Star Wars Marvel Comics-Kollektion 75: Kopfgeldjäger – Zielperson: Han Solo

Das Cross-Over-Event von 2021 „Krieg der Kopfgeldjäger“ geht weiter. Diesmal nähern wir uns der Versteigerung des in Karbonit eingefrorenen Han Solos auf Jekara aus der Richtung der titelgebenden Profession selbst. Soll heißen: Beilert Valance, Dengar, Zuckuss, 4-LOM und Co mischen sich ebenfalls in das Chaos vor Ort ein. Und einmal mehr heißt es: Action, Zweckbündnisse und Verrat …

von Frank Stein

Der 75. Band der „Star Wars Marvel Comics-Kollektion“ versammelt die US-Comic-Hefte „Star Wars: Bounty Hunters #12-17“, die zwischen Mai und November 2021 erschienen sind und vom Titel her sechs Einzelausgaben zu sein scheinen. Tatsächlich gehören aber auch sie zum damaligen Cross-Over-Projekt „Krieg der Kopfgeldjäger“, das alle Marvel-Comic-Reihen („Star Wars (2020)“, „Darth Vader (2020)“, „Doctor Aphra (2020)“ und „Kopfgeldjäger“) vereinte und gewissermaßen in einer Neuauflage des Multimediaprojekts „Schatten des Imperiums“ (1996) davon erzählte, wie Boba Fett mit Han im Gepäck auf dem Weg zu Jabba mit zig Widrigkeiten zu kämpfen hat. Das Kreativteam Ethan Sacks (Autor), Paolo Villanelli (Zeichnungen) und Arif Prianto (Farben) ist gleich geblieben – ergänzt um Edgar Delgado und Jesus Aburtov bei den Farben. Auf Deutsch ist die Sammlung bei Panini bereits im Februar 2022 als Softcover- und limitierter Hardcover-Sonderband herausgekommen.

Der rote Faden der „Kopfgeldjäger“-Reihe bleibt auch in diesem Band weiter das Mädchen Cadeliah. Es ist die Erbin der zwei verfeindeten Verbrecherclans Unbroken und Mourner’s Wail und könnte diese vereinen, eine Aussicht, die manche erstrebenswert finden, andere dagegen fürchten. Darum wollen alle Cadeliah in die Finger bekommen, die Beilert Valance zuvor bei Rebellen versteckt hat. In diese Ausgangssituation – Valance und sein widerstrebender Partner Dengar werden von Zuckuss und 4-LOM gejagt – mischt sich die Nachricht, dass Han Solo in der Klemme steckt. Er wurde in Karbonit eingefroren und von Boba Fett abtransportiert. Und da Valance Solo nach wie vor etwas schuldet, will er ihn unbedingt befreien und macht sich auf die Spur des alten Mitstreiters aus ihren Tagen an der imperialen Akademie. Dabei stößt er auf zig Hindernisse.

Von der Erzählstruktur her ist die „Kopfgeldjäger“-Reihe seit jeher etwas chaotisch. Darin bleibt sie sich auch hier treu. Die Szenen sind kurz und in der Regel actionreiche Zusammenstöße zwischen mehr oder weniger namhaften Gegnern. Dabei wird die Riege der neuen und der namhaften Protagonisten immer größer. In diesem Band interagieren – mal in Zweckbündnissen, mal als Feinde – Valance, Dengar, Zuckuss, 4-LOM, Bossk, Boba Fett, Chewbacca, C-3PO, Tasu Leech, die beiden Jägerinnen T’onga und Losha, eine Crimson-Dawn-Killerin namens Deathstick (offenbar ausgeliehen aus dem Marvel-Universum ;-) ), General Vukorah von den Unbroken sowie in einem Cameo Ariole und Just Lucky von den Sixth Kin, Qi’ra und Darth Vader. Diese verteilen sich grob auf zwei Handlungsstränge, einmal rund um Valance und Dengar, die Solo suchen, und einmal um T’onga und Losha, die Cadeliah suchen.

So sehr wir aber von Actionszene zu Actionszene hetzen, bleibt die Handlung lange Zeit doch bemerkenswert stringent und gut nachvollziehbar. Wie alle bisherigen Comics des Cross-Overs zerbricht sie jedoch in Fragmente, kaum dass die wesentlichen Beteiligten Jekara erreichen, wo Crimson Dawn Han Solo versteigert. Plötzlich ist 4-LOM aus der Handlung verschwunden, und man weiß nicht warum. Bossk hängt halb erfroren im Eis. Han Solo ist plötzlich in der Hand des Imperiums. Und Valance macht mit Boba Fett einen Deal, dessen Details unklar bleiben, aber für Valance unvermittelt in einer Katastrophe enden. Da fehlen einem als Leser durchaus Informationen, man muss allerdings schon sagen, dass der „Kopfgeldjäger“-Band noch der in sich schlüssigste von den Begleitcomics zum Kern-Fünfteiler „Krieg der Kopfgeldjäger“ ist. Das liegt aber auch daran, dass Valance am weitesten vom Geschehen weg ist. Lange Zeit ist er gar nicht vor Ort, dann ist er hauptsächlich ein Beobachter am Rand. Erst am Ende greift er wirklich ein – und der Teil fehlt dann prompt und wird nur in seinen Folgen erzählt. Das ist nicht optimal, aber auch nicht ganz so unlesbar wie der Band um die Rebellen.

Die Optik bleibt wie gehabt. Wie man kämpfende Körper inszeniert, weiß Paolo Villanelli. Er geht stets nah ran und bietet viel Dynamik, auch in der Panelstruktur, was hier und da etwas unübersichtlich wirkt, aber Dank feinem Strich nie unkenntlich wird. Unterstützt wird das Ganze durch die gelungene Kolorierung, in der schmutzige Erdfarben am Tag, und bläuliches Dunkel in der Nacht und im Eis von Jekara herrschen. Fröhlich bunt wird es nirgendwo. Unterm Strich eine durchaus schicke Optik.

Das Drumherum entspricht der „Star Wars Marvel Comics Kollektion“. Das Vorwort fasst Vergangenes nochmal zusammen, um den Einstieg in diesen hier zu erleichtern. Begleitet wird der Text passend von einem Cover von „Bounty Hunters #15“. Die Cover-Galerie wurde einmal mehr auf das räumlich Nötigste reduziert, das heißt alle sechs Cover wurden briefmarkengroß auf eine Seite gepresst.

Fazit: Die „Kopfgeldjäger“-Reihe bleibt sich treu. Unübersichtlich viele Personen kämpfen miteinander in reichlich Actionszenen miteinander, um die Suche nach dem Mädchen Cadeliah voranzutreiben. Diesmal kommt eben noch die versuchte Rettung Han Solos hinzu. Als Einzelcomic nicht zu empfehlen, im Rahmen der „Kopfgeldjäger“-Reihe funktioniert er aber ganz gut, wobei man zumindest den Kernband des 2021er-Cross-Overs „Krieg der Kopfgeldjäger“ vorher gelesen haben sollte („Star Wars Marvel Comics-Kollektion 78“).

Star Wars Marvel Comics-Kollektion 75: Kopfgeldjäger – Zielperson: Han Solo
Comic
Ethan Sacks, Paolo Villanelli, Arif Prianto
Panini Comics 2024
ISBN: 978-3-7416-3788-9
129 S., Hardcover, deutsch
Preis: 16,99 EUR

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