Star Wars – Die Marvel Cover

Comics üben einen ganz speziellen Reiz aus, nicht nur auf kindliche Leser, sondern auch auf erwachsene Sammler. Dabei geht es, zumindest bei den Erwachsenen, oft nur zum Teil um den tatsächlichen Inhalt. Den liest man natürlich einmal. Aber das war es dann meist auch. Viel länger erfreut man sich an den gelungenen Covern, die oft kleine Kunstwerke für sich sind. Mit dem Buch „Star Wars – Die Marvel Cover“ wird nun diese Comic-Cover-Kunst zelebriert.

von Ye Olde Jedi Master

Ich gestehe, dass ich an das schicke Hardcoverbuch im DIN-A4-Format eine gewisse Erwartungshaltung hatte, die direkt beim Lesen des hinteren Klappentextes enttäuscht wurde. „Die Marvel Cover“ – das klang nach einer Zeitreise in die Comic-Geschichte, nach einer Sammlung der Cover der alten „Star Wars“-Comic-Serie aus den 1970ern und 1980ern. Endlich würde ich einen Einblick in einen Aspekt der Frühzeit der Saga erhalten, der damals während meiner Kindheit fast vollständig an mir vorbeigegangen war (meine Eltern waren nicht so für Comics zu haben, zumindest nicht für US-Heftchen). Der Werbetext auf der Website von Panini ließ genau das erhoffen. Ich zitiere mal: „STAR WARS ist wieder bei Marvel Comics, dem Verlag, bei dem schon 1977 die ersten Comics der größten Space-Saga aller Zeiten erschienen sind. Um diesen Umstand gebührend zu feiern, vereint dieser Band alle bisher bei Marvel erschienenen Cover, sowohl die der ersten Serie als auch die der neu gestarteten Serien.“

Das ist leider eine völlige Fehlinformation.

Tatsächlich begleitet das Buch ausschließlich den Relaunch von „Star Wars“ bei Marvel. Geboten werden auf 232 nicht nummerierten Seiten (was kurios ist, weil ein Artikel im Buch auf Seitenzahlen verweist) die Cover von „Star Wars #1-6“, „Princess Leia #1-5“ und „Darth Vader #1-6“. Dazu gesellen sich noch ein paar neue Cover der Sammelbände der „Star Wars“-Klassiker von Marvel sowie eine Reihe auflockernde Texte der Comic-Künstler, die ihre Arbeitsweise erklären und über ihre Liebe zu „Star Wars“ sprechen. Klingt das dünn auf den ersten Blick? Irgendwie schon. Ich zumindest konnte mir nicht vorstellen, wie so ein paar Comic-Cover ein ganzes Buch füllen sollten.

Heilige Banthakacke, wie sehr ich mich getäuscht habe!

Mir war durchaus bewusst, dass das Konzept von Variant Covern in der Comic-Szene existiert. Variant Cover richten sich vor allem an die oben erwähnten, erwachsenen Verrückten, die sich ein Comic mit vollkommen gleichem Inhalt gerne mehrfach kaufen, wenn nur das Titelbild von einem anderen Künstler gezeichnet wurde. Drei bis vier Cover-Varianten waren mir daher schon häufiger untergekommen, aber was Marvel zum Weltstart von „Star Wars #1“ abgezogen hat, ist der schiere, gigantomanische Wahnsinn! „Star Wars #1“ ist der Todesstern unter den Variant-Cover-Neuerscheinungen. Ganze 79 verschiedene Ausgaben (wenn ich mich nicht verzählt habe) wurden damals auf den Markt gebracht, Künstler-Varianten, Sketch-Varianten, connecting Covers ... Wenn man sich das anschaut, beschleicht einen das Gefühl, das jede größere Comic-Shop-Kette der USA ihre eigene Variante erhalten hat. Ich ziehe meinen Hut vor dem Mann, der die alle je wird zusammensammeln können. Ich für meinen Teil hatte vom Großteil jedenfalls noch nicht einmal gehört (und ich interessiere mich durchaus für „Star Wars).

Aus diesem Grund bin ich dann doch dankbar für das Buch. Viele der Cover sehen einfach phantastisch aus und fangen den Geist von „Star Wars“ perfekt ein. Die Bandbreite der Gefühle, die angesprochen wird, ist dabei groß. Manche Motive sind humorvoll, andere episch, wieder andere kommen mit einer Botschaft daher. Man blättert durch die Seiten und erfreut sich einfach an der Kunstfertigkeit der Illustratoren. Außerdem spart das Buch auch eine Menge Geld, denn nun ist niemand mehr gezwungen, über 79 Mal das gleiche Heftchen zu kaufen, nur um das Titelbild genießen zu können. Hier sind sie nun ja alle versammelt und das auch noch in leichter Übergröße, was die Bilder natürlich noch besser zur Geltung bringt. Dennoch – das gebe ich zu – hätte ich jetzt gerne ein paar der Cover (gerade die, die man zu einem größeren Bild zusammenlegen kann) auch auf Comic-Heften. Aber zumindest kann ich jetzt gezielt danach suchen.

Die Begleittexte sind da tatsächlich vor allem genau das: Begleittexte. In einer Handvoll Artikel schwärmen Comic-Künstler und -Autoren wie John Cassaday, John Tyler Christopher und Mark Waid über ihre Liebe zu „Star Wars“. Außerdem werden die Figuren Darth Vader und Prinzessin Leia im Hinblick auf ihre Mini-Reihen analysiert und es gibt einen sehr kurzen Abriss über die klassischen Marvel-Comics (inklusive knapper Bildergalerie). Am interessantesten ist sicher der Beitrag von Alex Ross, der erklärt, wie eines seiner Titelbilder entsteht.

Fazit: Wer mehr über die klassische Marvel-Reihe wissen möchte, ist bei diesem Buch falsch, allen Werbetexten, die möglicherweise noch durchs Netz geistern, zum Trotz. „Star Wars – Die Marvel Cover“ ist ein waschechter Begleitband zum Neustart der Saga-Comics bei Marvel und als solcher ein prachtvoller Bildband, der das Fanherz höher schlagen lässt. Viel mehr wird aber auch nicht geboten: Es gibt eine Unmenge an (Variant) Covern und ein klein wenig auflockernden Text dazwischen. Für Fans der neunten Kunst, die „Star Wars“ mögen (oder „Star Wars“-Fans, die sich für Comics interessieren) dennoch spannend, schon allein des Wahnsinns der mehreren Dutzend präsentierten Variant Cover von „Star Wars #1“ wegen.


Star Wars – Die Marvel Cover
Sachbuch
Jess Harold u.a.
Panini Comics 2016
ISBN: 978-3957989246
232 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 29,99

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