Hellboy – Die ersten 20 Jahre

Ein großer Autor findet irgendwann seine unverwechselbare Stimme, ein großer Musiker seinen unverwechselbaren Ton, ein großer Zeichner seinen unverwechselbaren Stil. Den hat Mike Mignola zweifellos gefunden – und er hat ihn seiner bekanntesten Schöpfung, dem roten Dämonen mit der Steinfaust namens Hellboy, in den letzten zwei Jahrzehnten so erfolgreich auf den Leib gemalt, dass Mignola und Hellboy in der Vorstellung vieler praktisch untrennbar miteinander verbunden sind. Zum 20. Geburtstag bekommen beide ein edles Artbook geschenkt.

von Frank Stein

Eines muss man Cross Cult, dem Verlag, der Hellboy – und viele andere fantastische Comics – in Deutschland herausgibt, lassen: Sie wissen, wie man Bücher macht! Der Band „Hellboy – Die ersten 20 Jahre“ ist ein absolut schickes Printwerk und – ich wiederhole mich hier immer wieder – ein deutlicher Hinweis darauf, warum eBooks Bücher stets nur ergänzen, aber nie werden ersetzen können. Großformatig, fadengebunden, mit rotem Stoffbuchrücken samt Goldschrift und schwerem Fotodruckpapier, auf dem sich die präsentierten Bilder in satten Farben darstellen, macht das Buch äußerlich wirklich was her. Hier spürt man die Liebe zur Materie ebenso wie zum Material.

Auf 140 Seiten werden die Gemälde Mignolas, die zwischen 1994 und 2013 entstanden sind, gezeigt. Dabei kommt das Buch bis auf eine Einleitung von Illustrator Peter de Sève und einem Vorwort von Mike Mignola selbst (sowie einem Bildnachweis und einem kurzen Lebenslauf am Schluss) vollkommen ohne Begleittext aus. Die Coverillustrationen, Reinzeichnungen, Skizzen und Sondermotive sollen wohl ganz für sich sprechen. Dabei liegt die Motivauswahl ganz deutlich auf der Zeit nach 2002. Davor finden sich nur wenige Seiten mit Beispielen aus Mignolas Schaffen, auch, weil es schon einen „Art of Hellboy“-Band vor Jahren gab, aber vor allem, weil Mignola seinen eigenen frühen Stil noch als zu „verspielt“ empfindet. Damals hatte Hellboy tatsächlich noch zehn Haare auf der Brust.

Die Bilder sind für Fans natürlich eine Augenweide und können genossen werden, wie Gemälde in einem Museum. Mignolas Einsatz von tiefen Schatten, gedeckten Farben, einzelnen (meist roten) Akzenten und wiederkehrenden Bildelementen (Totenschädel und schwebende Kronen gefallen ihm besonders) lassen einen staunen, wie viel man mit wie wenig Details ausdrücken kann. Auf praktisch jedem Bild liegt eine machtvolle Symbolik, auch wenn man sie mitunter nur mit viel Fantasie entschlüsseln kann. (Man sollte seine Bilder im Kunstunterricht an Schulen zur Interpretation freigeben. Das wäre sicher lustig.) Oft sind es natürlich schlicht Elemente aus den Comic-Geschichten, die kunstvoll auf dem Bild arrangiert sind. Dennoch wirkt es so, als gäbe es noch eine viel tiefere Bedeutung dahinter.

Nicht zuletzt deshalb würde man sich wünschen, dass Mignola (oder eine autorisierte zweite Person) zu den einzelnen Bildern ein paar Zeilen verfasst hätte. Es gäbe sicher einiges zum Schaffensprozess zu sagen. Solch ein Blick hinter die Kulissen ist für Fans ja stets besonders interessant und ein derartiger Jubiläumsband wäre genau das richtige Umfeld dafür gewesen. Leider fehlt eben dies. Ein kleiner Wermutstropfen beim Genuss dieses Bandes.

Fazit: Bildgewaltig – so kann man das vorliegende Buch mit Fug und Recht nennen. Auf knapp 140 Seiten zeigt Mignola sein Können und seinen Hellboy in all seinen Facetten. Leider fehlt ein erklärender Begleittext, der zusätzlichen Gehalt geboten hätte. So liegt „bloß“ ein toll gemachter, großformatiger Bildband vor, den sich der Geek von Welt neben seine Ausgabe von „Star Wars: Frames“ auf den Coffee Table legt. (Im Gegensatz zum Letztgenannten ist das vorliegende Buch auch ein echtes Schnäppchen. ;-) )


Hellboy – Die ersten 20 Jahre
Artbook
Mike Mignola
Cross Cult 2014
ISBN: 978-3864255625
136 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 25,00

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