Mission Chicago

Chicago, The Windy City, oder, wie es allgemein bekannt ist: Bug City. Mit den Geschichten über diesen Ort jagt man heute Kindern einen Schauer über den Rücken. Über die Insektengeister, die frei durch die Stadt streiften und unartige (und artige) Kinder fingen. Das ist 20 Jahre her. Wer – oder was – lebt heute in Chicago, und warum sollte man ausgerechnet dorthin wollen? Nun, das warum lässt sich mit dem Wort „Geld“ beantworten. Und wer dort lebt, wird sich vor Ort feststellen lassen.

von Adaon

Drei Abenteuer sind es diesmal, die in „Mission: Chicago“ durch die winterkalte Stadt führen. Ging es in „Mission: London“ noch über den großen Teich, so liegt Chicago auf dem Gebiet der UCAS, also in bequemer Nachbarschaft zu Seattle.

Kurz zur Erinnerung: Chicago hat einiges hinter sich. 2055 bis 2058 tobte dort der Kampf gegen die Insektengeister, und die Innenstadt wurde mit einer Mauer abgeriegelt – der „Containment Zone“. Der Kampf wurde direkt ausgetragen, bis man schließlich eine taktische Atombombe in einem Kraftwerk vor Ort zündete, was auch auf den Astralraum vor Ort starke Auswirkungen hatte. Die gezielte Freisetzung einer Mana-fressenden Bakterienart schließlich brachte die Entscheidung, tötete aber auch alle Dualwesen im Umkreis (also Magier, die örtliche Ghul-Population etc.) und hat Auswirkungen bis heute.

Die Mauer wurde seitdem aufgegeben, wer die Stadt betritt oder verlässt wird jedoch immer noch von Polizeieinheiten beziehungsweise Gangs innerhalb der Mauer scharf beobachtet. Im Kern der Stadt sind die Strahlenwerte nach wie vor zu hoch, um sie wieder zu besiedeln, darum herum jedoch haben sich zahlreiche „Unabhängige“ eingerichtet, die von der Abwesenheit der Staatsmacht und der Konzerne profitieren wollen.

Eine neue Aufbruchsstimmung scheint Chicago erfasst zu haben, mehr Metamenschen ziehen hierher, und Stück für Stück erobern die Konzerne das Umland wieder für sich. Außerdem gilt es festzustellen, welche möglicherweise wertvollen Informationen seit gut zwanzig Jahren in verschütteten Kellern und alten Firmencomputern noch aufzutreiben sind.

Achtung: Spoiler der Abenteuer folgen!

Im ersten Abenteuer lernen die Runner die Zone nur am Rande kennen, wenn sie die Aufgabe übernehmen einige alte Matrixknoten hinter der Mauer zu reparieren. Erst als auch noch eine Datenbeschaffung hinzukommt, die dann zu einer Extraktion wird, wird es interessanter ... und gefährlicher.

Im zweiten Run sollen die Charaktere für einen Konzern das Eigentumsrecht an einem alten Gebäude sichern, in dem eine Straßenklinik errichtet werden soll. Eine noble Sache, und auch nur ein wenig erschwert durch die Gang, die diesen alten Indoor-Vergnügungspark im Stil von „Neil der Orkbarbar“ viel zu ernst nimmt.

Der dritte Auftrag lautet, alte, möglicherweise noch hochinteressante Forschungsdaten aus einem Labor unweit des damaligen Sprengbereiches zu sichern. Wie so oft jedoch gibt es mehr als eine Partei, die an diesen Daten Interesse hat. Und was sich vor Ort, so nahe an der ehemaligen Explosion, angesiedelt oder gar seit damals überlebt hat, könnte ein echtes Problem werden.

Im Gegensatz zum vorigen Abenteuerband, „Mission: London“, sind die drei Abenteuer relativ kurz gehalten und außer dem Schauplatz Chicago ohne verbindendes Element. Jedoch macht dieser Abenteuerband das mit 6 Seiten Handouts und 7 Seiten Hintergrund über die Geschichte und heutige Struktur Chicagos wett, die es einem Spielleiter bequem erlauben, „Bug City“ im heutigen Zustand an seine Spielwelt anzupassen und dabei den laufenden Rahmen des „Shadowrun“-Universums beizubehalten. Auch fast alle Bilder wurden im Hinblick auf die Abenteuer dieses Bandes gezeichnet und bieten hervorragendes Anschauungsmaterial für eine Spielrunde.

Fazit: Auch dieser Abenteuerband bietet für günstige 9,95 Euro drei fertige Abenteuer an, die sich für zwischendurch, als Füllmaterial für eine Kampagne oder, wie ursprünglich geplant, für eine Convention eignen. Da Chicago als Umgebung ohnehin schon sehr gefährlich ist, sollte nur eine erfahrene Gruppe diese Aufträge annehmen; und die Möglichkeiten für den Spielleiter, den Schwierigkeitsgrad noch deutlich anzuheben, macht „Mission: Chicago“ interessant für jeden, der seine Runde in wirklich tiefe Probleme werfen möchte.


Mission Chicago
Abenteuerband
Robert Loper, Beth Miller, Timothy M. Patrick
Pegasus Spiele 2015
ISBN: 978-3-95789-021-4
78 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 9,95

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