Roll for the Galaxy – Große Konkurrenz

Eine Erweiterung, die genauso viel oder gar mehr kostet als das Grundspiel? Außer bei der Erweiterung zu „Spirit Island“ ist mir so ein Fall noch nicht untergekommen. Es mag ja eine Menge in der Box sein, aber ob sich eine Anschaffung wirklich lohnt, habe ich mir näher angesehen.

von KaiM

„Roll for the Galaxy“ ist der prominente Nachfolger von „Race for the Galaxy“ und da das Konzept so gut ankommt, gibt es inzwischen auch eine schnelle Variante namens „Jump Drive“ und das große Brettspiel „New Frontiers“. So ähnlich sich die Spiele auch sein mögen, die Unterschiede sind groß genug, um in allen Situationen mit jeder Art von Spieler eine Version zu finden, die man auf den Tisch bringen kann. Es gibt diverse Erweiterungen für „Race“ und auch bereits eine für die Würfelvariante („Der große Traum“). Mit der neuesten Erweiterung „Große Konkurrenz“ ist man mit dem Preis jedoch ein gewisses Risiko eingegangen, denn auch wenn alle Verständnis für die teuren Komponenten zu haben scheinen, so bleibt doch die Frage, warum etwa „Dice Forge“ ebenfalls modulare Würfel und eine hohe Materialqualität bietet und preislich dennoch deutlich darunter liegt.

Diese Erweiterung ist nun insofern besonders, da sie gleich zwei beziehungsweise drei Erweiterungen in einer Box zusammenfasst. Es gibt zwei Module, die den Spielfluss wesentlich verändern, sowie neue Würfel, die man bisher nur aus „Der große Traum“ kannte. Natürlich gibt es auch neue Heimatwelten, Planeten sowie Technologien, die die neuen Würfel unterstützen. Die großen Änderungen kommen jedoch mit dem Kugelschiff- sowie dem Marktmodul, die von den neuen modularen Würfeln Gebrauch machen und jeweils die neue Spielphase „Forschen“ beziehungsweise „Tauschen“  einführen.

Das Material



Wie angedeutet ist die Materialqualität durchaus gut. Die neuen „normalen“ Würfel, Plättchen, Tableaus und Marker fügen sich nahtlos in das Grundspiel ein. Die neuen Sichtschirme sind sehr schön gestaltet und bieten in gewohnter Qualität alle Informationen, die man für das Spiel haben muss. Der aufregendste Teil, die modularen Würfel, sind für meinen Geschmack etwas zu klobig geraten, was auch manchmal hinderlich sein kann. Aber dafür lassen sich die Würfelseiten mit den beigelegten Helfern gut entfernen und das Einfügen ist ohnehin kein Problem. Die Symbole sind gut erkennbar aber es bedarf, wie bei der Reihe üblich, einer gewissen Eingewöhnungszeit, um sich mit ihnen vertraut zu machen.

Zu erwähnen sei natürlich die Unmenge an Würfelseiten, die mitgeliefert werden. Hier kann auch ein „Dice Forge“ einfach nicht mithalten, was einen Teil des Preisunterschieds erklärt. In puncto Materialqualität und -menge kann man also nicht viel aussetzen. Es bleibt die Frage, ob die Module auch spielerisch halten was sie versprechen.

Das Spiel – Kugelschiffmodul



Im zugänglicheren Modul dieser Doppelerweiterung bekommt jeder Nutzer einen zusätzlichen, modularen, sogenannten Kugelschiffwürfel. Dieser ist zu Beginn bei allen Spielern gleich ausgestattet. Jede Runde wird er offen geworfen und bringt immer einen Soforteffekt für den Besitzer. Bevor man beginnt, ihn individuell auszustatten, bekommt man entweder eine zusätzliche Versetzenfähigkeit, einen zusätzlichen Entdecker oder eine kostenlose Aufwertung für seinen Würfel. Für die letztere Aktion entnimmt man dem eigenen Würfel eine Würfelseite und tauscht sie aus. Dafür steht eine riesige Vielfalt verschiedener Varianten zur Verfügung. Insgesamt gibt es 180 Würfelseiten in sieben Kategorien mit insgesamt 22 verschiedenen Funktionen. Jede neue Würfelseite kostet bis zu vier Aufwertungspunkte, die man erstmal bekommen muss. Allerdings kann man sich auch Schritt für Schritt verbessern, sodass man nicht alle Punkte gleichzeitig aufbringen muss.

Will man den Würfel schneller aufwerten, kommt die zusätzliche Phase „Forschung“ ins Spiel. Wird diese durch die Spieler aktiviert, darf man für jeden Würfel, den man dort platziert hat, zwei Punkte zur Aufwertung verwenden. Dies kann sich durchaus lohnen, denn die teuren Würfelseiten bringen nicht nur immer mächtigere Effekte, sondern am Ende der Partie auch noch ein paar zusätzliche Siegpunkte.

Die Strategien im Umgang mit dem Würfel können vielseitig sein. Man kann ihn nahezu ignorieren oder am Anfang mit Hochdruck in eine bestimmte Richtung entwickeln, um sich im weiteren Spielverlauf Vorteile zu verschaffen. Die Funktionen sind flexibel und passen in jede Taktik, sei es nun zum Beispiel siedeln, produzieren oder der Erhalt von Jokerplättchen.

Es macht wirklich Spaß, den Würfel auszustatten und der eigenen Taktik dadurch Vorschub zu verpassen, aber damit kommen wir auch schon zur Schwäche dieser Erweiterung. Denn am Ende bestimmt dann doch der Zufall, welche Seite in jeder Runde oben liegt. Hat man Pech, dann schaffen es die teuren Seiten, von denen man sich so viel erhofft hatte, einfach nicht zum Vorschein zu kommen. Diese zusätzliche Glückskomponente kann nicht ausgeglichen werden. Was „Roll for the Galaxy“ im Grundspiel super hinbekommt, schafft die Erweiterung leider nicht. Das liegt nicht jedem Spieler und mag auch mal für ein wenig Frust sorgen.



Auf der anderen Seite: Wenn mich heute jemand fragt, ob die nächste Partie nur mit Grundspiel oder mit Kugelschiffmodul stattfinden soll, würde ich mich wohl immer für die Erweiterung entscheiden.

Das Spiel – Das Marktmodul

Der Markt ist der deutlich anspruchsvollere Teil dieser modularen Erweiterung. Normalerweise wird man sich immer entscheiden, mit der einen oder der anderen Variante zu spielen, was in den Regeln auch empfohlen wird. Nichtsdestotrotz ist es natürlich möglich, beide Erweiterungen zu kombinieren.

Der Markt wird durch ein eigenes Tableau repräsentiert und besteht zudem aus vordefinierten Würfeln und einer Leiste für die Spielerreihenfolge, die zum ersten Mal bei „Roll for the Galaxy“ wichtig wird. Die Würfel sind wie beim Kugelschiffmodul mit herausnehmbaren Plättchen aufgebaut, wobei diese aber nie geändert werden. Das bringt mich auch schon zum ersten kleinen Kritikpunkt, denn die Würfel sind recht klobig und damit auch etwas unhandlich. Hier wurde anscheinend ein Kompromiss geschlossen, um den Preis dieser ohnehin schon extrem teuren Erweiterung nicht noch weiter anwachsen zu lassen.  

Im Spiel wird der Markt gefüllt, indem die sechs Marktwürfel geworfen werden und das aktuelle Angebot zeigen. Wird die Marktphase gespielt, dürfen alle Spieler nach Spielerreihenfolge mit jedem Würfel ein Geschäft abwickeln. Soll ein neues Geschäft beziehungsweise Handel gemacht werden, sucht sich der Spieler zwei der Marktwürfel aus. Der eine zeigt, was der Spieler abgeben muss, um zu bekommen, was der zweite anzeigt. Die beiden Würfel werden dann in den Markt gelegt und die anderen Spieler können sich dann entscheiden, entweder den gleichen Handel in derselben Art und Weise abzuwickeln, genau umgekehrt zu handeln oder einen komplett neuen Handel aufzusetzen.

Ein Handel gilt als abgeschlossen, wenn er in beide Richtungen gleich oft durchgeführt wurde. Dann werden die Würfel aus dem Markt entfernt und stehen in der nächsten Runde dann gegebenenfalls mit anderen Angeboten wieder zur Verfügung. Wird ein Handel nicht abgeschlossen, wird er lukrativer und kann den Teilnehmern einen Bonus bringen. So ergibt sich ein reger Betrieb auf dem Marktfeld, sofern denn mindestens zwei Spieler am Handel teilnehmen, denn natürlich kann man das Modul auch ignorieren und spielen, ohne die Handelswürfel zu beachten. Das sei aber keinem Spieler geraten, denn auch wenn man durch die Handelei seine Würfel für eine Weile bindet, winken am Ende ordentliche Boni.



In Summe bringt das Marktmodul am meisten Veränderungen in das Spiel und führt zu mehr Interaktion. Eine Bereicherung, die aber auch ein Stück Komplexität mit sich bringt, sodass ich dieses Modul nur Spielern empfehlen kann, die „Roll for the Galaxy“ schon des Öfteren gespielt haben. Hat man aber das Grundspiel schon häufig gespielt, ist der Markt eine echte Bereicherung.

Fazit: Die Module dieser Erweiterung bringen beide einen ganz eigenen Charakter mit sich und haben ihren Reiz. So wird dieses Spiel, das ich ohnehin schon grandios finde, noch attraktiver. Insbesondere mit Spielern, die einen ähnlichen Erfahrungslevel haben wie ich, ist das Wettrennen und die Deduktionskomponente immer wieder reizvoll. Die Erweiterung setzt noch einen oben drauf. Auf der Minusseite ist natürlich der extrem hohe Preis zu nennen, und auch weniger fortgeschrittenen Spielern würde ich eher die erste Erweiterung empfehlen. Wer das Grundspiel aber schon oft gespielt hat, dem kann man diese Erweiterung wärmstens empfehlen, denn man bekommt Stunden um Stunden Spielspaß für sein Geld.

Roll for the Galaxy – Große Konkurrenz
Brettspiel-Erweiterung für 2 bis 5 Spieler ab 10 Jahren
Wei-Hwa Huang, Tom Lehmann
Pegasus Spiele 2019
EAN: 4250231718175
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 69,95

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