Arcs

Cole Wehrle ist eine Marke im Brettspielbereich. Mit „Root“ hat er ein entzückend anmutendes asymmetrisches Heavy-Conflict-Spiel kreiert, das als eines der besten Spiele seiner Art den Einzug in die Brettspiele-Hall-of-Fame erhalten hat. Wer die sozialen Brettspielmedien auch nur ein bisschen verfolgt, weiß, dass auch „Arcs“ große Beachtung gefunden hat. Wir schauen, was hinter dem Hype steckt, wer Freude am Spiel haben wird und wer nicht. Vor allen Dingen wollen wir Euch vor Trennung, Scheidung und dem Ende langjähriger Freundschaften bewahren.

von LarsB

„Kevin-Johannes, du sollst der Jacqueline nicht mit dem Gummihammer auf den Kopf hauen. Wie würdest du dich fühlen, wenn das jemand bei dir macht? Geh’ auf die stille Treppe und denk über dein Handeln nach!“ So oder so ähnlich sind viele von uns sozialisiert. In der Folge tut man Freundliches, achtet auf die Gefühle seiner Mitmenschen, hilft, wo man kann. Und vor allen Dingen hauen wir unserem Nachbarn nicht mit dem Gummihammer auf den Kopf, etwa weil er die Hecke nicht wie zugesagt geschnitten hat.

Brettspiele erlauben uns manchmal, die Regeln des politisch korrekten, gesellschaftlich akzeptierten, Gummihammer-freien Miteinanders für die Dauer einer Partie in ein „neues“ Regelwerk zu gießen. Sie erlauben uns, den anderen zu ärgern, ihn zu hintergehen, ihn zu jagen, ihn zu zerstören, vielleicht sogar mit dem Gummihammer. Also, auf dem Spielbrett und nur da. Es ist kein großes Geheimnis, dass die Spieler bei „Arcs“ ihre dunkle Seite erkunden dürfen – und müssen, wenn sie eine Chance auf den Sieg haben wollen. Am Rande der Galaxie gibt’s auf’s Maul, es wird geraubt, entführt und zerstört. Wen das nicht schockiert, wer seine Skrupel ablegen kann, wer sich eine Political-Correctness-Auszeit nehmen will und zum Gummihammer greifen mag, der sollte hier weiterlesen. Denn es verbirgt sich etwas ganz Besonderes in der arcs’schen Spieleschachtel.

Das Spielmaterial

Es fällt direkt der besondere Illustrationsstil von Kyle Ferrin ins Auge, der zum Markenkern von Leder Games geworden ist: ungewöhnlich, jugendlich, fast skizzenhaft und damit eine interessante Spannung zum Inhalt des Spiels erzeugend. Die Spielschachtel selbst ist angenehm kompakt und bietet genug Platz für alle Komponenten. Die Holzkomponenten sind funktional, stimmig und fast schon poppig in der Farbgestaltung. Wer sich fragt, ob die optional erwerbbaren Schiffsminiaturen in die Schachtel passen: Ja, das tun sie, wenn man die Holzschiffe woanders lagert.

Die vierseitigen Spielerhilfe-Broschüren sind nützlich und nicht übertrieben umfangreich. Sie ermöglichen den Überblick über die Spielkonzepte, den Rundenablauf, die Aktionsmöglichkeiten im Einzelnen und tischen auch die ein oder andere Detailinformation auf. So bringt die Spielerhilfe Spaß. Auch die Spielanleitung ist verständlich geschrieben und vom deutschen Lizenzpartner Spielworxx schlüssig übersetzt worden. Hinten auf der letzten Seite gibt es ein Schlagwortregister. Damit lassen sich die relevanten Stellen beim Nachschlagen der Regeln schnell auffinden. Sehr angenehm.

Die Karten sind ansprechend und dem Grafikstil des Spiels folgend gestaltet. Die Gilden- und Vox-Karten in der Kartenauslage haben teilweise zu viel Text auf zu kleinem Raum. Als Mitglied des Gleitsichtbrillenclubs strengt das meine trüben Augen gerade aus der Entfernung an. Leider wurde auf Ikonografie verzichtet. Die Karten sind allerdings wahrlich vielseitig in ihren Effekten. Wenn sie beim Nachlegen vorgelesen werden, hat jeder Spieler einen besseren Einblick, ohne zwangsläufig immer zur Tischseite mit den Karten wandern zu müssen. Glücklicherweise prägen sich einem die Karteneffekte nach einigen Partien über die Kartennamen oder die teilweise sehr charaktervollen bildlichen Darstellungen auf den Karten ein. 

Das Spielbrett und die Fraktionstableaus der Spieler sind solide. Doublelayer findet man hier allerdings nicht. Jeweils sechs blaue, rote und orangefarbene Würfel angenehmer Qualität runden den Schachtelinhalt ab. Die darauf abgebildeten Symbole sind vernünftig les- und interpretierbar.

Der Spielablauf

Wir befinden uns in einem ringförmig angeordneten Planetensystem am Rande der Galaxie. Auf den einzelnen Planeten gibt es Platz für ein oder zwei Infrastrukturen. Man kann dort Städte bauen, die einem über die Besteuerung den Abbau der Haupt-Ressource des Planeten gestatten. Oder man baut einen Raumhafen (mit integrierter Raumschiffwerft). Hier werden dann Raumschiffe gebaut. Aber keine friedlichen Transportschiffe oder gar Erlebnisraumfähren wie etwa in „Galactic Cruise“ (PD-Verlag)! Hier werden Raumschiffe mit großen Gummihämmern gebaut. Riesigen Gummihämmern! Oh Gott, das Adrenalin! Lieber der Reihe nach …

„Arcs“ ist ein kartengetriebenes Spiel, das in maximal fünf Runden beziehungsweise Kapitel gespielt wird. Kartengetrieben heißt, dass man durch das Ausspielen von Karten aus seiner Hand Aktionen auslöst. Man kann zum Beispiel Gebäude und Raumschiffe bauen, Raumschiffe bewegen und Steuern in Städten erheben. In jedem Kapitel stehen jedem Spieler zum Start sechs Handkarten zur Verfügung.

Der Startspieler „führt“ und spielt eine Karte aus, die gleichzeitig über die Kartenfarbe seine möglichen Aktionen beschreibt und einen Kartenwert hat. Dabei gilt: Je höher der Kartenwert, desto niedriger die Anzahl der möglichen Aktionen. Sind alle Aktionen abgearbeitet, ist der nächste Spieler dran. Er kann nun eins von drei Dingen tun: Die Kartenfarbe des Startspielers bedienen, allerdings ausschließlich mit einem höheren Kartenwert als der Startspieler, er kann eine andere Farbe spielen oder eine verdeckte Karte spielen.

Bedient er die Kartenfarbe mit einem höheren Wert als der Startspieler, kann er die Anzahl an Aktionen ausführen, die der Kartenwert gestattet. Spielt man eine andere Farbe, darf man zwar aus dem möglichen Aktionspool der ausgespielten Karte wählen, hat aber nur einen Aktionspunkt. Nur einen Aktionspunkt gibt es auch, wenn man eine verdeckte Karte ausspielt, um eine der Aktionen der Karte des Startspielers zu kopieren. Nur wer führt oder übertrifft, kann in seinem Spielzug mehrere Aktionen machen. Der nächste Startspieler wird übrigens der Gewinner des Stichs nach normalen Stichspielregeln und erhält die Initiative. Alternativ kann man die Initiative auch durch Ausspielen einer zusätzlichen, verdeckten Karte erlangen. In der Folge kostet das allerdings einen Zug.

Das Benutzen von Rohstoffen in der Phase zwischen „Karte ausspielen“ und „Aktionen der Karte abhandeln“ erlaubt weitere Aktionen. So ermöglicht Treibstoff etwa eine Raumschiffflottenbewegung, Baustoff den Bau eines Raumschiffs oder einer Struktur. Schließlich gibt es da noch Karten, die in einer Vierer-Auslage, dem „Hof“, liegen. Die sogenannten Gildenkarten gewähren mächtige Einmaleffekte oder nützliche Dauereffekte. Eine Karte wie das „permanente Treibstofflager“ verfrachtet den gesamten allgemeinen Treibstoffvorrat in den persönlichen Besitz des Kartenbesitzers. „Blinder Aktionismus“ wiederum gewährt eine zusätzliche (zufällige) Aktionskarte – und damit vielleicht einen zusätzliches Zug ganz am Ende des Kapitels. Sweet! Außerdem findet man ein Rohstoffsymbol auf jeder Karte. Wozu ist das gut?

Das bringt uns zur einzigen Art, in „Arcs“ Punkte zu machen. Und Punkte beziehungsweise „Macht“ wollen wir haben. Die können wir gegen die Weltherrschaft eintauschen. Fast ganz so wie bei der Treuepunktekarte aus dem Supermarkt. In jeder Runde hat nur der Startspieler die Gelegenheit, eine Ambition auszurufen. Die ist an den Kartenwert der ausgespielten Karte geknüpft. So könnte es mit einer ausgespielten „2“ am Kapitelende als „Tycoon“ Machtpunkte für die meisten Baustoff- und Treibstoff-Ressourcen am Ende des Kapitels geben. Die Ambition „Tyrann“ belohnt den Spieler mit den meisten Einheiten im Gefangenenbereich. Die Gefangenen sammeln wir über Besteuerung fremder Städte, die wir mittels unserer Raumschiffmehrheit vor Ort kontrollieren. Oder wir bekommen Gefangene beim Einsammeln der Gildenkarten, die man bei Agenten-Mehrheit sichern kann, wenn sich dort auch fremde Einheiten befinden. Der erfolgreichste „Kriegsherr“ bekommt seine Punkte bei Vorweisen der meisten, wie soll ich mich ausdrücken, Opfer, die er mit dem, äh, Gummihammer, also, kaputt gemacht hat. Trophäen heißt das hier bei „Arcs“. Da hört sich jetzt der Gefangenenbereich doch wieder attraktiv an. Ich schweife ab. Es gibt jedenfalls nur drei Wertungen pro Kapitel. Da sollte man idealerweise schon mal mitbestimmen, für was es in dieser Runde Punkte geben soll. Gummihammer! Gummihammer! 

Mit den Ambitionen ist das aber so ein zweischneidiges Schwert. Rufe ich sie aus, entwerte ich meine Karte (Wert 0), sodass jeder Mitspieler mit gleicher Kartenfarbe locker überbieten kann. Damit erlaubt man zum Beispiel bei ausgespielter Agression-Karte in der Folge ein fröhliches Gemetzel, da das Übertreffen der Karte in der Regel kein Problem mehr darstellt und somit viele „Agro-Aktionen“ zur Verfügung stehen. Die Initiative, also das Recht, die erste Karte zu spielen und damit zu führen, werde ich wahrscheinlich auch verlieren, da der Kartenwert Null eben leicht zu übertreffen ist.

Bleiben noch die acht Machthaberkarten sowie die vierzehn Mythenkarten, die dem Spieler – am Anfang der Partie gedraftet – Spezialfähigkeiten verleihen, aber oft auch einen Malus für die Partie bereithalten. 

Is there fight? Yes, there is fight! Kämpfe werden in einem einzigen Würfelwurf ausgetragen. Der Angreifer erwürfelt den Schaden bei sich selbst gleich mit. Der Verteidiger darf sich zurücklehnen. Über die Wahl der Würfel (es stehen drei Versionen zur Verfügung) wählt man das Hauptziel (Raumschiff oder Gebäude) und die Chance-Risiko-Ausprägung des Wurfs. Die blauen Geplänkelwürfel bewahren den Angreifer sicher vor eigenem Schaden, erzeugen aber auch kaum Schaden beim Gegner. Bei den roten und orangenen Würfeln geht es da schon mehr zur Sache. Zum Glück sind Raumschiffe und Strukturen nicht direkt beim ersten Treffer kaputt, bei zwei Trefferpunkten verabschieden sie sich jedoch in den Gummihammerbereich des interagierenden Mitspielers. Während man mit roten und blauen Würfeln in der Hauptsache die Raumschiffe ins Visier nimmt, erlauben die orangefarbenen Würfel „fokussierte Interaktion“ mit der Infrastruktur auf dem Planeten. Damit raubt man dann Gildenkarten und Ressourcen. Und womöglich zerstört man die Infrastruktur selbst, wenn sie eben nicht stabil genug war – für den Gummihammer. Doch Vorsicht, Städte zerstören führt zu einem „Aufschrei“. Vollkommen unthematisch … Angeblich würde der betroffene Volksstamm fortan bei Sonderaktionen in der frühen Auftakt-Phase des Spielzugs einen dann nicht mehr unterstützen wollen. Mimimi. Insgesamt, das sei hier schon einmal eingeordnet, ist der Kampf elegant gestaltet, schnell abgehandelt und bietet durch die Wahl der Würfel interessante Entscheidungen.

Das Spielgefühl

„Arcs“ vermag wie wenige Spiele Emotionen zu wecken. Das mag zum einen am Glücksfaktor liegen. Würfel werfen heißt auch immer, dass mal ein Wurf besonders gut oder besonders schlecht gelingen kann. Karten ziehen heißt, dass ich mal ein gutes und mal ein schlechtes Blatt auf der Hand haben kann. Schon an dieser Stelle wird gefeiert oder das Entsetzen herausgejammert. Aber die wahre emotionale Tiefe beruht auf etwas anderem.

„Arcs“ hat wenige dieser offenkundigen Hebel, die man je nach eigener Spielsituation in die eine oder in die andere Richtung kippt. „Arcs“ hat viele versteckte Ebenen. Einige Zusammenhänge begreift man erst nach einigen Partien. Wann nehme ich mir die Initiative? Wann benenne ich welche Ambitionen? Welche Kartenhand unterstützt mich bei der einen oder der anderen Taktik? Wie und wann spiele ich meine Karten? Schädige ich die Flotte zum Beispiel ohne Risiko leicht vor, damit sie beim „richtigen“ Angriff nicht mehr so wehrhaft ist? Wie schaffe ich den großen Wurf im letzten Zug einer Runde, damit die Gegner darauf vor der Wertung nicht mehr reagieren können? Natürlich gehört auch Trashtalk dazu: Man redet sich selbst schwach und sät Zwietracht unter den Mitspielern.

Alles richtig eingetütet kann es dann in der letzten Runde gelingen, vom letzten Platz noch ganz nach vorne zu stürmen. Und das weckt RIESIGE Emotionen. Ich habe schockierende Sätze von mitten im Leben stehenden Familienvätern gehört, die diese wahrscheinlich Jahrzehnte nicht über ihre Lippen haben kommen lassen. Da spricht das pure Addrenalin. Das Faszinierende: Spielverläufe gestalten sich höchst divers. Sensationelle Comebacks (begünstigt durch Ambitionen-Punkte-Eskalation über den Spielverlauf) und Start-Ziel-Siege sind allesamt Teil des „Arcs“-Portfolios. 

Das ist aber so richtig wahr erst für den „Arcs“-Spieler mit ein paar Partien auf dem Kerbholz. Gerade in den ersten Partien fühlt man sich dem Spiel schon mal ausgeliefert. „Ich habe schlechte Karten. Ich kann nichts tun.“ Wenn ich eine „schlechte“ Kartenhand habe, dann bedeutet das primär, dass es anspruchsvoller ist, sie gut zu spielen. Auch beim Würfeln habe ich immer die Möglichkeit, meine Chancen und Risiken durch die Wahl der Würfel zu beeinflussen. Im Laufe eine Partie gleicht sich durch die Vielzahl der Kämpfe oftmals das Würfelglück wieder aus. Es wird, wie die Statistik lehrt, immer Ausnahmen geben. Es wäre aber unfair „Arcs“ gegenüber, diese Seltenheiten zu weit in den Vordergrund zu rücken.

Nach den ersten Partien sieht es in den Köpfen vieler Spieler wahrscheinlich in etwa so aus: „Ich weiß nicht, wie ich ‚Arcs‘ finde. Es ist irgendwie so unberechenbar.“ „Arcs“ hat eine sehr hohe Dynamik. Auf der Packung steht im Untertitel vollkommen zurecht „Konflikt und Kollaps.“ Na gut, an einigen Stellen steht auch „Konflikt und Kollpas.“ Sei’s drum. Ein Kollaps ist eine vorübergehende Störung des Herz-Kreislauf-Systems. Und das „Vorübergehend“ beschreibt „Arcs“ wunderbar. Entwicklungen können sehr wenig stetig sein. Gerade noch ’ne große Flotte gehabt. Jetzt wieder dran und kaum mehr ein intaktes Raumschiff unter meinem Kommando. Gerade noch alle Baustoffmarker bei mir, in der nächsten Runde komplett blank. Danke, Freunde! Hier wird klar, dass „Arcs“ eigentlich auch „Aaarghhhs“ hätte heißen können.

Allerdings hat Cole Wehrle dem Spiel eine gute Balance angedeihen lassen, die das stumpfe Plattmachen schwacher Mitspieler unattraktiv macht. Bei Überfällen möchte ich gern Ressourcen und Gildenkarten rauben. Das gelingt mir natürlich nicht bei jemandem, der gerade ausgeraubt worden ist oder eh kaum etwas hat. Anderes Beispiel: Für großen Ruhm als Kriegstreiber möchte ich mich nicht mit kleinen gegnerischen Flottenverbänden oder gar Einzelschiffen aufhalten. Da suche ich mir gern den Kollegen mit mehr Altmetall in der Umlaufbahn. Drittes Ding: Ich möchte in meinem Zug nicht nur meine Lage verbessern, ich möchte gern dabei auch die Lage meines Mitkonkurrenten verschlechtern. Die Frage „Wie kann die Möglichkeiten meines stärksten Konkurrenten beschneiden?“ geistert häufig durch den eigenen Kopf. Denn das ist dann doppelt gut für mich. Im Spiel zu zweit greift diese Logik jedoch offenkundig nicht.

Gerade die Gildenkarten und die Voxkarten (Karten mit Sofort-Effekt) zeigen mehrere Wege zum Ziel auf: Ich brauche viele Raumschiffe? Ich baue Werften und dann Raumschiffe – oder ich spiele mal den „Plänkler“ oder „Loyale Marines“ zwischendurch für drei Raumschiffe mal eben so. Treibstoff benötigt und mein Mitspieler sitzt drauf? Ich überfalle mit meiner Flotte die Stadt eines Mitspielers mit viel Treibstoff im Lager – oder ich hole mir die „Schiffsrechte“ und bediene mich beim Mitspieler und fülle mein Treibstofflager auf einen Schlag bis zum Rand. Doch wann mache ich das genau? Am liebsten kurz vor der Wertung. Dann gibt es keine Chance, noch darauf zu reagieren. Aber wenn ich zu lange warte, dann werden mir noch die „Schiffsrechte“ geklaut. Hmmm. TIMING wird bei „Arcs“ großgeschrieben – jeder einzelne Buchstabe. Denn abgerechnet wird immer erst am Ende eines Kapitels.

Durch das  ringförmige Kartenlayout und die Katapult-Mechanik, die eine Raumschiffeflotte ab loyalem Raumhafen entlang des inneren Rings quasi überall hin schießen kann, wenn die Gegner dort nicht aktiv blockieren, gibt es wenig Rückzugsorte. Das Layout lädt förmlich zu einer interaktiven Spielweise sein. Mauerer und Verschanzer finden ein schlechtes Terrain vor.

Über das Modul „Machthaber und Mythen“ kann man dem Spiel vom Start weg eine Asymmetrie geben, die dem Spiel weitere Vielfalt und Abwechslung geben. Ich würde empfehlen, es ab Partie drei mit hineinzunehmen. Die besonderen Fähigkeiten sind relevant und beziehen sich nicht nur auf eine asymmetrische Rohstoffverteilung zum Start. Beispiele? Der „Rebell“ darf/muss mit zwei zusätzlichen Würfeln angreifen, aber nur zwei Schiffe zugleich bewegen. Der „Emporkömmling“ erhält eine Ressource beim Bekunden einer Ambition, kann aber keine (eigenen) Städte besteuern, die er nicht kontrolliert. Durch die Kombination von Machthaberkarte und Mythoskarte wird man praktisch nie im gleichen Setting unterwegs sein. 

Fazit: „Arcs“ hat eine große, teilweise versteckte taktische Tiefe. Das Spiel ist auf der einen Seite vielschichtig und subtil und auf der anderen Seite so direkt auf’s Maul. Es bricht mit Konventionen und bringt frischen Wind in die Brettspielszene. „Arcs“ muss erkundet werden. Es ist aber nichts für Spieler, die den Gummihammer nicht auspacken mögen. Es ist auch nichts für Leute, denen hohe Planbarkeit und Stetigkeit wichtig sind. Und ohne eine gute Portion Resilienz droht Frustration. ABER: Unglaubliche Wendungen dank perfektem Timing, schlauem Kartenspiel und geschickter Manipulation der Mitspieler erzeugen Emotionen wie sonst nur ganz wenige Brettspiele. „Arcs“ ist für Spieler, die auf immer neue Situationen reagieren mögen und die breite Klaviatur eines Brettspiels zu schätzen wissen. Und mal ab und an Urlaub vom Gutmenschentum am Rande der Galaxie erscheint zumindest mir sehr attraktiv. „Arcs“ ist nicht zuletzt auch aufgrund der Eleganz seines Designs ein Spiel für die Brettspiel Hall-of-Fame.

Arcs
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 14 Jahren
Cole Wehrle
Spielworxx 2025
EAN 741049185371
Sprache: Deutsch
Preis 65,00 EUR

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