelt, wiederum wurde das Ganze anschließend mit ironisch-bissigen Kommentaren der Let’s Play-Gruppe versehen und mit modernen Chibi-Bildern von Nadine Schäkel illustriert. Und wiederum zeichnet Abenteuer-Autor und „Das Schwarze Auge“-Miterfinder Werner Fuchs für das Abenteuer verantwortlich. Ziehen wir also ein weiteres Mal die nostalgisch-rosarote Brille an und werfen einen Blick auf „Der Wald ohne Wiederkehr“.

In diesem Abenteuer begeben sich die Helden, hoffentlich bereits kampferfahren und gestählt durch die Kämpfe gegen Graf Greifax‘ Schergen in den Kellern des Schwarzen Keilers, auf königliche Mission. König Kasimir von Nostria vermisst eine wertvolle Urkunde, die nicht nur den Familienstammbaum derer von Nostria enthält, sondern ihn auch gleichzeitig zum rechtmäßigen König Nostrias legitimiert. Leider hat sein Bruder Wendolyn, der auf Burg Andergast residiert, das Schriftstück ausgeliehen und bislang nicht zurückgegeben. Also machen sich die Helden auf gen Burg Andergast, um das wertvolle Stück zurückzufordern.

Dazu müssen sie allerdings den titelspendenden Wald ohne Wiederkehr durchqueren. Hier lauert bereits die eine oder andere ernstzunehmende Gefahr, und auch einmal an Burg Andergast angelangt reißen die Probleme nicht ab: Denn die Burg ist nur noch eine zertrümmerte Ruine und in den niedergebrannten Mauern hat sich das Böse eingenistet. Es wird Zeit, dem Schrecken ins Auge zu blicken und für den König zu streiten!

Was dem geneigten „Das Schwarze Auge“-Spieler der Moderne sicherlich sofort ins Auge fällt, ist die frühe Inkarnation der „Streitenden Königreiche“ Nostria und Andergast. In dem internen Familienzwist zwischen den Brüdern Kasimir und Wendolyn liegt also der Grundstein der heutigen Einsteigerregion Aventuriens. Auf den zweiten Blick wird dem Leser die für frühe „DSA“-Abenteuer typische enge Führung auffallen: Wie auch schon bei „Im Wirtshaus zum Schwarzen Keiler“ ist insbesondere die Einleitung des Abenteuers als reiner Vorlesetext verfasst, der keine Interaktionsmöglichkeiten für die Spieler bereithält. Auch die Reise durch den Wald gestaltet sich recht linear, sind doch nur einige fixe Begegnungen vorgegeben. So erinnert die Reise dann auch eher an eine Art „Freiluft-Dungeon“, bei dem immerhin nicht jede Begegnung Kampfhandlungen zur Folge haben muss.

Die andergastsche Burgruine wiederum ist dann als waschechter Dungeon mit mehreren Ebenen konzipiert, an dessen Ende der Urheber allen Übels – Murgol, der Magier – auf die Helden lauert. Und auch wenn sich abermals eine bunte Mischung unterschiedlichster Scheusale in den finsteren Gewölben tummelt, so wirkt die Zusammenstellung der Gegner doch homogener, als es noch im „Wirtshaus“ der Fall war. Immerhin sind sie allesamt Diener des schwarzen Magiers, sodass eine gewisse Plausibilität in den Begegnungen steckt. Zwar wirken einige der platzierten Fundstücke für die Helden etwas willkürlich; nichtsdestotrotz möchte ich dem Dungeon – auch nach „moderneren“ Maßstäben angesetzt – eine ordentliche Qualität attestieren. Das anschließende, recht umfangreich ausgefallene Bestiarium mit neuen Monstern möchte ich hier auch explizit lobend erwähnen.

Das Design orientiert sich – wie die gesamte Reihe der Neuauflagen – an der originalen Ausgabe von 1984 und ist damit übersichtlich und schnörkellos. Auch die Illustrationen von Bryan Talbot haben die Zeit überdauert und sind hervorragend gealtert, wie ich zugeben muss. Die in der mir vorliegenden „Let’s Play“-Variante enthaltenen Kommentare der Let’s Play-Gruppe sind humorvoll und zeugen von einer gewissen Liebe zur Nostalgie. Und die neu angefertigten Chibi-Charaktere sind wirklich knuffig anzuschauen. Technisch habe ich damit nichts zu meckern.

Fazit: Wieder werden wir in die früheste Kindheit des „Schwarzen Auges“ entführt und wiederum dürfen wir erleben, dass die „alten“ Abenteuer nicht nur mit einer verklärt-romantischen Nostalgie, sondern auch mit einer anderen Einstellung als selbstständige, auch heute noch zu erlebende Abenteuer durchaus punkten können. Das Abenteuer „Der Wald ohne Wiederkehr“ hat sicherlich noch ungenutztes Potenzial, ist aber auch in der vorliegenden Form für einen spaßigen Abend absolut empfehlenswert.

Der Wald ohne Wiederkehr (Das Schwarze Auge 1)
Abenteuerband
Werner Fuchs
Ulisses Spiele 2018
ISBN: 978-3957528940
64 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 12,95

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