Der Innere Feind 5: Imperium in Trümmern

Das letzte Kapitel der Dunkelheit beginnt … das Imperium als größte Nation der Alten Welt scheint dem Untergang geweiht. Die Konflikte zwischen dem Ulric- und dem Sigmarkult kommen nicht zur Ruhe. Die Streitigkeiten zwischen den Provinzen eskalieren. Als sich der Graf Middenheims und der Imperator auf eine Allianz einigen, kommt es zur Katastrophe. Nur die Charaktere können das Ende des Imperiums noch verhindern, indem sie ein uraltes Artefakt bergen, welches die Vereinigung des Reiches herbeiführen wird.

von Ansgar Imme 

Ulisses Spiele hat es geschafft! Darauf haben (manche) Spieler seit (fast 40) Jahren gewartet: Der letzte Band der Kampagne „Der Innere Feind“ wurde in deutscher Sprache veröffentlicht. Auch wenn es sich nicht mehr um den ursprünglichen Band, sondern natürlich die Neuauflage handelt, können der Verlag und die Spieler hochzufrieden sein, dass es endlich die gesamte Kampagne – in der bearbeiteten Neuauflage – auf Deutsch zu kaufen und zu spielen gibt. 

Auch für den fünften und abschließenden Teil hat Altautor Graeme Davis wieder etliche Autoren um sich gescharrt, die die Geschichte um das zerstrittene Imperium und die Bedrohung durch die Chaoskulte zu Ende führen. Das Abenteuer setzt direkt am Ende des vorherigen Bandes „Die Gehörnte Ratte“ an und versorgt den Spielleiter auf umfangreichen 208 Seiten mit vielen Szenarien und Hintergrundinformationen. In 13 Kapiteln müssen die Charaktere noch einmal alles geben, um die Pläne des Chaos aufzuhalten. 

Die Autoren halten sich dabei mit keinem langen Vorwort auf, sondern geben einen Überblick über den wichtigsten Hintergrund des Bandes zu einem besonderen Artefakt. Neben einer kurzen Zusammenfassung der einzelnen Kapitel werden noch die bedeutendsten Widersacher der Charaktere sowie die Fraktionen des Imperiums vorgestellt. Ebenso erhält der Spielleiter Informationen zum Plan und Vorgehen der Gegner sowie Werte und Beschreibungen namhafter Nichtspielercharaktere, auf die sie treffen werden. Allein diese ganzen Hintergründe umfassen bereits etwa 30 Seiten, sodass man sich auch die Komplexität des Abenteuers vorstellen kann. Eine kleine Kritik gleich zu Beginn: Vieles davon hätte auch gut in den Anhang gepasst, sodass man nicht von der Handlung abgelenkt wird und sich durch Wertekästen oder Beschreibungen quälen muss.

Das Abenteuer in Kurzfassung

Die Abenteurer werden nach den Ereignissen in den Middenbergen durch Heinrich von Wüterich, den Bastardsohn des Grafen von Middenheim, an Bord seines Luftschiffs genommen und befinden sich mit diesem auf dem Rückweg nach Middenheim. Bei einem Angriff separatistischer Nordländer sowie bei der Rückkehr nach Middenheim erhalten sie vielfache Hinweise auf das zerrissene Imperium, in welchem zwischen den Provinzen Kriege auszubrechen drohen. Dagegen können sie Schritte unternehmen.

Als eine Altdorfer Delegation ein Treffen an einem Felsen, der Sigmar- und Ulric-Anhängern heilig ist, vorschlägt, begleiten die Charaktere den Ar-Ulric. Sie können neben der Verhinderung eines Attentats auch Neuigkeiten über den Imperator erhalten. 

Da die Altdorfer auch eine Vermählung des Kronprinzen mit der Tochter des Grafen von Middenheim als Bündnis vorgeschlagen haben, schickt man die Abenteurer zur Burg Reikwacht, um den Kronprinzen im Namen Middenheims in Augenschein zu nehmen. Dabei machen diese beunruhigende Entdeckungen, die auf eine Verwicklung des Chaos in die Vorgänge hindeuten. 

Bei einem Konklave mächtiger Kurfürsten in Altdorf als Vorbereitung der Hochzeit können weitere Erkenntnisse gesammelt werden, ehe es bei der Hochzeit zu einer Tragödie kommt, die alle Verhandlungen zu sprengen droht. Eine handfeste Auseinandersetzung des Imperators mit Kurfürst Boris von Wüterich führt zu einem nicht für möglich gehaltenen Ergebnis, der das wertvollste Artefakt des Imperiums, die Machtinsignie des Imperators, in einem neuen Licht erscheinen lässt. 

Das Imperium droht in einen Bürgerkrieg zu stürzen, wenn die Macht und Autorität des Imperators nicht wiederhergestellt werden. Die Charaktere begeben sich dafür auf eine gefährliche Reise und Suche in den Süden des Imperiums und folgen zweitausend Jahre alten, nahezu vergessenen Spuren des Gründers des Imperiums – Sigmar. Nur mit der Entdeckung seines Geheimnisses können sie das Imperium retten.Doch das Chaos hat einen letzten Trumpf in der Tasche, um bei der Rückkehr das Imperium endgültig dem Untergang zu weihen ...

Eindruck zur Neubearbeitung

Nach der kompletten Neuveröffentlichung des vierten Teils der Kampagne stellt der Abschlussband wieder eine Nachbearbeitung dar, wobei nur wenig aus dem alten Teil übernommen, sondern vieles komplett neu oder recht massiv umgeschrieben wurde. 

Vom Ersteindruck her kann man erneut sehr zufrieden sein: ein gelungenes und übersichtliches Layout, stimmungsvolle Illustrationen, unzählige Handouts und dazu eine Karte Altdorfs sowie eine des gesamten Imperiums. Alles lässt sich gut lesen (auch ein Lob an die deutsche Übersetzung und Bearbeitung mit ganz wenigen Fehlern), eine gute Struktur ist vorhanden, ebenso für alle notwendigen Gegner oder Charaktere passende Beschreibungen und Spielwerte. 

Doch der äußere Glanz ist nicht alles. Inhaltlich bleibt leider einiges auf der Strecke und wird seinen vorherigen Bänden nicht gerecht. Viele Teile des fünften Abenteuers haben einen sehr linearen Ablauf und gehen teilweise ins „Railroading“ über. Auch wenn dies manchen Spielgruppen nicht gefällt, muss es nicht immer schlecht sein, solange die Spielern genug Handlungsfreiheit haben. Es gibt Gruppen und Spieler, die einen roten Faden und klare Abläufe durchaus schätzen, wenn sie innerhalb der Handlung dann agieren können. 

„Imperium in Trümmern“ lässt die Spieler und Abenteurer oft aber als Beobachter am Rande stehen, sodass man häufiger Szenen beziehungsweise dem Auftreten von NSC ohne eigene wesentliche Handlungsoptionen folgt. Vor allem im ersten größeren Abschnitt in Middenheim und Altdorf, wenn es um die politischen Verwicklungen geht, wird das sehr deutlich. Die Autoren versuchen sich ähnlich dem Vorgehen im Abenteuer „Raue Nächte, harte Tage“ mit Zeitabschnitten, wo etwas passieren soll und die Spieler eingreifen können. Im Gegensatz zum dortigen Abenteuer sind es hier aber vor allem nur Beobachtungen von Gesprächen, ohne dass die Spieler wesentlich agieren. Sowohl der Spielspaß als auch der Gewinn an Informationen kann vielfach angezweifelt werden, sodass eine Verkürzung durch den Spielleiter sinnvoll erscheint.

Andererseits bekommen die Charaktere Aufgaben übertragen, die wenig zu ihrem gesellschaftlichen Rang passen. Während das Beiwohnen der politische Diskussionen noch mit Aufgaben als Leibwächter begründet wird, scheint die Befragung des Kronprinzen durch gewöhnliche Abenteurer doch weit hergeholt. Hier ist es sicherlich besser, wenn die Charaktere eine Ihnen bekannte hochgestellte Persönlichkeit begleiten und beraten, etwa den Bastardsohn des Grafen.

Etliche offene Handlungsfäden (Kastor Lieberung, die Krankheit des Imperators, die Verwicklung der Chaoskulte, Konflikte der Provinzen und Bürgerkrieg) gehen zudem rund um die Beratungen vor und nach der Hochzeit sowie die Hochzeit selbst etwas unter oder werden nach der Hochzeit nachgeschoben, wenn die Charaktere andere Sorgen haben. Hier wirkt das Abenteuer etwas überfrachtet beziehungsweise die Themen werden an der falschen Stelle platziert. Besser wäre hier die Kürzung der vielen politischen Beratungen oder ein weiterer Abenteuerteil rund um diese Themen gewesen. 

Mit dem eher langweiligen und weder richtig investigativen noch kampforientierten Part mag die Spieler zudem der zwischenzeitliche emotionale Höhepunkt mit der Hochzeit überraschen. Hier wird durch die Autoren auch durchaus ein dramatisches Ereignis vorgeschlagen, welches immerhin das Ableben einer wichtigen Person darstellt. Hier haben die Spieler und Charaktere wesentlich mehr Möglichkeiten zu glänzen und das Geschehen in die eine oder andere Richtung zu beeinflussen. Die Folgen, vor allem beim Verlust der Person, werden aber zu wenig in den Mittelpunkt gerückt und zu allgemein abgehandelt, um dann stattdessen die offenen Fäden (siehe oben) anzugehen. 

Der zweite Teil ist dann merklich mitreißender und bietet mehr Tempo, vor allem sobald die Charaktere auf der Straße unterwegs sind. Die Recherche zum Hintergrund des Artefakts selbst wird recht knapp abgehandelt, zudem ein NSC den Abenteurern fast alle Arbeit abgenommen und einfach durch den Kauf eines seltenen Buches die wichtigsten Infos parat hat. Die Linearität wollten die Autoren dann wohl nicht verlassen oder langweilten sich selbst schon nach dem ersten Teil. Vorne weniger Zuschauen und hier etwas mehr Recherche hätte dem Ganzen sicherlich gut getan. Die Reise bis zum Fundort wird durch verschiedene Ereignisse begleitet. Die Charaktere bekommen dabei vor allem die angespannte Situation im Imperium mit. Hier gilt es, eine Herausforderung nach der nächsten zu meistern. 

Die Atmosphäre ist bei der Reise schon anders als vorher und dreht sich komplett bei der direkten Suche im Süden des Imperiums. Die Handlungsoptionen für die Spieler sind vorhanden, es gilt Spuren zu folgen und mit Gegnern und Herausforderungen auf die eine oder andere Art umzugehen. Spätestens am Fundort des Artefakts wird es mythisch und die Bedeutung sollte auch beim letzten Spieler angekommen sein. Über die Aufgaben zum Erreichen des Artefakts am Fundort mag man durchaus streiten, zudem sie sehr kampflastig ist. Die Stimmung und Bedeutung wird hier aber deutlich und nimmt auch nach der Inbesitznahme des Artefakts nicht mehr ab. Bürgerkriegsähnliche Zustände und Bedrohungen durch eine Kriegshorde verlangen Spielern und Charakteren alles ab, ehe sie wieder in Altdorf sind. So nervenaufreibend die Szenen auch sind, fühlt man sich fast überfüllt im Gegensatz zum ersten Teil. Der Abschluss in Altdorf mit ein wenig Recherche und einem großen Endkampf nimmt dem Ganzen fast schon ein wenig Bedeutung. 

Der zweite Teil des Abenteuers ist dem Abschluss der Kampagne wesentlich angemessener als der erste Teil. Leider bleiben manche Handlungsfäden offen oder verlieren auch an Bedeutung (etwa die Intrige um den Kronprinzen, wenn man das Ende des Abenteuers kennt). Insgesamt wirkt das Abschlussabenteuer oft zu bruchstückhaft und wenig genug verbunden. Dies mag auch einerseits dem Vorgänger als auch verschiedenen Ideen der Fortsetzung geschuldet sein sowie der durch vor allem die zweite Edition des Rollenspiels bereits feststehende kommende Geschichte, sodass man mit bestimmten Figuren hier nicht frei umgehen konnte oder wollte. Es sind etliche gute Ansätze vorhanden, aber gegenüber den anderen vier Bänden der Kampagne fällt der Schlussband leider deutlich ab. 

Fazit: Das Ende ist erreicht, die vorerst letzte Schlacht geschlagen und hoffentlich das Imperium gerettet. Trotz so einiger inhaltlicher Schwächen bietet auch der letzte Band der Kampagne vieles, was „Warhammer“ ausmacht. Sicherlich hätte man manches besser gestalten können, und vieles wirkt wie ein Sammelsurium. Aber Spannung und Epik sind vorhanden und ermöglichen es den Spielern vor allem im zweiten Teil, noch einmal alles für das Imperium zu geben. Bei allen Hinweisen auf Schwächen gilt es auch hervorzuheben, dass sich das Abenteuer trotzdem auf gutem Niveau bewegt. Also kaufen und das Imperium retten!

Eine persönliche Anmerkung: Mit dem Abschluss von „Imperium in Trümmern“ beziehungsweise „Der Innere Feind“ verbindet mich nicht nur die Freude, doch noch die deutsche Umsetzung dieser bekannten Rollenspiel Kampagne zu erleben. Gleichzeitig ist dies meine 200ste Rezension für den Ringboten. Mir scheint es wie gestern, als ich dies zum Jubiläum „100 Rezensionen Ringbote“ schrieb. Mein Dank gilt auch hier wieder meinem Chefredakteur Bernd Perplies, der oft genug (viel zu) lange Texte lesen und sich mit Rechtschreibfehlern oder vergessenen Anführungszeichen herumschlagen musste. ;-) Auf die nächsten 100 Rezensionen, Bernd! :-)

Der Innere Feind 5: Imperium in Trümmern
Abenteuerband
Graeme Davis, Dave Allen u.a.
Ulisses Spiele 2025
ISBN: 978-3-96331-912-7
208 S., Hardcover, deutsch
Preis: 49,95  EUR

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