Gruselkabinett 146: Der rote Raum

Nicht zum ersten Mal dient eine Geschichte des englischen Schriftstellers H. G. Wells der Hörspielreihe „Gruselkabinett“ von Titania Medien zur Vorlage. Der Autor, mit vollem Namen: Herbert George Wells, gilt als Wegbereiter und bedeutender Vertreter der Science-Fiction-Literatur. Dabei ist in seinen Geschichten der Übergang zu Grusel und Horror mitunter fließend. Nach Vorlagen wie „Der Unsichtbare“, „Die Insel des Dr. Moreau“, „Die Zeitmaschine“, „Der Krieg der Welten“ und „Das Königreich der Ameisen“ bildet nun eine weitere Erzählung die Grundlage der 146. „Gruselkabinett“-Folge.

von Simon Ofenloch

„England 1899: Was geht vor sich in dem berüchtigten roten Raum des Schlosses Lorraine, in dem noch niemand eine ganze Nacht ausgehalten hat, ohne dem Wahnsinn zu verfallen oder zu versterben? Simon Price will gegen den ausdrücklichen Rat der Besitzerin und der alten Dienstboten, dem Spuk mit modernster Technik, einem Phonographen, zu Leibe rücken und riskiert damit seinen Verstand und sein Leben…“ – In einer langen Nacht bekommt es Simon Price mit allerlei Fürchterlichem zu tun. Doch woher nur rühren diese Schrecken?   

Die Gothic-Kurzgeschichte „Der rote Raum“ (auch bekannt unter dem Titel: „Das rote Zimmer“) von H. G. Wells wurde unter dem Originaltitel „The Red Room“ erstmals in der März-Ausgabe 1896 des Magazins „The Idler“ veröffentlicht. In der Thematik und im inhaltlichen Ansatz als handfeste Grusel- und Schauergeschichte unterscheidet sich die Erzählung von den bekannteren Stoffen des Schriftstellers und stellt eine echte Besonderheit dar. Im Zentrum bedient sie sich eines Hauptmotivs der klassischen Geistergeschichte, der übernatürlichen Erscheinung in tiefer Nacht. In der ursprünglichen Fassung von H.G. Wells fehlt das technische Gerät, das Autor Marc Gruppe in der Hörspielfassung originell ergänzt hat. So entstehen zusätzliche akustische Möglichkeiten, die der Adaption ebenso dienlich sind wie die ergänzten Gespräche der Hauptfigur Simon Price mit den Nebenfiguren.      

Mit einer kleinen Besetzung von fünf Stimmen hat das Team um Stephan Bosenius und Marc Gruppe von Titania Medien eine atmosphärisch äußerst wirkungsvolle Version realisiert. Als Sprecher und Sprecherinnen sind beteiligt: Valentin Stroh, Ursula Sieg, Bert Stevens und die Hörspiel-Legenden Dagmar von Kurmin und Horst Naumann. Alle leisten gute Arbeit und füllen ihre jeweilige Rolle bestens aus. Effektvolle Spitzen machen das stimmungsvolle Tongemälde zu einem wirkkräftigen Hörerlebnis.   

Für das passende Covermotiv der CD sorgte ein weiteres Mal der meisterliche Illustrator Ertugrul Edirne.

Fazit: Aus einer recht kleinen Versuchsanordnung in der kurzen literarischen Vorlage wurde in der Hörspielbearbeitung eine etwas ausgeschmücktere, in einigen Aspekten umgeschriebene und ausgedeutetere Version. Der Kern der Geschichte blieb nichtsdestotrotz erhalten. Mit viel Gespür fürs Atmosphärische ist ein kurzweiliges Hörvergnügen in bester „Gruselkabinett“-Tradition entstanden.

Gruselkabinett 146: Der rote Raum
Hörspiel nach der gleichnamigen Erzählung von H. G. Wells
Marc Gruppe
Titania Medien 2019
ISBN: 978-3-7857-5946-2
1 CD, ca. 43 min., deutsch
Preis: EUR 8,99

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