Der Joker 1 – Töte den Joker!

Was geschieht, wenn sich James Tynion IV, Matthew Rosenberg, Guillem March und Francesco Francavilla zusammentun und ihre Kreativität ausleben? Sie zünden mit „Der Joker 1 – Töte den Joker!“ ein grandioses Feuerwerk, das laut Panini Comics den „Start in eine neue Ära“ der Geschichten um Gotham verkündet. Ob das zu hoch gegriffen ist und wie lange das Feuerwerk nachwirkt, wird in dieser Rezension untersucht.

von Daniel Pabst

Der Comic „Der Joker 1 – Töte den Joker“ ist der Auftaktband und umfasst 140 Seiten im Softcover-Format. Enthalten sind fünf Kapitel mit den Titeln „Heimsuchung“, „Die unüblichen Verdächtigen“, „Clown-Jagd“, „Waffenbrüder“ und „Jahr Null“. Die Autoren sind Tynion IV und Matthew Rosenberg, die in der Comic-Szene keine Unbekannten sind. Guillem March und Francesco Francavilla steuerten die Zeichnungen und Tusche bei. Die Farben stammen von Arif Prianto und Francesco Francavilla. Geschichten aus dem „Batman“-Universum mit dem Fokus auf dem grinsenden Killer-Clown namens Joker gibt es eine Vielzahl. Klassiker, wie etwa der Comic „The Killing Joke“ sind Fans bekannt und werden immer wieder gerne gelesen. Bei einem Titel wie dem hier besprochenen schadet es daher nicht, wenn man erst einmal vorsichtig ist, um nicht allzu sehr enttäuscht zu werden.

Das Cover erinnert an ein Panel aus „The Killing Joke“, in dem der Joker einen Vergnügungspark in sein Gegenteil verkehrt hat. Diesmal jedoch thront er nicht über dem gegen den Wahn kämpfenden James Gordon, sondern über ganz Arkham Asylum, der Psychiatrie von Gotham City. Das ist passend und zugleich furchteinflößend gewählt – ganz zu schweigen von seinem rechten Auge, das er durch seine Finger gleiten lässt. Arkham ist nicht grundlos auf dem Cover zu sehen. Die Einrichtung ist der Ausgangspunkt für die Geschichte, da dort ein Anschlag verübt wurde, der der Handschrift des Jokers glich. Was hat sich dieser nur dabei gedacht? James Gordon wird von einer ominösen Schönheit aufgesucht, um genau das Mysterium zu lösen und den Joker ausfindig zu machen. Die Prämie dafür: 25.000.000 Dollar!

Was man dann zu sehen und lesen bekommt, ist ein wahres Feuerwerk. Das liegt zum einen an den raffinierten Anspielungen der Autoren und zum anderen an den Farbspielen der Künstler. Wie bereits angedeutet, nehmen sich James Tynion IV, Matthew Rosenberg ein Beispiel an „The Killing Joke“, und das gelingt ihnen meisterhaft. Sie lassen James Gordon in einer Rückblende in die Panels dieses Kult-Comics eintauchen. Wir befinden uns kurzerhand wieder auf dem Vergnügungspark – und das in den psychedelischen Ausgangsfarben! Es werden zudem etliche uns bekannte Figuren aus Gotham auftauchen, deren Präsenz liebevoll umgesetzt wurde. Sofort wird man beim Lesen den Eindruck haben, dass sich die alten Batman-/Joker-Comics und die neuen Batman-/Joker-Comics hier freundschaftlich die Hand geben. Die Autoren mischen bekannte Elemente mit überraschenden Ideen, was durchgehend wunderbar zu lesen ist.  

Um das Feuerwerk in allen Farben strahlen zu lassen, haben Guillem March und Francesco Francavilla sowie Arif Prianto etwas Besonderes beigesteuert. Die Gestaltung der Panels ist derart lebendig, was für ein kleines Softcover-Format beinahe verwunderlich ist. Die Zeichnungen von Guillem March sind sehr scharf und durch die Farben von starker Qualität. Wie sich Farben und Handlung spielerisch ergänzen zeigt sich beispielhaft an der Aussage des Jokers: „Pass auf, dass er genug Stoffe in lila und grün dabeihat. Ich bin da etwas eigen“.

Dass das fünfte Kapitel allein von Francesco Francavilla gestaltet wurde, ist überraschend und gibt dem Comic eine neue Note. Es macht richtig Spaß die abschließende Geschichte dieses ersten Bandes in einer anderen Gestaltung zu lesen. Und dann wäre da noch eine künstlerische Anspielung von Guillem March, die nicht nur Kunstbegeisterte packen könnte. Als „Easter-Egg“ sitzt James Gordon mit Barbara in einem Restaurant mit dem Schriftzug „Hopper“. Durch die Scheibe grinst ein Clown furchterregend von außen. Wenn das mal nicht gelungen ist! Statt des Schriftzugs „Phillies“ von Edward Hoppers berühmten „Nighthawks“ von 1942 also ein „Hopper“. Wer den gedanklichen Schritt von „Nighthawks“ zu „Nightwing“ weitergeht, der hat gesteigerte Freude an diesem Einfall. Hier trifft die Kunstgeschichte die moderne Comic-Kunst.

Am Ende gibt es noch eine für Panini Comics typische Cover-Galerie von zehn Seiten. Dass von den insgesamt 16 Variant-Covers zwölf davon sehr klein und lieblos auf sechs Seiten untergebracht wurden, ist dem Comic nicht würdig. Ansonsten aber fällt es schwer, einen Kritikpunkt an „Der Joker 1 – Tötet den Joker!“ zu finden. Einfach zu gut hat das Kreativteam an einer neuen Joker-Ära gefeilt. Da stellt sich die beinahe beängstigende Frage, was in den folgenden Bänden von „Der Joker“ folgen soll. Die Messlatte liegt fortan äußert hoch …   
 
Leseprobe

Fazit: Dieser Comic ist trotz – oder vielleicht gerade wegen – seines Titels ein absolutes Highlight. Der Joker ist noch lange nicht tot. Die Handlung nimmt sehr gekonnt Bezug zu alten Geschichten aus dem Gotham-Universum und spielt ihre Motive hervorragend weiter. Dazu kommt die Gestaltung durch Guillem March und Francesco Francavilla, die brilliert. Wer hätte gedacht, dass sich Folgendes einmal sagen lässt: „The Killing Joke“ muss sich in Acht nehmen, um den Thron, auf dem er sitzt, nicht an den Comic „Der Joker“ abgeben zu müssen.   
 
Der Joker 1 – Töte den Joker!
Comic
James Tynion IV, Matthew Rosenberg, Guillem March
Panini Comics 2022
ISBN: 978-3-7416-2700-2
140 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 17,00

bei amazon.de bestellen