Adventure Games – Die Vulkaninsel

Mysteriöse Vorfälle auf einer Vulkaninsel, geheimnisvolle Artefakte, eine gerissene Schmugglerbande und vier jugendliche Heldinnen und Helden. Klingt nach den Zutaten eines Jugend-Abenteuerromans. Ist aber der Plot des neuesten Adventure Games aus dem Hause Kosmos. Nach „Das Verlies“ und „Die Monochrome AG“ geht es dieses Mal in die späten Achtziger.

von Michael Wilhelm

Nachdem wir uns in „Das Verlies“ durch ein mittelalterliches, phantastisch angehauchtes Setting und in „Die Monochrome AG“ durch einen Science-Thriller gerätselt haben, befinden wir uns dieses Mal in Gestalt von vier Studenten in einem etwas ungewöhnlichen Seminar an einer kleinen Insel-Universität, wahrscheinlich irgendwo im spanischen oder lateinamerikanischen Raum. Zwei weibliche und zwei männliche Figuren stehen zur Auswahl, jede mit einem bestimmten Studien-Schwerpunkt und einem korrespondierenden Element (was im Spielverlauf bei manchem Erkundungsaktionen durchaus von Belang sein kann).

Viel aufzubauen gibt es zu Beginn nicht. Vom Stapel der großformatigen Ortskarten wird die erste offen ausgelegt. Die restlichen Karten werden als verdeckte Stapel bereitgelegt. Der umfangreichste davon ist der 90 Karten dicke Stapel der Abenteuerkarten (nummeriert von 10 bis 99). Das sind vor allem Gegenstände, die im Laufe des Spiels gefunden und miteinander oder mit Orten auf den Ortskarten kombiniert werden wollen. Außerdem gibt es noch einen Missions- und einen Zeitstapel sowie einige kleinformatige Zusatz-Ortskarten.

Wir beginnen das Spiel auf der ersten liebevoll illustrierten Ortskarte, die den Parkplatz am Schluchteingang zeigt. Dort sollten wir eigentlich mit unserem Dozenten Piku Abreu die Exkursion beginnen. Doch der ist leider verhindert, also beginnen wir selbst mit der Erkundung. Das geht prinzipiell alleine oder mit bis zu vier Spielern. Im Spiel alleine sollte man zwei Figuren führen, da man an ein paar Stellen in der Geschichte sonst nicht weiterkommt.

Auf den Ortskarten sind Stellen, die untersucht werden können, mit dreistelligen Zahlen markiert. Im 92-seitigen Abenteuerbuch gibt es zu jeder Nummer einen Eintrag, der zur Erkundung vorgelesen wird. Manchmal findet man einen Gegenstand, der dann aus dem Stapel der nummerierten Abenteuerkarten genommen werden kann. Oder man erhält, mal wichtigere, mal weniger wichtigere, Informationen. Manchmal wird auch einfach nur etwas erzählt, das zur Story und Atmosphäre beiträgt. Wie in den beiden Vorgängern bedient sich auch „Die Vulkaninsel“ einem gut durchdachten System für das Kombinieren von Gegenständen und Orten. Dann werden nämlich die Zahlen der beiden Karten oder Orte in Reihe gesetzt und ein vier- oder fünfstelliger Eintrag vorgelesen. Manche Kombinationen sind sehr logisch und gut nachvollziehbar, andere durchaus etwas skurriler, sodass man manchmal etwas rumprobieren muss, bis man weiterkommt. Im schlimmsten Falle, wenn man gänzlich auf dem Schlauch steht, gibt es eine Liste mit (spoiler-freien) Hinweisen im Regelheftchen.



Reihum machen die Spieler eine Aktion, das heißt sie können einen Ort auf einer offenbarten Ortskarte erkunden oder zwei Abenteuerkarten kombinieren oder eine Abenteuerkarte mit einer Stelle auf einer Ortskarte kombinieren. Die Story schreitet voran, indem neue Abenteuerkarten gefunden und neue Ortskarten zugänglich gemacht werden. Dann wird jedes Mal eine Einführung für die neue Ortskarte vorgelesen und die zu erkundenen Bereiche auf der Ortskarte beschrieben. Am Ende jedes Kapitels gibt es eine kleine Wertung für erreichte Zwischenziele und gefundene Abenteuerkarten.

Man sollte sich schon mehrere Abende (oder einen sehr langen Abend) Zeit nehmen, um die vier Kapitel lange Geschichte der Vulkaninsel mit variablem Showdown durchzuspielen. Veranschlagt werden 75 Minuten je Kapitel, beim langen dritten Kapitel 150 Minuten. Je nach den im Verlauf getroffenen Entscheidungen gibt es zwei unterschiedliche Schlusskapitel. Und auch schon in den ersten Kapiteln gibt es verschiedene Entscheidungen zu treffen, die beispielsweise über erhaltene Abenteuerkarten den späteren Spielverlauf beeinflussen.

Der Spielstand kann unkompliziert „gespeichert“ werden, indem man die Kartenauslage zu Kapitelende fotografiert oder notiert, welche Karten verfügbar waren. Prinzipiell geht das auch mitten im Kapitel, stimmiger und unproblematischer ist es allerdings an den vorgesehen Stellen zwischen den Kapiteln.

Zumindest zweimal durchspielen sollte man „Die Vulkaninsel“, da man sonst eines der beiden völlig unterschiedlichen Schlusskapitel verpasst. Naja, prinzipiell kann man auch den Spielstand im dritten Kapitel speichern oder reaktivieren, Aber vielleicht hat man ja auch in den vorigen Kapiteln noch Lust, was anderes auszuprobieren oder will die Geschichte mit anderen Spielfiguren spielen.

Mit insgesamt fast vier Stunden Spielzeit für bis zu vier Spieler bieten die „Adventure Games“ ein ordentliches Preis-Leistungs-Verhältnis. Mit einem Kino-Besuch (der in der aktuellen Corona-Krise sowieso nicht möglich ist) wäre man schon deutlich mehr Geld los. Sehr ansehnlich ist auch wieder das Spielmaterial. Die Illustrationen sind detailreich und stimmungsvoll. Und es macht viel Spaß, sich am Kombinieren von Abenteuerkarten und Orten zu versuchen. Manchmal kommen dabei echt witzige Sachen raus. Und wer besonders aufmerksam ist, kann auch noch das eine oder andere Easter Egg entdecken, ganz zu schweigen von den vielen Anleihen an Klassiker aus dem Abenteuer-Genre, insbesondere Indiana Jones und die Point-and-click-Adventures aus der guten alten Zeit.

Fazit: Auch „Die Vulkaninsel“ bietet wieder eine spannende und kurzweilige interaktive Abenteuergeschichte. Zwei, drei abendfüllende Knobelrunden sind sicher, wenn man auf den Spuren der Schmugglerbande und des fehlenden Archäologen die exotischen Schauplätze erforscht. Und dann gibt es ja auch noch den Vulkan ...

Adventure Games – Die Vulkaninsel
Kartenspiel für 1 bis 4 Spieler ab 12 Jahren
Phil Walker-Harding, Matthew Dunstan, Chihiro Mori
Kosmos 2019
EAN: 4002051693169
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 14,99

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