Warcraft – Legends: Band 5

Die „Warcraft“-Welt ist ein Ort epischer Konflikte. Und so verwundert es vielleicht nicht, dass auch die Geschichten der „Legends“-Reihe zuweilen epische Züge annehmen. So zu lesen im fünften Band des von Manga Cult verlegten Comics.

von André Frenzer

Eröffnet wird der Band mit dem zweiten Teil der im Vorgängerband begonnenen Geschichte „Kriegerin durch und durch“. Hier wird der Werdegang von Thralls Mutter Draka beschrieben. Interessanterweise endet die Geschichte genau so, wie man es sich zum Ende des ersten Teils hin bereits denken konnte. Ein überraschender Twist bleibt aus, die Geschichte plätschert ihrem vorhersehbaren Ende entgegen. Immerhin wird keine weitere mehrbändige Fortsetzungssaga gesponnen, stattdessen finden die Ereignisse um Thralls Mutter hier bereits ihr Ende. Das möchte ich der ansonsten reichlich belanglosen Geschichte immerhin positiv anrechnen. Mit „Die vereinigte Kriegerin“ gibt es ebenfalls ein Wiedersehen mit alten Bekannten: Die getrennt aufgewachsenen Zwillingsmädchen Lieren und Loania verließen wir zuletzt als es ihnen gelungen war, ihre Mutter von ihrem untoten Dasein zu befreien. Nun machen sich die beiden auf, um auch ihren Vater von seinem Leiden zu erlösen. Das Wiedersehen mit den beiden ungleichen Geschwistern hat mir deutlich mehr Freude bereitet. Die Geschichte ist rasant erzählt und auch wenn die Charakterzeichnung der ungleichen Schwestern unkreativ fantasytypisch geworden ist, so macht es doch Lesefreude, ihnen beim Entwickeln ihrer Kräfte über die Schulter zu schauen.

In der dritten Geschichte, „Der erste Wächter“, folgen wir dem geheimen Rat von Tirisfal bei dem Versuch, die Stadt der Magier Dalaran von dem Einfluss eines finsteren Dämonenfürsten zu befreien. Um siegreich aus dem Kampf hervorgehen zu können, benötigen die Ratsmitglieder einen Magier, der in der Lage ist, ihre Kräfte zu bündeln und zu kanalisieren. Vielleicht ist der auffällig begabte Halbelf Alodi der richtige für diese Aufgabe? Während die Handlung um den Kampf mit dem Dämon durchaus zu gefallen weiß, wird die Charakterentwicklung des faulen Lehrlings Alodi zum über Azeroth wachenden Superhelden nicht nur viel zu schnell dargestellt, sondern kommt auch nicht ohne tränenrühriges Drama und dröhnenden Pathos aus. Hier wäre etwas weniger durchaus einmal mehr gewesen; insgesamt konnte mich die Geschichte aber überzeugen. Noch epischer wird es in „Ein säuberndes Feuer“. Hier präsentiert Evelyn Fredericksen die Geschichte des „Kopflosen Reiters“, der in den sogenannten „Schlotternächten“ die Lebenden heimsucht und Tod und Verderben bringt. Um die Geschichte dieses Unholds zu verstehen, muss man der Geschichte der Silberhand und ihres verlorenen Kampfs gegen die Geißel der Untoten folgen. Hier kämpft der Paladin Thomas und auch in der Nachfolgeorganisation, dem Scharlachroten Kreuzzug, ist der eifrige Krieger immer an vorderster Front – bis sein Geist irgendwann an seinen eigenen Taten zerbricht. „Ein säuberndes Feuer“ schafft es, die moralisch fragwürdige Vorgehensweise des Scharlachroten Kreuzzugs, die Verzweiflung im Kampf gegen die untote Epidemie und das Schicksal der großen Helden und tragischen Figuren dieses Konfliktes sehr geschickt zu umreißen. Empfehlenswert.

Erstmals haben sich sogar fünf Geschichten in einem „Legends“-Band versammelt; „Albträume“ ist allerdings recht kurz geworden und beschreibt die Albträume einiger bekannten Charaktere Azeroths. Ihre schlimmsten Befürchtungen, alternative Geschichten aus der Welt und damit irgendwie spannend und erfrischend zu lesen – zugleich aber ob ihrer Bedeutungslosigkeit irgendwie belanglos. Ein nettes Gimmick, ebenso wie die wie üblich der Erstauflage beiliegenden „exklusiven Sammelkarte“.

Handwerklich kann ich dem vierten Teil der Reihe abermals ein gutes Zeugnis geben. Die „Legends“-Reihe bleibt sich nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch treu, was Zeichnungen in verschiedenen Stilen aber auf sehr ordentlichem Niveau bedeutet. Der 192 Seiten starke Band erscheint komplett in Schwarz-Weiß, das Cover ist robust. Einige großformatige Bilder mit Szenen aus den Comics runden den Band ab.

Fazit: Wie auch bei den meisten Vorgängerbänden gelingt es dem fünften „Legends“-Band nicht, eine gleichmäßige Qualität zu liefern. Wissen einige Geschichten doch wirklich zu fesseln oder zeigen interessante Aspekte der „Warcraft“-Welt, bleiben andere blass und eher generischer Fantasy-Einheitsbrei. Für Fans bleibt die Reihe absolut empfehlenswert, Gelegenheitskäufer müssen sich wieder die Frage beantworten, ob ihnen zwei gute Geschichten genügen.

Warcraft – Legends: Band 5
Comic
Richard A. Knaak, Dan Jolley, u. a.
Cross Cult 2018
ISBN: 978-3959814898
192 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 10,00

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