von Frank Stein
Schon 2019 kam die erste Ausgabe des „Marvel Studios Lexikon der Superhelden“ heraus. Damals zierten Helden wie Captain America, Black Panther, Hulk und Black Widow das Cover des 176-seitigen Buchs – die klassische Riege, wenn man so will. 2024 kommt nun die dringend nötige „erweitere Neuausgabe“, um die zwischenzeitlich erschienenen Filme und Serien zu berücksichtigen. Außerdem zeugen Figuren wie She-Hulk, Loki (TVA), Falcon (im modernen Captain-America-Outfit) und die Scarlet Witch vom neuen Gewicht der TV-Serien im MCU.
Am Anfang des Buchs steht ein umfangreiches Inhaltsverzeichnis, das eine wichtige Sortierungsentscheidung gleich zu Beginn klärt. So wurden die Figuren nicht alphabetisch sortiert, sondern chronologisch nach ihrem ersten Auftritt in einem Film oder einer TV-Serie. Entsprechend ist das Inhaltsverzeichnis in Blöcke gegliedert, beginnend mit „Iron Man“ und „Der unglaubliche Hulk“ und dann weiter durch die Jahre bis zu den neusten Produktionen, die Berücksichtigung fanden, namentlich „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ und „Guardians of the Galaxy Vol. 3“. Wer das zu unübersichtlich findet, der freut sich über ein alphabetisches Register am Ende des Buchs.
Im Inhaltsteil folgt das Buch dem bewährten Prinzip der „Figurenlexika“ bei DK, wie wir sie etwa auch von „Star Wars“ kennen. Jede Figur erhält genau eine Seite. Dort wird sie in einem Ganzkörperporträt abgebildet, ein bis drei zusätzliche kleinere Bilder bieten etwas visuellen Kontext zur Figur. Dazu kommt ein Datenbankeintrag, der Zugehörigkeit, Hauptstärken und Auftritte listet. Kurze Textkästen bieten derweil nette, wenn auch kaum erschöpfende Informationen. Im Ganzen handelt es sich eher um knappe, aber durchaus prägnante Einführungen in das Leben und Wirken der aufgeführten Helden und Schurken. Der Zweck dieses Nachschlagewerks ist dadurch erfüllt, wenngleich der Wunsch nach mehr Informationen beim Blättern naturgemäß schnell erwacht.
Die Vielfalt der Helden und Schurken ist dabei beeindruckend. Erst beim Stöbern in einem solchen Buches merkt man, wie groß das MCU geworden ist. So werden neben den bekannten Namen, wie Iron Man, Captain America, Black Panther, Thor, Spider-Man usw. auch alle TV-Serienhelden wie She-Hulk, Loki, Scarlet Witch, Vision oder Miss Marvel präsentiert. Dazu gesellen sich Unmengen an Nebenfiguren. Das betrifft normale Menschen wie Pepper Potts, Dr. Jane Foster, Phil Coulson oder Dr. Hank Pym ebenso wie exotische Aliens, von Odin über Gamorra bis zu Adam Warlock. Zuletzt dürfen natürlich auch die Schurken nicht fehlen, egal ob Iron Monger, Ultron, Ego oder Thanos. Einzig Gorr der Götterschlächter aus „Thor: Love and Thunder“ glänzt auffällig durch Abwesenheit. Ob Schauspieler Christian Bale sein Konterfei für das Buch nicht freigegeben hat?
Im Vergleich zur alten Ausgabe lässt sich Folgendes sagen. Das alte Buch hatte 176 Seiten, das neue hat 240 (nicht, wie beworben, 256), das heißt es gibt 64 Seiten neuen Inhalt. Im alten Band fanden sich 150 Einträge, im neuen sind es 223. Hier wird also einiges mehr geboten. Dennoch gab es auch Verluste, was daran liegt, dass der alte Band nur bis „Captain Marvel“ ging, also nur 21 Filme umfasste und keinerlei Serien. Um die 150 Einträge beisammen zu bekommen, hat man sich damals einiges an Raum gegönnt. So bekam etwa Tony Stark noch einen eigenen Eintrag neben Iron Man, James Rhodes einen neben War Machine oder Steve Rogers einen neben Captain America. Auch beim Winter Soldier, Black Widow, Hulk, Red Skull, Ant-Man, The Wasp, Yellowjacket, Black Panther und Doctor Strange gab es solche Extraseiten zum Menschen „hinter der Maske“. Diese wurden für den neuen Band alle gestrichen.
Auch „Heldenvarianten“, wie den alten Captain America und den modernen Captain America beziehungsweise Spider-Man und die Iron Spider oder Baby Groot neben dem erwachsenen Groot finden sich aus Platzgründen nicht mehr in der 2024er-Ausgabe. Im Kern heißt das also: Mehr Vielfalt insgesamt, aber im Detail ein Verlust an Informationen. Zuletzt mussten noch ein paar absolute Nebenfiguren gehen, so Luis, Dave und Kurt aus „Ant-Man“.
Das grundsätzliche Problem dieser Art von Werken bleibt auch hier bestehen: So schön diese Version des Lexikons ist – und sie ist schön! –, ihre Lebenszeit ist begrenzt. Schon jetzt ist das Buch veraltet, denn abgesehen davon, dass die Einträge zu „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ und „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ denkbar knapp und unvollständig sind, fehlen die Filme „The Marvels“ und „Deadpool & Wolverine“ sowie die Serien „Secret Invasion“, „Loki – Staffel 2“, „Echo“ und „Agatha All Along“. In diesem Sinne dürfte spätestens in ein paar Jahren die nächste Neuausgabe fällig sein – hoffentlich ohne größere Personalverluste am Rand.
Fazit: Das Buch „Marvel Studios Lexikon der Superhelden (Erweiterte Neuausgabe)“ ist ein farbenfrohes Nachschlagewerk für große und kleine Fans, das Spaß beim Stöbern bereitet und mit 19,95 EUR noch ein recht kundenfreundliches Preis-Niveau hat. Im Vergleich zur Vorgängerausgabe wurden erhebliche Mengen an neuen Figuren hinzugenommen, bei gewissen Informationsverlusten im Altbestand. Gerade für Einsteiger ins MCU bietet der Band eine Menge netter Figurenbilder und gut verdauliche Informationsschnipsel, sodass es sich als Einführungswerk in die Charaktervielfalt der Marvel-Filme vortrefflich eignet. Nicht vermeidbar ist wohl der beim Stöbern entstehende Wunsch, mehr über manche der doch recht komplexen Figuren zu erfahren. Dann hilft nur das Internet weiter.
Marvel Studios Lexikon der Superhelden (Erweiterte Neuausgabe)
Sachbuch
Bray Adam, Kelly Knox
Dorling Kindersley 2024
ISBN: 978-3-8310-4949-3
240 S., Hardcover, deutsch
Preis: 19,95 EUR
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