Protektor – Monsterjäger mit Sockenschuss!

„Protektor“ ist mittlerweile nicht nur mehr nur ein Roman. Nein, das dazu passende Rollenspiel lädt Spieler dazu ein, selbst in die Rolle der „Monsterjäger mit Sockenschuss“ zu schlüpfen. Wie gelungen ist die Umsetzung?

von André Frenzer

André Wiesler, Autor des Romans und Mastermind hinter dem „Protektor“-Universum, finanzierte sein Rollenspielprojekt per Crowdfunding. Leider verstarb Wiesler kurz nach der erfolgreichen Finanzierung seiner „Protektor“-Herzensangelegenheit. Seine Freunde und Mitstreiter, die an dem Projekt im Vorfeld mitgearbeitet hatten, sorgten schlussendlich dafür, dass „Protektor – Das Rollenspiel“ doch noch erscheinen konnte.

Obwohl in der Geschichte des Spiels also eher eine traurige Note mitschwingt, ist „Protektor“ tatsächlich ein sehr humoristisches Spiel. Worum geht es denn genau? Ein „Protektor“, das ist ein Auserwählter der guten Mächte, der gegen die finsteren Kreaturen der Nacht in den Kampf zieht. „Seit Jahrhunderten wählen die Mächte des Lichts den Protektor aus, Wächter des Guten und Streiter gegen die Finsternis. Sie wählten tapfere Helden und streitsame Maiden, brillante Köpfe und blitzschnelle Denker. Bis heute. Heute haben sie nämlich dich gewählt! Und mannomann, wird ihnen das noch leidtun!“, so beschreibt es das Spiel in passenden Worten. Das Rollenspiel basiert dabei auf dem gleichnamigen Roman, in dem wir dem unfreiwilligen Protektoren Klaus Holger bei seinem Kampf gegen das Böse folgen dürfen.

Der Autor legt in einer umfangreichen Einleitung dann auch viel Wert darauf klarzustellen, dass es in „Protektor – Das Rollenspiel“ nicht unbedingt bierernst zugeht. Wer wert auf „Political Correctness“ legt, schlechte Witze nicht leiden kann, ungern überzogene Klischees an den Spieltisch bringt und schlussendlich weniger Humor und dafür mehr Immersion in seinen Spielrunden sucht, der wird mit dem hier vorgestellten Setting kaum glücklich werden.

Nachdem dies vorweggeschickt wurde, wendet sich das Grundregelwerk – wenig überraschend – den Regeln des Spiels zu. Die Charaktere setzen sich aus Attributen und Spezialisierungen zusammen. Diese Spezialisierungen werden im Laufe der Charaktererschaffung vergeben und können entweder sehr breit angelegt sein, um eine Menge Situationen abzudecken, oder sehr speziell sein. „Protektor“ nutzt ein einfaches Pool-System, in dem W6 gewürfelt werden. Die Anzahl zu werfender Würfel ergibt sich aus den Attributen eines Charakters sowie eventuell vorhandener Spezialisierungen. Jedes Wurfergebnis von 4, 5 oder 6 gilt als Erfolg, die Anzahl der Erfolge muss einen vom Spielleiter festgelegten Schwierigkeitsgrad erreichen. CHEATs genannte Gummipunkte sorgen dafür, dass Spieler ihre Ergebnisse noch einmal modifizieren können. So weit, so simpel.

Interessant ist das Konflikt-System, denn hier wird gegeneinander gewürfelt und so der Schwierigkeitsgrad bestimmt. Das funktioniert gleichermaßen für den Kampf und andere physische Konflikte, aber eben auch für soziale Interaktionen. Das Streitgespräch mit einem Erzdämonen oder der Versuch, einen Türsteher zu schmieren nutzen so das gleiche, simple Regelsystem. Das bietet in meinen Augen gleich zwei Vorteile: zum einen hält diese Vorgehensweise das Regelwerk angenehm schlank; zum anderen erstickt es die Diskussion um wortgewandte Spieler, die ihre Spezialisierungen lieber in die Physis gesteckt haben, da sie die sozialen Probleme ohne Proben zu lösen meinen, direkt im Keim. Bei einem Rollenspiel wie „Protektor“, in dem sich witzig-humoristische Szenen aus der Spielhandlung ergeben sollen, ist das ein interessanter Kniff, um auch die weniger wortgewaltige Spieler gleichberechtigt einzubinden.

Neben den Regeln enthält das Regelwerk noch einen Haufen Ausrüstungsgegenstände für angehende Protektoren, spielfertige Charaktere, einige Beispielmonstrositäten sowie gleich drei Abenteuer, die angehenden Spielleitern das Spielprinzip näherbringen. Hier schöpft Wiesler aus dem vollen humoristischen Repertoire seines „Protektor“-Universums, und es sind diese Kapitel, die das Rollenspiel wirklich bereichern und zu etwas anderem machen.

Layout und Bebilderung sind bewusst schlicht gehalten. Das Regelwerk ist gut strukturiert und dank dem Verzicht auf überbordende Layoutspielereien sehr gut lesbar. Optionale Regeln sind klar erkennbar in grauen Textkästen abgegrenzt. Der Autor hat es sich nicht nehmen lassen, die eine oder andere Pointe in seinem Text unterzubringen, was das Lesen des Regelwerks angenehm vergnüglich gestaltet, ohne die Zugänglichkeit zu schmälern. Korrektorat und Lektorat haben einen guten Job gemacht, sodass ich technisch nur eine gute Note ausstellen kann.

Fazit: „Protektor – Monsterjäger mit Sockenschuss“ ist vielleicht kein Spiel für jedermann, denn der hier transportierte Humor ist schon einer der zotigen Sorte. Ein eingängiges Regelsystem, viele lustige Ideen und nicht zuletzt der schiere Umfang des Materials sorgen aber für eine klare Empfehlung für alle, die der Idee einer humoristischen Monsterhatz etwas abgewinnen können.

Protektor – Das Rollenspiel
Grundregelwerk
André Wiesler u. a.
Ulisses Spiele / Janina Wiesler 2018
ISBN: n. a.
192 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 25,00

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