Morgenröte (Heldenwerk)

Ein neues „Heldenwerk“-Abenteuer, eine neue Region zum Bespielen. Lange haben wir uns nicht mehr im Orkland tummeln dürfen – da wird es höchste Zeit, noch einmal eine Stippvisite einzulegen. Oder?

von André Frenzer

„Morgenröte“ stellt dabei sehr ungewöhnliche Protagonisten in den Mittelpunkt. Und Achtung: Wie so oft bei Abenteuerbesprechungen komme ich nicht umhin, Details zu verraten, die nicht für Spieleraugen gedacht sind. Denn tatsächlich werden unsere Helden in Phexcaer von einer Geweihten der Tsa aufgelesen, die sich als Freiheitskämpferin versteht. Ihr Ziel: Die Freiheit von orkischen Sklaven und orkischen Frauen. Beide genießen in der orkischen Kastengesellschaft, die von den männlichen Orks dominiert wird, nur wenig Freiheiten. Und eben das gedenkt die Geweihte Tsascha zu ändern. Zu diesem Zweck hat sie in den vergangenen Jahren ein Netzwerk von Freiheitskämpfern zusammengetrommelt und sogar eine kleine Festung am Rande des Orklands errichtet. Von hier aus werden befreite Orks über einen Gebirgspass in das freie Thorwal verbracht.

Nun hat Tsascha, selbst bereits im fortgeschrittenen Alter, eine Bitte an die Charaktere. Sie sollen eine befreite Orkin – die sich passenderweise den Namen „Frei“ gegeben hat – dabei unterstützen, weitere Orkinnen aus den Reihen ihres Stammes zu befreien. Diese sind ebenfalls zum Tsa-Glauben konvertiert und harren nun auf Hilfe. Ein Auftrag also für echte Helden.

„Morgenröte“ ist ein ungewöhnliches Abenteuer. Zumindest, wenn man die zugrundeliegende Prämisse heranzieht. Auf Seiten von Tsa-Geweihten orkische Sklaven und Frauen befreien, das ist nun einmal zumindest ungewöhnlich. Genauso ungewöhnlich erscheint mir, moderne weltpolitische Ansichten problemlos nach Aventurien zu transferieren. Doch erhalten wir so zweifelsohne einen bemerkenswerten Plot und ganz nebenbei eine gewaltarme Handlung, denn Tsa sieht es überhaupt nicht gerne, wenn in ihrem Namen gebrandschatzt oder geräubert wird.

Die Aufbereitung des Abenteuers ist ein weiteres Mal recht gelungen. Die Handlung ist zwar recht stringent, durch eine Reihe von möglichen – oder eben nicht möglichen – Begegnungen auf der Reise hin zum Orklager entsteht aber doch noch ein wenig Varianz. Dabei werden die üblichen Reiseereignisse für das Orkland – von der Wildrinder-Herde bis zum Steppenbrand – vorgestellt und mit knappen Regeln versehen. Gut gefallen hat mir ein weiteres Mal die mitgelieferte Karte, die dieses Mal natürlich das Orklager zeigt. Mit guter Planung und entsprechender Vorbereitung wird sich die Befreiungsaktion wohl erfolgreich gestalten lassen. Leider ist gerade die daran anschließende Flucht sehr knapp gehalten – ein typisches Problem der „Heldenwerk“-Abenteuer, die ja mit gerade einmal 16 Seiten Platz auskommen müssen. Im Hinblick auf die optionalen Ereignisse im ersten Teil, die vielleicht noch nicht alle genutzt wurden, finde ich diesen Mangel aber verschmerzbar.

Optisch unterscheidet sich „Morgenröte“ wieder einmal nicht von den anderen Ausgaben der „Heldenwerk“-Reihe. Das Layout ist bekannt, die Illustrationen machen einen ordentlichen Eindruck. Das Korrektorat hat eine gute Arbeit abgeliefert, sodass ich technisch zufrieden bin.

Fazit: Fast ein wenig zu politisch, so erscheint mir „Morgenröte“. Wen das nicht stört, der erhält einen ungewöhnlichen Auftrag in technisch sauberer Ausführung. Definitiv eines der stärkeren „Heldenwerk“-Abenteuer.

Morgenröte (Heldenwerk)
Abenteuerband
Felix Pietsch, Annette Juretzki
Ulisses Spiele 2021
16 S., PDF, deutsch
Preis: EUR 2,99

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