Star Wars – Timelines

„Die Geschichte von der Zeit vor der Hohen Republik bis zum Ende der Ersten Ordnung“ – mit diesem barock anmutenden Untertitel kommt der neuste schwere „Star Wars“-Sachbuch-Hardcoverband von Dorling Kindersley (DK) auf den Markt. Geboten wird ein Streifzug quer durch die Jahrhunderte der „Star Wars“-Galaxis, diesmal nicht in Fließtextform, sondern als Zeitleisten aufbereitet. Eine gute Idee?

von Frank Stein

Angesichts der reichhaltigen Historie der „Star Wars“-Galaxis, die sich sehr lebhaft über mehrere Jahrhunderte erstreckt und zumindest rudimentär gar über Jahrtausende, sollte man denken, dass ein Geschichtsbuch schon längst Pflicht gewesen wäre. Doch recherchiert man ein wenig zurück, findet man zwar eine Menge Figuren- oder Charakter-Lexika sowie illustrierte Enzyklopädien zu verschiedenen Filmen, aber die „Geschichte“ von „Star Wars“ wird nur aus produktionshistorischer Sicht erzählt, also wie es zu George Lucas’ ursprünglichen Meisterwerk kam und wie sich das Franchise entwickelte. Wenn man sehr tief in seinen Erinnerungen (oder der privaten Genre-Bibliothek) kramt, findet der Kenner vielleicht noch den Softcoverband „The Essential Chronology“ von 2000 oder dessen Nachfolgeband „The New Essential Chronology“ von 2005, aber diese Bücher stammen nicht nur aus einer anderen Generation, sondern auch aus einem anderen Kanon.

Daher ist es gut und zunächst einmal sehr willkommen, dass nun endlich diese Lücke geschlossen wurde. Und DK-typisch wurde sie geradezu luxuriös geschlossen. Der „Timelines“-Band ist groß und schwer, ein Hardcover mit 344 robusten Vollfarb-Seiten, zu denen auch ein umfangreiches Inhaltsverzeichnis und ein seitenlanges Register gehören. In ersterem sieht man, dass das Buch im Wesentlichen chronologisch angelegt wurde – mit kleinen, ausgewählten Exkursen, etwa zum Königshaus von Naboo, dem Skywalker-Lichtschwert oder Obi-Wan Kenobi. Dabei werden sieben große Zeitabschnitte abgehandelt: die Frühgeschichte, die Hohe Republik, der Niedergang der Jedi (Prequel-Ära), die Herrschaft des Imperiums (Zeit zwischen den Trilogien), die Ära der Rebellion (Classics-Ära), die Neue Republik (Zeit zwischen den Trilogien) und der Aufstieg der Ersten Ordnung (Sequel-Ära).

Jede Ära wird von einem groben Überblick eingeleitet, dann folgt eine erstaunlich detaillierte zeitliche Abhandlung der Geschehnisse, die sich über alle Medien (Film, Streaming-TV, Romane, Videospiele und Comics) erstreckt und von der Aktualität her bis zum Ende der „Kenobi“-Serie (also bis Frühjahr 2022) reicht. Meist auf einer Doppelseite, manchmal auch auf vier aufeinander folgenden Seiten wird ein Zeitstrahl abgebildet, der ein bestimmtes Ereignis in seine Einzelteile zerlegt. Das kann ein sehr konkreter geschichtlicher Moment, wie die Schlacht von Naboo sein, aber auch eine etwas diffuse Zeitspanne wie die Gründung der Rebellenallianz – was letztlich eine Reihe „Rebels“-Folgen umfasst. Dabei merkt man gelegentlich, dass diese Zeitstrahl-Methode nicht immer die optimale Präsentationsform ist, etwa wenn die Handlung von „Episode IV: Eine neue Hoffnung“ in zig Kleinteile zerlegt wird, die aber natürlich alle binnen Tagen stattfinden. Hier wäre ein Fließtext angenehmer zu lesen gewesen. Zyniker würden wohl sagen, dass sich DK hier den Lesegewohnheiten der neuen Generation Fans angepasst hat. Wenn die Aufmerksamkeitsspanne von Kindern heute in YouTube-Clips gemessen wird, kann ein Geschichtsbuch mit umfangreichem Textteil natürlich nicht mehr punkten, „Star Wars“ hin oder her. Da muss alle Information in mundgerechte, reich bebilderte Happen zerlegt werden.

Das macht das Buch keineswegs schlecht! Nein, „Timelines“ ist und bleibt ein unglaublich reicher und informativer Überblick über die Historie der „Star Wars“-Galaxis. Es lädt nur nicht recht zum Schmökern ein. Eher blättert und stöbert man darin und nimmt das Wissen punktuell auf. Darin ähnelt der Band dann anderen DK-Publikationen, wie den Lexika über „Star Wars“-Figuren oder den „Illustrierten Enzyklopädien“ zu den Einzelfilmen. Eine Sache bedaure ich dabei noch: Natürlich stolpert man immer wieder über Ereignisse, die einem unbekannt waren (etwa aus Comics oder Romanen). Mitunter fragt man sich dann neugierig: „Wo ist das denn passiert?“ Leider fehlt es allen Einträgen an Quellenangaben, die ein Nachlesen ermöglichen würden. Ich sehe ein, dass das für ein nichtwissenschaftliches Buch schlicht nicht sinnvoll war. Jeden Eintrag mit einer Zahl zu versehen und ein umfangreiches Endnotenverzeichnis mit Quellen zu bieten, wäre zum einen unglaublich aufwändig gewesen und hätte zum anderen schrecklich hässlich ausgesehen. Insofern kommt man in diesem Fall um ein wenig Internetrecherche einfach nicht herum.

Am Ende noch ein Wort zur Optik. Das Layout ist sehr sauber und nicht zu überladen, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Seitenhintergründe meist weiß gelassen wurden. Der Text ist sehr klein, was aber angesichts der Kürze der Textkästchen in Ordnung geht. Als Fließtext wäre es sehr mühsam zu lesen gewesen. Viele, viele Bilder lockern die Seiten optisch auf, darunter zahlreiche Screenshots aus Filmen oder TV-Serien. Bedauerlicherweise sind diese oft  dunkel und kontrastarm, sodass Details verloren gehen. In Zeiten von UHD wundert mich das schon ein bisschen. Hier wäre, möchte man sagen, mehr drin gewesen. Zum Glück werden die Bewegtbild-Shots durch zahlreiche Comic-Illustrationen ergänzt, die von der Schärfe und Farbigkeit her eindeutig die Nase vorn haben.

Fazit: „Star Wars – Timelines“ präsentiert in staunenswertem Detailreichtum die gesamte Geschichte der „Star Wars“-Galaxis, von der Frühzeit bis zum Ende der Ersten Ordnung. Dabei wurde der Stand des Franchises etwa bis Frühsommer 2022 eingearbeitet (die „Kenobi“-Serie ist noch drin, „Andor“ nicht mehr). Da alle Informationen etwas sperrig als Zeitstrahl und in winzige Happen zerlegt dargeboten werden, lädt das Buch nicht so sehr zum Schmökern ein, dafür aber umso mehr zum Blättern und Entdecken. Persönlich hätte ich eine etwas gefälligere Fließtextpräsentation vorgezogen, aber das ist einfach nicht das Konzept von DK-Büchern, gerade wenn sie eine jüngere Zielgruppe im Auge haben. Da eine umfassende Abhandlung der „Star Wars“-Historie des Disney-Kanons bislang fehlte (zumindest in Printform, vom Internet reden wir hier nicht), ist das Buch praktisch ein Muss für jede gut sortierte Fan-Bibliothek. Stundenlanger Stöberspaß ist garantiert!

Star Wars – Timelines
Sachbuch
Kristin Baver, Jason Fry, Cole Horton, Amy Richau, Clayton Sandell
Dorling Kindersley 2023
ISBN: 978-3-8310-4508-2
352 S., Hardcover, deutsch
Preis: 49,95 EUR

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