H. P. Lovecrafts Die Farbe aus dem All

Der Manga basiert auf einer Geschichte von H. P. Lovecraft, die Gou Tanabe adaptiert und illustriert hat. Howard Phillips Lovecraft (HPL) (1890-1937) war ein US-amerikanischer Autor unheimlich-phantastischer Geschichten und hat zahlreiche Kurzgeschichten sowie Erzählungen und drei Kurzromane geschrieben. Zeit seines Lebens war er kaum erfolgreich. Heute gilt er als einer der renommiertesten Horror-Autoren des 20. Jahrhunderts, findet sich in Geschichten, Comics, Spielen, Filmen etc. wieder und ist aus der modernen Popkultur praktisch nicht wegzudenken!

von Markus Kolbeck

Der 192-seitige Softcover-Band „H. P. Lovecrafts Die Farbe aus dem All“ erschien 2020 beim Verlag Carlsen und ist fast ganz in Schwarz-Weiß-Strichzeichnungen gehalten. Der Japaner Gou Tanabe (* 1975) hat bereits mehrere Lovecraft-Geschichten adaptiert und illustriert, darunter „H. P. Lovecrafts Der Hund und andere Geschichten“ im gleichen Verlag. Für alle, die es noch nicht wissen: Ein Manga ist ein asiatischer (hier: japanischer) Comic mit ganz eigenem Stil. Bekannt sind Mangas dafür, dass die Figuren in den Geschichten besonders große Augen haben. Im vorliegenden Band hat Tanabe aber einen westlichen Zeichenstil verfolgt – handelt es sich doch auch um eine Geschichte eines westlichen Schriftstellers. Die Leserichtung hat man wie im japanischen Original beibehalten: Man liest ihn von hinten nach vorne, von rechts nach links, die Seiten aber wie gewohnt von oben nach unten. Die Panels sind zum Teil sogar ganzseitig, auch mal zweiseitig oder auch über zwei Seiten gehend, aber jeweils halbseitig. Der Manga hat einen farbigen, kurzen Prolog, sechs Kapitel in Schwarz-Weiß und ein kenntnisreiches Nachwort von dem Literaturwissenschaftler, Journalisten und Autoren Thorsten Hanisch. Die Lesedauer beträgt rund 75 Minuten.

Inhalt


Viele der Leser*innen dieser Rezension werden durch den Namen von Lovecraft auf die Besprechung aufmerksam geworden sein, viele davon werden dann auch die zugrundeliegende Geschichte bereits kennen. Für alle anderen eine kurze Inhaltsangabe: Ein Landvermesser kommt im Rahmen der Planung eines Stausees in die Gegend von Arkham. Dort trifft er auf den Anwohner Ammi Pierce, der ihm eine höchst sonderbare Geschichte erzählt. Vor etlichen Jahren ist ein Meteorit auf das Gelände der Farm von Nahum Gardner gestürzt. Gardner lebte dort mit seiner Frau Nabby und den drei Kindern. Hinzugerufene Experten urteilten, dass es sich bei dem Meteoritenmaterial um ein unbekanntes und mysteriöses Metall handle, das in einer auf der Erde bisher nicht bekannten Farbe strahle. Es beginnen höchst seltsame Veränderungen auf dem Farmgelände. Die Ernte fällt überreich aus, schmeckt aber verdorben. Das Vieh wird krank und allmählich greift der für HPL typische Wahnsinn auf die Gardners über. Die Ereignisse gipfeln in einer dramatischen Katastrophe! Und über allem die Farbe, die in einem unnatürlichen Ton Besitz von der Natur ergriffen hat! Die Leute sprechen von einem Spuk, der die Farm verfolgt, und noch Jahre später erzählt man sich Legenden von der „verfluchten Heide“.

Kritik

Während dem Lesen fallen einem die detaillierten Zeichnungen, die zum Teil mit Schraffierungen aufgefüllt sind, auf. Tanabe muss sich hier viel Arbeit gemacht haben, sollte er kein Zeichenprogramm mit Kopierfunktion etc. benutzt haben. Der Aufwand für dieses Werk musste enorm sein! Wer die Originalgeschichte bereits kennt, wird sich nur mäßig gruseln, aber an der Kreativität des Zeichners erfreuen. Nach dem Lesen fällt die weitgehende Werktreue zu Lovecrafts Geschichte auf. Ein Manko ist, dass fast der ganze Manga schwarz-weiß ist und somit die Wahrnehmung ausgerechnet der mysteriösen Farbe weitgehend der Fantasie des Lesers überlassen bleibt. An die unkonventionelle Leserichtung gewöhnt man sich recht schnell, bei mir gab es keine wesentlichen Probleme damit. Die Geschichte ist eine Mischung aus Horror und früher Science-Fiction. Das Geschehen bleibt oft angenehm rätselhaft, doch werden etliche Fragen, die der*die Leser*in haben sollte, im Laufe des Geschehens geklärt. Das Grauen schleicht sich langsam ein und schlägt dann umso heftiger zu. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist bei einem Umfang von fast 200 Seiten und einem Preis von derzeit 12,- € schlichtweg sehr gut!

Ausblick

Die Originalgeschichte fand auch mehrfach filmische Adaption, zuletzt durch „Die Farbe“ (2010) von Regisseur Huan Vu in Schwarz-Weiß und durchaus anspruchsvoll, sowie die Umsetzung von 2020 „Die Farbe aus dem All – Color out of Space“ von Regisseur Richard Stanley mit Nicolas Cage in der Hauptrolle als Farmer, ein kleiner Horror-Schocker in Farbe.

Fazit: Mit „H. P. Lovecrafts Die Farbe aus dem All“ liegt ein toll gezeichneter, kreativer Manga vor, der der Vorlage von HPL durchaus gerecht wird. Lovecraft hat seine Geschichte als „atmosphärische Studie“ bezeichnet und diese Atmosphäre fängt Tanabe wundervoll ein. Der Aufwand, den Gou Tanabe mit seinem Werk gemacht hat, kommt positiv beim*bei der Leser*in an. Dieser Manga ist zweifellos eine der besseren Lovecraft-Umsetzungen im Bereich Comic / Manga der letzten Jahre. Ich kann ihn deshalb allen Fans von H. P. Lovecraft, allen HPL-Sammlern und Fans gediegenen Grusels in Comic-Form empfehlen!

H. P. Lovecrafts Die Farbe aus dem All
Manga
Gou Tanabe
Carlsen 2020
ISBN: 978-3551722942
192 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 12,00

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