Der Innere Feind 1: Der Feind im Schatten – Kompendium

Laut Verlag ist es das „unverzichtbare Handbuch“ zu „Der Feind im Schatten“, dem ersten Teil der bekannten Rollenspielkampagne „Der Innere Feind“. Es enthält gestrichene Inhalte zum Imperium aus dem alten Original-Abenteuerband, Beschreibungen zu Wegen und Reisen, zusätzliche Regeln, Beispiele für Nichtspielercharaktere mit Abenteueraufhängern und dazu auch zwei komplette Kurzabenteuer. Reikland und Imperium, ich komme ...

von Ansgar Imme

Mit der Ankündigung von Cubicle 7 beziehungsweise Ulisses Spiele zur Neuveröffentlichung der bekannten Rollenspielkampagne „Der Innere Feind“ aus dem „Warhammer Fantasy Rollenspiel“ waren hohe Erwartungen der Spieler verbunden. Würde es gelingen, eine bessere Struktur in die Bände zu bringen, Beschreibungen und Handlung auf einen heutigen Stand zu hieven sowie auch mit der Bearbeitung Altspieler zu begeistern? Ein Fazit zum ersten Band findet sich in der bereits veröffentlichten Rezension auf diesen Seiten. Doch neben den fünf Abenteuern der Kampagne sollte zu jedem Abenteuer auch ein sogenanntes „Kompendium“ erscheinen, welches das jeweilige Abenteuer ergänzt, erweitert und zusätzlichen Spielnutzen bringt.

Der Inhalt


Auf 128 Seiten findet sich ein buntes Sammelsurium, teils zum Abenteuer „Der Feind im Schatten“, vor allem aber auch für Spielabende im Reikland oder generell als Unterstützung und Erweiterung für Abenteuer im Imperium. Die ersten fünf Seiten sind einleitende Worte und Erinnerungen ehemaliger Autoren der Kampagne sowie „Easter Eggs“ zu Anspielungen und Namensgebungen von Personen, Orten und der Handlung.

Inhaltlich themenbezogen startet es danach mit einer Kurzbeschreibung des Imperiums, seiner Städte, Herrscher, einer Einordnung der Kurfürsten und ihrer Funktion, Gilden oder Rechtssprechung sowie großer Straßen, Wege und Kutscheinlinien. Diese wurden weitestgehend dem Originalband entnommen und hier neu bearbeitet. Mit dem Thema Reisen haben auch die nächsten Kapitel zu tun, in denen Reittiere und Fahrzeuge (inklusive Kämpfen mit und gegen beide), Reisen mit ihren Besonderheiten sowie Straßenwächter näher beleuchtet werden. Ein Großteil dieser Kapitel handelt dabei Regelergänzungen ab.

Der verhältnismäßig lange siebte Abschnitt stellt auf 25 Seiten kurz einen alternativen Einstieg zu „Der Feind im Schatten“ vor und beschreibt dann auführlich 16 verschiedene Nichtspielercharaktere vom Adligen bis zum Wegelanger. Diese können auf dem Weg nach Bögenhafen eingesetzt werden und die Handlung ergänzen oder Aspekte des Imperiums aufzeigen. Neben der Beschreibung ist jeweils eine Illustration, Spielwerte sowie eine Szenarioidee enthalten.

Gefahren und Widersacher der Charaktere finden sich in den folgenden zwei Kapiteln: Mutanten, Arten von Mutationen (inklusive mehrerer Tabellen zur Zufallsbestimmung), der Kult der Violetten Hand oder ein Kultmagus mitsamt seinen Zaubern warten der Entdeckung durch den Leser.

Zwei seltsame Begegnungen als Reise-Szenarios zwischendurch sowie zwei kürzere Abenteuer beschließen den inhaltlichen Teil des Bandes. Im ersten Abenteuer geht es um ein verschwundenes Juwel sowie eine Bande von Gesetzlosen, die aber ehrenvoller als der örtliche Herrscher ist. Im zweiten Abenteuer treffen die Charaktere auf einen Wanderzirkus, welcher dämonische Tiere beherbergt und gleich verschiedene Abenteueraufhänger bietet.  

Im Anhang sind dazu Charakterbögen für Beispielcharaktere für „Der Feind im Schatten“ sowie Handouts enthalten.

Kritik

Graeme Davis als Redakteur des Gesamtbandes bezeichnet die Neuausgabe der Kampagne als „Director’s Cut“ und die Zusatzbände/Kompendien damit analog zur DVD-Welt als Special Features oder Extras, so wie dort Kommentare des Regisseurs oder der Schauspieler, gelöschte Szenen oder Dokus zu Dreharbeiten. Wenn man mit dieser Sichtweise an den Band herangeht, kann man den Inhalt sicherlich besser einordnen, als wenn man es als „unverzichtbares Handbuch“ sieht.

Denn unverzichbar ist dieser Ergänzungsband keinesfalls. Ganz im Gegenteil kann man „Der Feind im Schatten“ auch komplett ohne das „Kompendium“ spielen, ohne wirklich etwas zu vermissen. Ist der Band damit aber überflüssig? Nein, auch das keinesfalls. Er ist eben ein Sammelsurium verschiedener Ideen und vor allem unzähliger, zusätzlicher Abenteueransätze, um die Handlung zu erweitern oder mit noch mehr Atmosphäre zu versehen. Er könnte auch genauso gut als allgemeiner Sammelband durchgehen, auch wenn kleine Bezüge zum Abenteuer bestehen.

Vor allem die Abschnitte des ersten Drittels (Imperium, Straßen, Tiere und Fahrzeuge, Reisen) sind gut für den Spielleiter und alle möglichen Abenteuer geeignet. Man kann viele dieser Informationen als Hintergründe einbauen oder als Stichworte fallen lassen, um die Stimmung zu verdichten. Die Regeln zu Tieren, Fahrzeugen und Reisen kommen dann infrage, wenn man am Spieltisch Wert auf viele Kleinigkeiten legt und mit Regeln abbilden will.
Der umfangreiche Abschnitt zu den Nichtspielercharakteren lässt einen zwiespältig zurück. Einerseits sind die Beschreibungen liebevoll, man bekommt eine Illustration und Werte dazu sowie Abenteueraufhänger. Andererseits wird hier auch viel Platz eingenommen, den man auch für abenteuernäheres Material hätte nutzen können. Für den allgemeinen Spieleinsatz also gut gelungen, in Verbindung zum Abenteuer eher etwas mager.

Das Wort Sammelsurium trifft es auch bei den nächsten Kapiteln gut. Alle Inhalte (Mutanten, Kultbeschriebung, Zauber) für sich genommen sind hilfreich. Hier ist auch teilweise ein Zusammenhang zum Abenteuer zu sehen, vor allem bei der Kultbeschreibung, auch wenn diese erst in den Folgeabenteuern richtig wichtig wird. Aber manche Teile könnten eher in einen allgemeinen Ergänzungsregelband gehören.

Kaum einen Zusammenhang zum Abenteuer haben die beiden Begegnungen sowie Kurzabenteuer im letzten Drittel des Bandes. Man kann sie natürlich einbauen, aber sie lenken von der eigentlichen Handlung nur ab. Dabei sind die Ideen wirklich gut und überraschend. Damit können sie außerhalb von „Der Feind im Schatten“ richtig Spaß machen, zudem auch die Ausarbeitung mit Karten, Werten und Illustrationen wie immer toll ist, was übrigens auf den gesamten Band wieder zutrifft.

Fazit:
Das, was der Band ankündigt („das unverzichtbare Handbuch zum Abenteuer“), erfüllt er nur sehr bedingt. Der Goßteil ist allgemein nutzbar und hat wenig Bezug zum Abenteuer oder nur sehr gezwungen. Wer ganz abenteuernahes Material erwartet, könnte also enttäuscht werden. Schlecht ist der Band damit aber überhaupt nicht! Er bietet eine Fülle an Informationen, die generell bei Abenteuern und Kampagnen im Imperium hilfreich sind und dazu ganz viele Abenteueransätze, die man für kurze oder längere Spielabende nutzen kann. Mit dieser Erwartungshaltung bekommt eine durchaus gute Publikation.

Der Innere Feind 1: Der Feind im Schatten – Kompendium

Quellenbuch
Dave Allen, Mike Brunton, Graeme Davis u. a.
Ulisses Spiele 2022
ISBN: 978-3-96331-712-5
128 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 34,95

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