von Jens Krohnen

Ganze 134 Seiten stark, professionell gelayoutet und spärlich, aber auf hohem Niveau, bebildert: So präsentiert sich „Heroic Dark“. Schon in der Einleitung macht das Spiel klar, was es sein möchte: ein Rollenspiel, in dem die Spieler in die Rolle von Helden schlüpfen, die gegen die Finsternis in den Kampf ziehen. Das ist allerdings auch schon alles, was als Rahmen mit auf den Weg gegeben wird, denn „Heroic Dark“ versteht sich als generisches System.

Die Regeln sind modern und schlank designt. Prinzipiell basiert „Heroic Dark“ auf einem Pool-System. Eine Probe wird mit 5 sechsseitigen Würfeln absolviert, wobei jedes Ergebnis von 6 als Erfolg zählt. Die Höhe des Attributes, das Grundlage für die Probe war, bestimmt die Anzahl von Würfeln, die wiederholt geworfen werden dürfen, um weitere Erfolge zu erzielen. So weit so simpel. Interessanter sind Regelaspekte, die eindeutig von der „PbtA“-Engine inspiriert wurden. Wie die aus „Dungeon World“ oder anderen Ablegern bekannten „Spielzüge“ gibt es bei „Heroic Dark“ sogenannte „Clues“, Stichworte, die den Spielern als Aktion zur Verfügung stehen. Damit lassen sich alle möglichen Aktionen abdecken, ohne eine lange Fertigkeitenliste mitliefern zu müssen. Ein einfaches Kampf- und Schadenssystem rundet den Regelteil ab.

Natürlich werden auch Regeln zur Charaktererschaffung mitgeliefert. Wie erwähnt bestehen Charaktere aus einigen wenigen Attributen, die wiederum Grundlage für die Probenwürfe sind. Die übrigen Charakterelemente sind größtenteils erzählerischer Natur. Interessant sind allerdings die „Power Moves“, die an die Aspekte aus „FATE“ erinnern. Mithilfe von „Power Moves“ können die Charaktere bestimmte Aktionen durchführen, die ihnen über das normale Attributs- und Fertigkeitengerüst nicht möglich wären. Eine umfangreiche Anleitung zum Erstellen eigener Power Moves wird ebenso mitgeliefert, wie einige praktische Beispiele.

„Heroic Dark“ will ein ganz bestimmtes Kampagnenkonzept abbilden – den Kampf einer Gruppe Helden gegen das Böse – und widmet diesem Ziel gleich mehrere Kapitel. Zum einen wird in einem Kapitel das gemeinsame Erstellen des Settings besprochen. Welches Genre soll die Kampagne bedienen, wer sind die beteiligten Fraktionen und wer stellt die Finsternis in der Kampagne dar? Diese Entscheidungen sollen die Spieler gemeinsam kollaborativ treffen und so zusammen das Kampagnensetting erschaffen. In weiteren Kapiteln wird dem Spielleiter auf abstrakte Art das Schaffen von spannenden Herausforderungen für die Helden in „Heroic Dark“ nähergebracht. Eigentlich handelt es sich um eine Art Abenteuergenerator, der jedoch sehr abstrakt und technisch mit Herausforderungen umgeht. Das Konzept ist auf jeden Fall interessant und liefert einen sehr bestimmten Spannungsbogen.

Weitere Kapitel widmen sich dem Bau von Ausrüstung, Gegnern, Monstern und Nichtspielercharakteren, dem Fortschreiten einer Kampagne und Beispielregeln für unterschiedliche Settings. Überhaupt versteht sich „Heroic Dark“ wohl am ehesten als großen Baukasten, der Werkzeuge liefert, um die Kreativität der Spielenden zu befeuern.

Fazit: „Heroic Dark“ ist sicherlich kein Spiel für jedermann. Es braucht eine erzählfreudige und kreative Gruppe, um gemeinsam das Kampagnensetting im Sinne von „Heroic Dark“ zu erschaffen. Doch gerade die abstrakte Herangehensweise, die schlanken und modern designten Regeln sowie die zahlreichen Werkzeuge haben es mir wirklich angetan. Spielern auf der Suche nach einem modernen Spiel mit verteilten Erzählrechten sollten hier unbedingt einen Blick riskieren.

Heroic Dark v3.1
Grundregelwerk
Dustin DePenning, Alexis Roy
Will Power Games 2019
134 S., PDF, deutsch
Preis: EUR 0,00

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