Gruselkabinett 194: Das Geständnis des Charles Linkworth

Eine geisterhafte Hand greift nach einem dämonisch-grün leuchtenden Telefonapparat: Das Cover der neuesten Ausgabe des „Gruselkabinetts“ ist wie so oft sehr gelungen. Gilt das aber in diesem Fall auch für den Inhalt?

von André Frenzer

Edward Frederic Benson, ein aus dem britischen Berkshire stammender Autor, lebte von 1867 bis 1940. Zuvorderst war er für seine komischen Romane (wie „Lucia in London“) bekannt, er verfasste aber auch einige Gruselerzählungen – darunter die Vampirerzählung „Mrs. Armsworth“, „Die Turmstube“ oder eben „Das Geständnis des Charles Linkworth“, welches Marc Gruppe als Vorlage für die 194. Ausgabe seiner „Gruselkabinett“-Reihe nutzte.

London im Jahre 1912. Der Gefängnisarzt Dr. Teesdale beschäftigt sich schon länger mit dem Fall des Charles Linkworth. Dieser soll aus Habgier seine eigene Mutter umgebracht haben und sitzt seither im Todestrakt des Gefängnisses. Allerdings fehlt ein Geständnis – bis zum Tage seiner Hinrichtung. Nachdem diese vollzogen ist, häufen sich allerdings unerklärliche Phänomene im Gefängnis. Diese erreichen schließlich sogar Dr. Teesdale in seinem Privatsalon – was ihn rasch zu der Überzeugung bringt, dass Linkworth nicht so tot ist wie gedacht. Und er scheint noch eine Rechnung im Diesseits begleichen zu müssen …

„Das Geständnis des Charles Linkworth“ beginnt stark. Gruppe baut gewohnt gut mithilfe passender Toneffekte und mit leichten Eingriffen in die ursprüngliche Geschichte – etwa, um weniger Monologe halten zu müssen – die passende Atmosphäre auf. Als schließlich erstmals das auf dem Cover dargestellte Telefon klingelt und Dr. Teesdale mit zitternder Hand Botschaften aus dem Jenseits entgegennimmt, so ist das „Gruselkabinett“ par excellence. 

Leider kann die Vorlage jedoch diese hohe Qualität des Gruselns nicht aufrechterhalten – an E. F. Benson scheint nun doch kein H. P. Lovecraft verloren gegangen zu sein. So gelingt es zwar, eine irgendwie überraschende Wendung in Linkworths Geständnis unterzubringen – hatte man doch zuvor das Gefühl, es hier mit einem Unschuldigen zu tun zu haben. Allerdings verpasst Benson die Gelegenheit, einen echten Höhepunkt zu schaffen. Auch die Auflösung der Geschichte in seiner sehr christlich-konservativen Art erscheint aus heutiger Sicht banal. Leider beendet Gruppe auch die Hörspielvariante mit ätherischen Meditationsklängen – ein paar abschließende Worte hätten dem Hörspiel in meinen Augen noch gutgetan.

Über jeden Zweifel erhaben ist abermals die hervorragende Ausführung des Hörspiels. Bereits weiter oben kam ich nicht umhin, die gelungene Drehbuchumsetzung, die guten Effekte und das von Bastien Ephonsus geschaffene Coverbild zu loben. Doch auch die Sprecher erledigen ihren Job gut: Valentin Stroh (Dr. Teesdale) und Glenn Goltz (Charles Linkworth) werden von Bodo Primus und Bert Stevens, zwei echten Urgesteinen (nicht nur) der „Gruselkabinett“-Reihe, unterstützt, an deren Stimmen man sich einfach nicht satthören kann. Ebenso möchte ich Petra Nadolny hervorheben, die in Linkworths Geständnis die Rolle seiner ungeliebten Mutter einnimmt und diese mit viel Inbrunst darbietet. Nein, technisch gibt es auch an dieser Ausgabe der Reihe wahrlich nichts zu Meckern.

Fazit: „Das Geständnis des Charles Linkworth“ ist atmosphärisch stark umgesetzt und hat einige hervorragende Gruselmomente zu bieten. Die biedere Auflösung der Geschichte fällt da nicht so schwer ins Gewicht. Trotz gewisser Kritikpunkte eine empfehlenswerte Ausgabe der Reihe.

Gruselkabinett 194: Das Geständnis des Charles Linkworth
Hörspiel nach einer Kurzgeschichte von E. F. Benson
Marc Gruppe
Titania Medien 2025
ISBN: 978-3-7857-8711-3
1 CD, ca. 66 min., deutsch
Preis: 8,95 EUR

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