Nova Luna

Uwe Rosenberg hat in seinem Portfolio bereits eine ganze Reihe erfolgreicher, sowohl thematischer als auch eher abstrakter, Spiele vorzuweisen, angefangen von „Bohnanza“ über „Agricola“ bis hin zu „Patchwork“. Wir wollen uns den neuesten Streich „Nova Luna“, welches auch für das Spiel des Jahres nominiert war, einmal genauer ansehen.

von Michael Wilhelm

Der Mond als Auslöser von irdischen und menschlichen Phänomenen ist ein alter Hut. Allerlei Okkultes und Mystisches wird dem Erdtrabanten angedichtet. In „Nova Luna“ aber muss der Mond als thematischer Hintergrund eines abstrakten Legespiels herhalten.

Zentrales Teil des Spiels ist die Monduhr, ein prächtig illustrierter Papp-Ring mit 24 zyklischen Mondgesichtern; der Neumond ist als Startfeld mit einem goldenem Umriss versehen. Um die Monduhr werden zu Beginn der Partie 11 Legeplättchen ausgelegt. Davon gibt es insgesamt 68 in den vier Farben gelb, rot, blau und türkis. Ein hübscher Mond-Marker aus Pappe soll vor dem ersten Spiel zusammengebastelt werden. Der Marker wird an der goldenen Markierung über dem Neumond platziert. Jeder Spieler legt dann eine der 21 Holzscheiben in Spielerfarbe am Neumond an.

Wer an der Reihe ist, nimmt eines der drei ersten vor dem Mondmarker im Uhrzeigersinn liegenden Plättchen und legt es in die eigene Auslage. Auf jedem dieser Plättchen sind Zahlen von 1 bis 7 eingetragen, die angeben, wie weit die eigene Holzscheibe auf der Monduhr weiterrutschen muss.

Die anderen 20 Holzscheiben wollen nun zügig auf die Plättchen verteilt werden. Denn wer als erster alle abgelegt hat, gewinnt die Partie. Die Bedingungen dafür werden auf den Plättchen selbst angezeigt. Die meisten Plättchen zeigen neben den Zeitkosten ein bis drei Ringe mit jeweils 1 bis 4 Punkten in den vier Plättchenfarben.



Um einen der Ringe mit einer Holzscheibe abzudecken, müssen die entsprechend gefärbten Plättchen direkt über Kante benachbart abgelegt werden. Zeigt ein Ring einen gelben Punkt, so muss ein gelbes Plättchen angelegt werden; zeigt er zwei blaue Punkte, müssen entsprechend zwei blaue Plättchen angelegt werden. Diese können aber auch in Reihen gelegt werden, von denen nur die erste das besagte Plättchen berührt, sodass auch auf den ersten Blick unmögliche Anforderungen durchaus erfüllbar sind: beispielsweise gibt es Plättchen, die drei blaue, drei türkise und zwei gelbe Nachbarn fordern. Je mehr und je leichtere Aufgaben ein Plättchen zeigt, umso wertvoller und teurer ist es. Dabei macht es echt einen Unterschied, ob man gleich sieben Punkte auf der Monduhr vorrückt oder nur ein oder zwei. Denn an der Reihe ist man stets dann, wenn die eigene Holzscheibe auf der Monduhr am weitesten hinten liegt. Wer also zeit- und punktesparend vorgeht, kommt öfters an die Reihe.

So ist es möglich, zwei oder gar dreimal hintereinander an der Reihe zu sein, wenn ein Mitspieler mit einem 7er-Plättchen vorgeprescht ist. Diese Abweichung von der altbekannten Uhrzeigersinn-Reihenfolge ist zunächst verwirrend, geht dann aber nach ein paar Runden in Fleisch und Blut über. Leider ist das Zählen auf der Monduhr mit den kleinen Holzscheiben etwas fummelig und fehleranfällig, während die Scheiben für die Abdeckung der Ringe auf den Plättchen eigentlich die richtige Größe haben.



„Nova Luna“ artet ziemlich schnell in eine heftige Grübelei aus. Wer einfach nur so drauf losspielt, wird nicht weit kommen und noch eine Menge Scheiben übrig haben, während andere schon fast fertig sind. In Runden mit drei oder vier Spielern artet das manchmal auch zu einer gewissen Analyse-Paralyse aus, weil man doch dazu neigt, noch mehrfach um die Ecke zu denken, ob man nun lieber das gelbe neben das rote und das blaue, oder doch noch ein rotes neben das andere rote und die beiden türkisen Plättchen ablegt. Das kann bei den Mitspielern auch mal zu Unmut und Ungeduld führen.

Vorausschauendes Planen gelingt am besten zu zweit, denn mit drei oder vier Spielern ist der Mondmarker, der anzeigt, welche Plättchen ich überhaupt für meine Auslage bekommen kann, schnell an den gerade begehrten Plättchen vorbeimarschiert. Durch die intensive Grübelei und das Solitär-artige Ausbauen der eigenen Auslage hält sich die Interaktion in Grenzen. Lediglich zu zweit kann ich auch mal die Auslage des anderen ins Auge nehmen und diesem vielleicht ein lang ersehntes Plättchen noch vor der Nase wegschnappen.



All das tut der Freude am Spiel aber keinen Abbruch. In meinen Test-Runden gab es aufgrund des ästhetischen Reizes des Spielmaterials wahre Begeisterungsstürme. Auch musste gleich eine zweite Partie gespielt werden, da die komplexe und abstrakte Mechanik des Spiels in der ersten Runde nicht ohne ist und mehrere Mitspieler eine Revanche nach voller Verinnerlichung der Regeln wollten.

So ist nach meiner Einschätzung die Einstufung als Familienspiel auch etwas großzügig. Für Gelegenheitsspieler ist das Thema etwas zu schwach und die nötige Grübelei vielleicht zu fordernd. Während auch schon Kinder im Grundschulalter das Spiel verstehen, kann der komplexe Mechanismus sie durchaus überfordern. Man muss sich einfach komplett auf „Nova Luna“ einlassen. Aber dann lohnt es sich. Schade, dass es nicht ganz für den roten „Spiel des Jahres“-Pöppel gereicht hat.



Fazit: „Nova Luna“ ist ein fesselndes Legespiel mit eleganter Zugreihenfolgen-Mechanik und knackigem Grübel-Faktor. Das Spielmaterial ist eine wahre Augenweide. Bei uns wird es sicher regelmäßig weiter auf den Tisch kommen.

Nova Luna
Brettspiel für 1 bis 4 Spieler ab 8 Jahren
Uwe Rosenberg, Corné von Moosel
Pegasus 2020
EAN: 4250231725357
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 24,95

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