The Umbrella Academy 3: Hotel Oblivion

„Welcome to the Hotel California; Such a lovely place [...] Bring your alibis. Mirrors on the ceiling; The pink champagne on ice; And she said: „We are all just prisoners here of our own device.“ [...] Last thing I remember; I was running for the door; I had to find the passage back; To the place I was before. „Relax,“ said the night man; „We are programmed to receive; You can check out any time you like; But you can never leave.“ [...]“ In der Popkultur existieren einige besondere Herbergen, wie das von der Band The Eagles besungene „Hotel California“. Im dritten längeren Comic-Abenteuer von The Umbrella Academy fügen Gerard Way und Gabriel Bá der Reihe an bemerkenswerten Häusern mit ihrem Hotel Oblivion ein weiteres hinzu.

von Simon Ofenloch

Strahlende und vorbildliche Superhelden, das waren sie eigentlich noch nie so richtig, die Wunderkinder der Umbrella-Academy-Familie. Nach einigen Schicksalsschlägen und kräftezehrenden Abenteuern sind die Verbliebenen von ihnen, Spaceboy, Kraken, Séance, Rumor, die Weiße Geige Vanya und Nummer Fünf, mehr mit eigenen Problemen beschäftigt als daran interessiert, die Welt vor Bösewichten und Übeltätern zu beschützen. Tatsächlich befinden sich viele ihrer gefährlichsten Gegner, Irre mit vergleichbaren Superkräften, mittlerweile in Verwahrung, weggesperrt von Sir Reginald Hargreeves, dem Adoptivvater der einstigen Wunderkinder. In einem wunderlichen Gefängnis zwischen Raum und Zeit, das sich als Hotel ausgibt. Ein Hotel, in dem das Telefon niemals klingelt und der Zimmerservice gesichtslos ist. Doch die Sicherheit ist trügerisch. Denn böse Kräfte sammeln sich, um das Unheil von Neuem zurück auf und über die Erde zu bringen. Und so holt die Zöglinge des reichen Visionärs Hargreeves bald die Vergangenheit wieder ein. Im Angesicht der geballten Bedrohung müssen sie ein ums andere Mal zusammenstehen und sich der Angriffe von wahnsinnigen Superschurken erwehren.

Wer sich auf die Reise begibt ins Hotel Oblivion, der erlebt einen irren Trip an Orte und in Dimensionen, wie man sie wohl nicht erwartet hätte. Das ist die große Kunst dieser Comic-Reihe von Texter Gerard Way, auch bekannt als Sänger der Rockband „My Chemical Romance“, und Zeichner Gabriel Bá, hier nun unterstützt von Kolorist Nick Filardi: ungezügelter Ideenreichtum und Fabulierfreude und zeichnerische Meisterschaft in Extravaganz. Mit jedem neuen Abenteuer der Umbrella Academy beginnt eine neue spannende Reise ins Ungewisse. Da lässt sich schwer abschätzen, was einen unterwegs erwartet. Außer dass es originell und ganz großartig sein wird.

Und so ist das dritte Abenteuer „Hotel Oblivion“ wieder ganz anders als das erste, „Weltuntergangs-Suite“, und das zweite, „Dallas“. Mit verrückten Ideen und Handlungsverläufen, die gekonnt spielen mit Referenzen und Ironisierungen und gespeist sind von einem wachen Geist mit breiter Kenntnis über die Untiefen der postmodernen Popkultur. Wer sich auf die Suche macht, findet schnell Bezüge zu ähnlichen Motiven, wie dem Hotel, in dem Captain Willard erste Minuten des Films „Apocalypse Now“ verbringt, oder jenem von Leonardo DiCaprios Richard in „The Beach“, oder wie der psychiatrischen Anstalt Arkham Asylum bei Batmans Gotham City. Ebenso zum Overlook Hotel in „The Shining“. „Der Elementare Mann“ lässt an den „Silver Surfer“ denken, die „Perseus Corporation“ an James Bonds „Spectre“. Und dann glaubt man noch Anklänge an Dr. Whos TARDIS zu erkennen, ans Raumschiff Enterprise, Marvels She-Hulk oder auch Thor. Und die grässlichen Tentakelmonster von Howard Phillips Lovecraft scheinen ebenfalls Einfluss genommen zu haben. Bei den Hauptfiguren kommt es zu einigen Weiterentwicklungen. So entsteht auch eine neue Dynamik zwischen Spaceboy und Kraken, die sich einander annähern.

Mit „Hotel Oblivion“ beweisen die verantwortlichen Künstler, dass sie ihr Handwerk voll beherrschen und immer wieder aufs Neue zu überraschen und grandios zu unterhalten verstehen. Hier hat ausgelassener Irrwitz der Langeweile den Kampf angesagt – und in jeder Runde gewonnen. Einige Geschmacklosigkeiten werden billigend in Kauf genommen, wie auch Szenen von überspitzter Drastik. Doch wer hier mit Ernsthaftigkeit argumentiert, ist sowieso fehl am Platz. Alles ist phantastisch versponnen und gänzlich ungeniert. Ein wahnwitziger, atemberaubender Spaß.

Erschienen die zwei vorangegangenen Bände noch als „Neuen Edition“ in einer Neuauflage mit einem angepassten größeren Format, handelt es sich bei Band 3 nun um eine deutsche Erstveröffentlichung.

Als Bonusmaterial zum Hardcover-Sammelband gibt es neben der siebenteiligen Hauptgeschichte „Hotel Oblivion“ ein Vorwort vom kanadischen Comic-Autor Jeff Lemire, einige Entwurfsskizzen und Charakterstudien und Kurzbiographien von Gerard Way und Gabriel Bá, gefolgt von einigen Werbemotiven für weitere Comics aus dem Programm von Cross Cult.

Fazit: Mit einem bunten Strauß verrückter neuer Figuren entwerfen Gerard Way und Gabriel Bá ein überraschendes neues Szenario für ihre schräge Superheldentruppe, das sich zu einem weiteren atemlos überdrehten Abenteuer auswächst, gespickt mit Popkultur-Referenzen und -Zitaten.  

The Umbrella Academy 3: Hotel Oblivion

Comic
Gerard Way, Gabriel Bá
Cross Cult 2019
ISBN: 978-3-95981-164-4
200 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 22,00

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