Blumenstraße

Tulpen und Windmühlen soweit das Auge reicht. Die berühmte Bloemenroute hat euch in die Niederlande gelockt und verzaubert euch mit ihrer Blumenpracht. Aber ihr seid nicht gekommen, um Blumen zu bewundern. Ihr wollt Geschäfte machen und erfolgreich in den Tulpenhandel einsteigen.

von Sabrina

Wir befinden uns in den Niederlanden des 19. Jahrhunderts. Tausende Windmühlen zieren das Land. Viele dienen dazu, das Land trocken zu legen und urbar zu machen – vor allem, um Anbaugebiete für die begehrten Tulpen zu schaffen. Diese kamen im 16. Jahrhundert aus der Region der heutigen Türkei in die Niederlande. In „Blumenstraße“ (Original: „Windmill Valley“) wird der geschichtliche Hintergrund aufgegriffen und ihr steigt ins Tulpengeschäft ein.

Um Tulpen zu pflanzen, besitzen alle ein eigenes Playerboard mit einem Lager, Beeten, Geldzähler, Windmühlen und Platz für Helferinnen und Helfer sowie Wertungskarten fürs Spielende. Daneben besitzt ihr eine Windmühle mit zwei Aktionsrädern, die ihr Runde für Runde, je nach Durchflussgeschwindigkeit des Wassers und Einsatz von Werkzeugen, um 1 bis 4 Felder weiterdreht. Ihr bewegt also keine Arbeiter*innen auf Aktionsfelder, sondern nutzt eure Windmühle, um Aktionen zu aktivieren. 7 Aktionen stehen euch zur Verfügung.

Ihr könnt den „Wasserstand senken“, um Gulden und/oder Siegpunkte zu erhalten. Ihr könnt den „Markt besuchen“, um Tulpenzwiebeln zu erhalten oder vorgegebene Tulpenzwiebeln in eure Beete zu pflanzen. „Tulpenzwiebeln ohne Farbvorgabe pflanzen“ ist eine weitere Option. Das Einpflanzen bringt bei richtiger Platzierung am Ende des Spiels viele Siegpunkte und zudem oft Sofortboni. „Fernhandel betreiben“ bedeutet, dass ihr Tulpen liefert und als Belohnung zusätzliche Aktionen erhaltet. Ihr dürft eure „Tulpenfarm aufwerten“. Aus drei ausliegenden Tulpenfarmverbesserungskarten fügt ihr eine eurem Tulpenfarmtableau, entweder als Hilfskraft oder als Auftrag, hinzu. Außerdem könnt und solltet ihr eure „Mühlräder aufwerten“. Dafür montiert ihr eine der ausliegenden Mühlradverbesserungen auf eines eurer Mühlräder.  Zu guter Letzt könnt ihr „Windmühlen bauen“, indem ihr sie von eurem Tulpenfarmtableau auf den allgemeinen Spielplan platziert, um Siegpunkte und diverse Belohnungen zu erhalten. Das Leeren der Windmühlenplätze auf eurem Board schaltet außerdem weitere Wertungsmöglichkeiten für das Spielende frei.

Einige der oben genannten Aktionen, ertwa das Einpflanzen der Tulpenzwiebel in euer Beet, lösen weitere Bonusaktionen aus. Und je nachdem wie ihr eure Mühlräder aufbessert, stehen euch pro Runde nicht nur eine Aktion, sondern zwei Hauptaktionen zur Verfügung. Daher gibt es bei „Blumenstraße“ immer viel zu bedenken: Lasse ich das Rad lieber schneller drehen und verzichte damit auf eine bestimmte Aktion, damit mir niemand die für mich perfekt ausliegende Mühlradverbesserung oder einen Auftrag vor der Nase wegschnappt. Oder gehe ich das Risiko ein, gegebenenfalls eine Alternative nehmen zu müssen, weil ich unbedingt eine Windmühle bauen will und vielleicht sonst der anvisierte Bauplatz von jemand anderem genutzt wird. Solche und ähnliche Überlegungen sind nicht unwichtig.

Vier „Jahre“ habt ihr Zeit, euch Gedanken zu machen und fleißig zu planen. Für jede volle Drehung des großen Rades wird der Spielstein des Spielenden auf der Kalenderleiste vorwärts bewegt, und wenn dies für einen einzelnen Spielenden viermal passiert ist, wird das Spiel-Ende ausgelöst. Danach wird die Runde noch zu Ende gespielt und juhuuu, alle sind nochmal an der Reihe. Was mir sehr gut gefällt. Ich mag grundsätzlich kein abruptes Ende. Und da in diesem Spiel das Mühlrad 1 bis 4 Felder gedreht werden kann, weiß man nie, ob der Gegner plötzlich das Spiel beendet oder noch gemütlich vier Aktionen durchführen will.

Dani Garcias hat 2023 mit „Arborea“ und „Barcelona“ gute Erstlingswerke auf den Markt gebracht. Eins vorweg: Auch „Blumenstraße“ gefällt mir wieder richtig gut. Und nicht nur mir. Vier verschiedene Mittester wollten alle gleich nochmal eine Partie spielen, was wir auch getan haben.

Die Schachtel ist gefüllt mit hochwertigen Materialien. Das Playerboard hat Aussparungen, sodass die Windmühlen schön fest stehen und die Karten einfach unter das Board geschoben werden können. Nun gut, die Tulpen sind einfache Papp-Plättchen, das lässt sich noch upgraden. ;-) Die Symbolik ist sehr eingängig und leicht zu verinnerlichen.
Die Grafik ist schön bunt, aber trotzdem sehr übersichtlich. Die Anleitung hat uns keinerlei Schwierigkeiten gemacht. Und am Ende sind alle Karten und Plättchen im Einzelnen aufgelistet.

Das Spiel kann sehr lange dauern, und dementsprechend wird dann auch viel geschafft. Nämlich, wenn alle ihr Rad immer nur um ein Feld weiter drehen. Nutzt jemand öfter mal die Möglichkeit, seine Mühle schneller zu drehen, kann „Blumenstraße“ aber auch recht schnell vorbei sein. Wir haben eher immer viele Aktionen genutzt, um viel zu schaffen.

Die Aktionsfelder der Mühlen sind unterschiedlich angeordnet. Dazu kommen unterschiedliche Startkarten und in jedem Spiel natürlich auch immer wieder andere Auslagen. So bleibt der Wiederspielreiz für uns hoch genug, immer wieder „Die Blumenstraße“ auf den Tisch zu bringen, um unterschiedliche Strategien auszuprobieren und das Beste aus der Situation zu machen.

Zwei Dinge, die mir aufgefallen sind:

Thematisch und auch spieltechnisch macht die Aktion „Durchfluss und Wasserstand erhöhen/senken“ Sinn. Aber irgendwie wurde das in den vielen Partien, die ich bereits gespielt habe, so gut wie nie genutzt. Erstens, weil fast alle eher viele Aktionen machen wollten. Zweitens, weil die Siegpunktbelohnung recht gering ist, im Verhältnis zu dem Geld, das ich dafür ausgeben muss, und Geld ist oft rar. Drittens, weil ich die Alternative mit dem Nutzen von Werkzeugen habe. Und zu guter Letzt, weil meine Mitspielenden einfach kostenlos wieder nach unten gehen können und somit das Rad wieder verlangsamen. Ganz unten bewegt sich aber der Marker auf der Wasserstandsleiste nicht weiter, und es lohnt sich kaum, auf diese Leiste zu spielen. Ein kleines Dilemma.

Dann erscheint mir eine Helferstartkarte doch im Verhältnis zu den anderen sehr stark. Und zwar die, auf dem ich auf den Markt beliebige Aktionen, anstatt nur eine Sorte machen kann. Das wäre vielleicht noch okay. Zusätzlich bewegt die Person aber auch einen neutralen Stein kostenlos und kann sich zusätzlich kostenlos auf besetzte Felder stellen. Im Gegensatz dazu hat niemand die Karte gewollt, in der ich für einen Minuspunkt eine zusätzliche Pflanzaktion machen kann. Vielleicht trügt aber auch der Eindruck. Weitere Spiele werden es zeigen.

Ein Solomodus ist in „Blumenstraße“ ebenfalls vorhanden.

Fazit: „Blumenstraße“ ist durch die eingängige Ikonografie, schöne Grafik und übersichtliche Anzahl an Aktionsmöglichkeiten sehr schnell erlernt. Darum, und aufgrund des Themas, eignet es sich meines Erachtens gut, um Wenigspielende mal an komplexere Aufgaben heranzuführen. Zu grübeln und zu optimieren gibt es allerdings genug, sodass auch wir als Vielspielende sehr viel Freude mit „Blumenstraße“ hatten und haben werden. Für mich eine Kaufempfehlung, wenn es mal nicht zu komplex, sondern einfach ein schönes, thematisches Kennerspiel sein soll. Ich hätte jedenfalls schon wieder Lust, in den Tulpenhandel einzusteigen.

Blumenstraße
Brettspiel für 1 bis 4 Spielende ab 14 Jahren
Dani Garcia, Pedro Codeço, Zbigniew Umgelter
Giant Roc 2024
EAN: 4255682705088
Sprache: Deutsch
Preis: 64,99 EUR

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