Gruselkabinett 177: Furia Infernalis

Eine wahrhaft grausige Kreatur muss sie sein, die „Furia Infernalis“. Das macht bereits ein Blick auf das Cover der 177. Ausgabe des „Gruselkabinetts“ deutlich. Eine Mischung aus Krebs, Skorpion und Tarantel mit dem reißzahnbewehrten Maul eines Hais. Was vermag diese Teufelsbestie wohl anzurichten? Ich bin gespannt!

von André Frenzer

Der 1801 geborene Ludwig Bechstein – seines Zeichens Bibliothekar, Archivar, Apotheker und schließlich auch Schriftsteller – ist vor allem für die von ihm herausgegebene Sammlung deutscher Volksmärchen bekannt. Daneben verfasste er aber auch historische Erzählungen und Romane, reichlich patriotische Lyrik sowie mehrere Novellen. 1854 erschien in der Sammlung „Hexengeschichten“ dann „Furia Infernalis“, welches Marc Gruppe zur Vorlage der 177. Ausgabe des „Gruselkabinetts“ machte.

Zum Inhalt: Die Handlung setzt an einem frühen Morgen des Jahres 1854 auf dem Schloss des Polykarpow Simeonnowitsch Kalugin ein, welches in Krementschuk am Dnepr, der heutigen Ukraine, liegt. Kalugin verabschiedet seinen Sohn Basily in den Militärdienst. So getrennt von seiner Familie muss Basily erst durch einen Brief seiner Schwester erfahren, dass ihr guter Jugendfreund Nikolay durch eine Intrige des hasserfüllten Haushofmeisters Paul Michaylow zu Tode gekommen ist. Doch dann verschwindet der Leichnam Nikolays und Paul Michaylow stirbt einen grausigen Tod. Liegt ein Fluch auf dem Haus Kalugin? Und was hat die alte Mataphka, die Mutter des verschwundenen Nikolay, damit zu tun?

Zunächst einmal: Es ist eine wahre Freude, diesem Hörspiel zu lauschen. Zumindest wenn man – wie ich – ein Faible für alte Sprache besitzt. Derart hochgestochen ist die Ausdrucksweise der handelnden Personen, so klangvoll sind ihre Namen, so ausdrucksstark wissen sie sich in Briefen die verschiedenen Szenen der Geschichte zu beschreiben. Das Drehbuch, welches die alte Geschichte Bechsteins in ein Hörspiel verwandelt, schöpft hier aus dem Vollen und stellt eine wirklich gelungene Adaption dar. Ebenso ist es eine Freude, den Sprechern dabei zuzuhören, wie sie auch die komplexesten Namenskonstellationen – man denke nur an den Namen des Hausherrn weiter oben – flüssig aufsagen. Ich kann mir vorstellen, dass es hier nicht bei der ersten Aufnahme geblieben sein dürfte. Überhaupt wissen die Sprecher ein weiteres Mal vollauf zu überzeugen. Die Liste der Sprecher – angeführt von Hörspiellegende Peter Weis, der ein weiteres Mal den Erzähler geben darf – ist bis in die Nebenrollen hochkarätig besetzt. Besonders erwähnen möchte ich Bodo Primus als gestrengen Hausherrn und Bert Stevens als intriganten Haushofmeister, welche ihre Rollen mit viel Leben zu füllen wissen.

„Furia Infernalis“ ist darüber hinaus eine wirklich spannende Geschichte. Man fiebert mit den verschiedenen Figuren mit und bleibt auch als versierter Kenner klassischer Schauermärchen bis zum Ende der Geschichte darüber im Unklaren, wer denn nun hinter dem Fluch steckt. Die Auflösung ist dann tatsächlich ein wenig simpel, wenn auch passend zum Rest der Geschichte. Das schmälert aber nicht das Hörerlebnis bis hierher, welches vollauf zu gefallen weiß.

Einzig die Cover-Illustration, dieses Mal erstellt von Ralf Nievelstein, fällt ein wenig im Vergleich zum Rest der „Gruselkabinett“-Reihe ab. Dies liegt nicht an der zweifellos vorhandenen Qualität der Illustration. Dafür ist das Cover aber sehr plakativ-explizit und nimmt die Pointe des Abenteuers vorweg. Hier wäre weniger durchaus mehr gewesen.

Fazit: „Furia Infernalis“ ist eine gelungene Adaption einer alten Geschichte mit toller Sprache, hervorragenden Sprechern und einer guten Spannungskurve. Empfehlenswert.

Gruselkabinett 177: Furia Infernalis
Hörspiel nach Ludwig Bechstein
Marc Gruppe
Titania Medien 2022
ISBN: 978-3-7857-8387-0
1 CD, ca. 61 min., deutsch
Preis: 8,99 EUR

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