Im Fadenkreuz

Eine Gruppe Shadowrunner, die versucht, sich einen Namen zu machen, kann nicht immer wählerisch sein. Wenn sich der Schieber mit einem Auftrag meldet, bei dem man sich sofort entscheiden muss, heißt es daher „zusagen“. Doch welche Konsequenzen es haben kann, sich so schnell entscheiden zu müssen, weiß man erst so richtig, wenn man im Fadenkreuz steht.

von Adaon

Der bereits dritte Abenteuerband für die 5. Edition von „Shadowrun“ bietet für gerade mal 9,95 EUR vier Abenteuer, die ursprünglich für die Nutzung auf Conventions geschrieben wurden. Die NSC sind präzise beschrieben, die Aufgaben der Runner klar. Sollte sich das Abenteuer in die Länge ziehen, sind für den Spielleiter Möglichkeiten zum Abkürzen vorgesehen. Dies bedeutet aber nicht, dass die Abenteuer sehr kurz sein müssen. Tatsächlich gibt es viel Raum für Spiel in verschiedene Richtungen, wenn man nicht auf die Uhr sehen muss.

Die Abenteuer sind, mit allen Locations, NSC, ablaufenden Aktionen und möglichen Reaktionen der Spieler präzise genug beschrieben, um einem beginnenden Spielleiter, der sich mit freiem Improvisieren noch nicht sicher genug fühlt, über mögliche Schwierigkeiten hinwegzuhelfen. Oder auch einem erfahreneren Leiter, der in der Welt von „Shadowrun“ noch nicht ganz zu Hause ist. Weiterhin beinhalten die Abenteuer ausreichend Hintergrund, um einer erfahrenen Gruppe eine große Spielwiese zu bieten, ohne dass sich der Spielleiter stark vorbereiten muss. Alle vorkommenden NSC sollten sich leicht in bestehende Hintergrundwelten und Connection-Netzwerke der Spieler einfügen lassen. Und dank der bewährten „Daumenschrauben“ kann der Spielleiter die Schwierigkeit beziehungsweise die Länge der Abenteuer leicht anpassen.

Ohne zuviel zu verraten: Das erste Abenteuer ist relativ gradlinig, enthält vorgegebene direkte Konfrontationen und subtiles Vorgehen und handelt von mächtiger und mysteriöser Magie. Die beiden mittleren Abenteuer sind inhaltlich verbunden. Die Runner werden in alte politische Verwicklungen und aktuelle Machtverhältnisse hineingezogen. Die Ziele sind klar, das Vorgehen der Runner liegt jedoch in ihrer Hand. Im zweiten Abenteuer besteht die meiste Handlungsfreiheit, den Spielern stehen verschiedene Möglichkeiten offen das Abenteuer zu beenden – neben dem bekannten „Die Spieler tun etwas völlig Unerwartetes!“ natürlich. Das letzte Abenteuer schließlich spielt in Bogota, kurz nach dem Ende des Krieges zwischen Atzlan und Amazonien. Die Gruppe ist, warum auch immer, hier gestrandet und sucht einen Weg nach Hause. Und tatsächlich gibt es da auch ein Angebot, wenn man bereit ist, den Preis zu zahlen.

Mir persönlich gefiel das zweite Abenteuer am besten – es ist fordernd, bietet viele Möglichkeiten zur Interaktion mit NSC – ob nun kämpferisch oder sozial – und belohnt ein intelligentes Vorgehen der Spieler. Aufgrund der potenziell weitreichenden Konsequenzen des Abenteuers kann es hervorragend in eine laufende Kampagne eingebaut werden, um der bespielten Welt mehr Tiefe zu verleihen und sie besser kennenzulernen. Und erfahrenere Spieler werden die Verweise auf die Ereignisse in der Vergangenheit, also den 60er Jahren der 6. Welt, zu schätzen wissen.

Fazit: Zwei eher kurze Abenteuer mit deutlich unterschiedlichem und – im Vergleich zum „Standardrun“ – abwechslungsreichem Inhalt, sowie zwei zusammenhängende Abenteuer. „Im Fadenkreuz“ macht alles richtig und ist für den günstigen Preis eine lohnenswerte Investition für Spielleiter, die gerne fertige Abenteuer nutzen – ob nun als One-Shot oder um eine Kampagne etwas aufzulockern oder umzubauen.


Im Fadenkreuz
Abenteuerband
Rob McKittrick, Aaron John, Elisabeth Nold, Galen Winkler
Pegasus Spiele 2014
ISBN: 978-3957890122
64 S., Softcover, Deutsch
Preis: EUR 9,95

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