Celtic

In der hessischen Wetterau, wo sich heute die A5 von Frankfurt an Friedberg vorbei in Richtung Norden zieht, existierte einst ein Zentrum keltischer Hochkultur. Vor mehr als tausend Jahren wurde dort der Keltenfürst vom Glauberg in einem Hügelgrab beigesetzt. Heute wetteifern zwei bis vier Spieler in „Celtic“ darum, wer seine Nachfolge als Herrscher der Kelten antreten wird.

von Oliver Clemens

Wer das Zeug zum Keltenfürst haben will, muss mit seinen Spielsteinen das Land bereisen, Zielkarten erfüllen und wertvolle Handelswaren ins Dorf bringen. Dadurch wächst der Einfluss in Form von Siegpunkten. Wer zum Ende des Spiels davon die meisten aufweisen kann, gewinnt und wird in „Celtic“ neuer Keltenherrscher. Eins vorweg: Der Spielplan auf dem man sich bewegt, ist riesig und macht „Celtic“ im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Brettspiel, für das man echt viel Platz auf dem Tisch braucht. Er zeigt eine mit Wegen durchzogene Karte der hessischen Wetterau-Landschaft mit mehr als 50 eingezeichneten Orten. Sie ist bebildert mit kleinen Szenen keltischen Lebens aus dem frühen Mittelalter. So findet man darauf beispielsweise Nutztiere, wie Kühe, Ziegen und Schweine, oder epochentypische Erzeugnisse, wie Werkzeuge und Schmuckgegenstände, oder typische Behausungen oder Produktionsstätten unserer keltischen Vorfahren. Beim Wandern über den Spielplan hat das Auge auf jeden Fall reichlich zu entdecken.

Zum Reisen erhält jeder Spieler 8 Spielsteine einer Farbe, die sich zu Beginn des Spiels im Dorf befinden. Zwei verdeckte Auftragskarten auf der Hand zeigen bis zu drei Orte an, welche erreicht werden müssen. Damit geben sie die Richtungen vor, in welche die Steine geschickt werden müssen. Dabei können eine beliebige Anzahl von Familienmitgliedern ein oder zwei miteinander verbundene Felder auf dem Plan gezogen werden. Die Zielpunkte, die erreicht werden müssen, liegen in der Regel aber weit auf der Karte verstreut, sodass es ein paar Runden braucht, um jeweils einen eigenen Spielstein am Zielort zu platzieren. Deswegen bietet das Spiel einen praktischen Mechanismus: Um schneller und effektiver zu reisen, können die Mitspieler entscheiden, ob sie ihre eigenen Spielsteine mit dem aktiven Spieler auf die Reise mitschicken wollen. Denn möglicherweise liegen auch ihre geheimen Ziele in der gleichen Richtung. So sparen sie sich wertvolle Züge und gewinnen Zeit.



Hat ein Spieler die gesuchten Orte erreicht und jeweils mindestens einen Spielstein darauf geparkt, gilt die Zielkarte als erledigt und bringt je nach Schwierigkeit 15 bis 20 Punkte für die Endwertung. Danach wird die Karte offen in die eigene Auslage ausgelegt, eine neue nachgezogen und die Spielsteine kehren direkt ins Dorf zurück. Wer als erstes fünf Zielkarten auf diese Weise erfüllt hat, beendet das Spiel sofort. Auf ihren Reisen können die Spieler zusätzlich auch Handelswarenkarten einsammeln, von denen es sieben verschiedene Arten gibt. Die geben den Spielern zum Ende des Spieles weiteren Einfluss in Form von Siegpunkten. Sollte ein einzelner Spieler sogar mindestens eine Ware jeder Sorte gesammelt haben, löst er damit ein alternatives Ende aus und die Runde ist sofort vorbei.

„Celtic“ ist in seiner Komplexität ein einfaches und sehr zugängliches Spiel, an dem vor allem Familien und Wenigspieler ihre Freude haben. Die Vorbereitung einer Partie dauert weniger als fünf Minuten: Brett auf den Tisch, eigene Spielsteine ins Keltendorf setzen, zwei Zielkarten nehmen und Warenkarten auslegen – das war es schon! Trotz des Wettkampfcharakters versprüht das Spiel eine gewisse Harmonie durch das gemeinsame Reisen. Die Anleitung in deutscher und englischer Sprache besteht aus nur vier Seiten, die nachvollziehbar und gut eingängig die Regeln erklären. Zusätzliche Beispiele vertiefen die Kernmechaniken des Spiels und helfen beim Verständnis. Neuen „Celtic“-Spielern sind die Regeln auch mündlich schnell erklärt, sodass ohne lange Einführungsphase direkt losgespielt werden kann.



Lediglich die Wertung zum Schluss braucht ein bisschen Aufmerksamkeit. Die Punkte für die erledigten Zielkarten sind schnell abgerechnet, jedoch geht es bei der Wertung der gesammelten Handelswaren ein bisschen komplexer zu. Gemessen an den erreichten Zielkarten orientiert sich, wie viele Handelswarenkarten überhaupt gewertet werden dürfen. Diese müssen dann noch nach der Häufigkeit absteigend sortiert auf dem Wertungsblock eingetragen werden. Aber auch da lohnt sich der Blick in das Beispiel der Spielanleitung, schon ist die Abrechnung klar.

Die Spielzeit für eine Runde „Celtic“ ist mit 45 bis 60 Minuten angegeben. Das ist in den ersten Partien sicher auch notwendig, braucht es doch eine gewisse Zeit, bis man sich auf dem wunderschön illustrierten und farbenfrohen Spielplan zurechtfindet. Aber auch da bietet das Spiel eine praktische Hilfe: Auf den Zielkarten gibt eine „Minimap“ an, wo in etwa die Orte zu finden sind. Und nach den ersten zwei oder drei Partien entwickelt man einen guten Blick für die kürzesten und günstigsten Wegverbindungen auf dem Landkartenspielplan.



In der Spielschachtel stecken 112 Handelswarenkarten, der mehrfach ausfaltbare Spielplan, 32 Spielsteine in vier verschiedenen Farben, ein dicker doppelseitiger Wertungsblock, eine hölzerne Figur für den aktiven Spieler, die sehr stilecht dem keltischen Fürsten vom Glauberg nachempfunden ist, sowie 20 Zielkarten. Eine größere Anzahl an Zielkarten hätte sicher noch mehr Abwechslung ins Spiel gebracht. Das Material des Spielbretts und der Karten ist in seiner Qualität und optischen Darbietung hochwertig und entpuppt sich schnell als richtiger Hingucker. Die Spielsteine sind aus Kunststoff und können aufeinander gestapelt werden. Das erleichtert das Reisen mehrerer Steine auf einmal. Vielleicht hätte man das aber auch aus Holz hinbekommen. Wer sich thematisch von dem Thema Kelten und dem regionalen Bezug fangen lässt, freut sich sicher auch über die Tourismusbroschüre des Wetteraukreis, die noch zusätzlich in die Spielschachtel gepackt wurde. Sie bietet viele Infos zur Kultur und Bedeutung der keltischen Siedlungen im frühen Mittelalter und zusätzlich noch thematische Ausflugsziele in die Wetterau auf den Spuren der Vergangenheit.

Fazit: „Celtic“ ist ein wunderschön illustriertes Familienspiel, das thematisch einen Schwerpunkt auf die regionale und kulturhistorische Bedeutung der hessischen Wetterau und seiner keltischen Vergangenheit legt. Löst man sich davon, bleibt immer noch ein leicht eingängiges und schnell spielbares klassisches Brettspiel, bei dem strategische Planung und das geschicktes Mitreisen auf die Kosten anderer zum gemeinsamen Spielspaß führen.

Celtic
Brettspiel für 2-4 Spieler ab 8 Jahren
Dirk Hillebrecht
Pegasus Spiele 2020
EAN: 4250231726620
Sprache: Deutsch und Englisch
Preis: EUR 29,95

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