In „Gejagt!“ versucht die Abenteuergruppe, in der Stadt Gondalis im Mertalischen Städtebund die Hintergründe zur Entführung eines Gnoms aus dem fernen Farukan aufzudecken. Das ist als klassisches Detektivszenario umgesetzt. Die Spielerinnen und Spieler ermitteln sich quer durch die Metropole, um irgendwann hoffentlich auf die Hintermänner der Entführung zu stoßen und den Gnom zu befreien. Da es für die Rettung ein Zeitlimit gibt, kann das aber auch schiefgehen, was dem Abenteuer eine gewisse Dringlichkeit verleiht.

Politisch wird es in „Ein Funke Mut“, wenn sich die Abenteurerinnen und Abenteurer in den Kampf zwischen König Finn von Harreburg, dem Herrscher des Königreichs Midstad, und einer Widerstandgruppe einmischen. In diesem Abenteuer steht neben Action auch die soziale Interaktion im Vordergrund. Dank eines interessanten Spielmechanismus’ kann die Gruppe im Verlauf der Handlung die Stärke des Widerstandes maßgeblich beeinflussen, was sich dann wiederum in unterschiedlichen Showdown-Varianten niederschlägt.

Ein Hauch von Kurosawas „Die sieben Samurai“ weht durch „Das Heulen des Windes“, in dem die Gruppe ein Wintholter Dörfchen bei der Verteidigung gegen einen Stamm der Raugarr, einem wilden Vargen-Volk, beistehen muss. Die unter Zeitdruck stattfindende Sicherung des Dorfes ist dabei für Planer und Strategen interessant, die direkte Auseinandersetzung mit den Vargen für kämpferische oder sozial begabte Charaktere.

Damit bietet „Unter Wölfen“ drei ordentliche Geschichten mit unterschiedlichen Ansätzen und unterschiedlichen Schwerpunkten, die in der Summe eine Menge Rollenspielstile abdecken und verschiedenste Abenteurertypen bedienen. Also genau die Mischung, die wir schon aus den ersten beiden offiziellen „Splittermond“-Abenteuern kennen.

Wertetechnisch richtet sich „Gejagt!“ an den ersten Heldengrad und „Ein Funke Mut“ an den zweiten – im Klappentext ist für das Abenteuer ebenfalls der HG 1 angegeben, laut „Splittermond“-Forum ist aber der Wert, der auf S. 25 abgedruckt ist, korrekt. „Das Heulen des Windes“ mit der Sicherung des Dorfes und der Auseinandersetzung mit den Vargen bietet dagegen für Charaktere des dritten Heldengrades einige Herausforderungen.

Storytechnisch reißt keine der drei Geschichten Bäume aus. Die Handlungen sind zwar spannend und teilweise interessant in ihren Ansätzen, in der Umsetzung dann aber doch eher konventionell und mit zu wenigen Wendepunkten, besonderen Begegnungen oder Aha-Momenten ausgestattet, um vollends zu begeistern. „Das Heulen des Windes“ ist in meinen Augen sogar eher ein Szenario denn eine vollwertige Erzählung. Und Epen kann man natürlich auf etwa 20 Seiten pro Abenteuer ohnehin nicht erwarten. Damit eignen sich die Abenteuer gut als Happen für zwischendurch, wenn man jeweils ein oder zwei Spieleabende füllen möchte. Und sie sind eher für Einsteiger und Gelegenheitsspieler geeignet.

Das ist ein bisschen schade, denn diese beiden Spielertypen sind im „Splittermond“-Universum mit „Türme im Eis“, „Der Fluch der Hexenkönigin“, „Das Geheimnis des Krähenwassers“, „Kettenrasseln“ aus der Einsteigerbox und „Zwist der Geschwister“ sowie „Seelenqualen“ aus dem Regionalband „Die Arwinger Mark“ im Moment wahrlich bestens mit Abenteuernachschub versorgt. Man kann also nur hoffen, dass sich der nächste Abenteuerband „Die Seidene Stadt“ sowohl inhaltlich als auch von den Herausforderungen her ein wenig mehr an erfahrene Rollenspielerinnen und -spieler richtet.

Fazit: „Unter Wölfen“ ist ein Band mit drei kurzen Abenteuern, die für sich genommen durchaus unterhaltsam und gut gemacht sind, die aber eine Abenteuersparte bedienen, die mir im Kontext der bisherigen „Splittermond“-Veröffentlichungen allerdings langsam ein wenig überversorgt zu sein scheint.